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Der Experte: Thriller (German Edition)

Der Experte: Thriller (German Edition)

Titel: Der Experte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Allen Smith
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dass das völliger Humbug war, und diese kalte Erkenntnis hatte zu seinem Tod geführt. Harry hatte die Lektion vergessen und war zu einer albernen Figur geworden, mehr Schildkröte als Mann, die in einem winzigen Radius herumkroch und beim kleinsten Geräusch oder der kleinsten Erschütterung den Kopf in den Panzer zog, als würde die Welt ihn nicht bemerken, wenn er sie nicht sehen konnte.
    Er packte den Baseballschläger und stellte sich vor die Tür. Wenn jemand dort draußen war, spielte es keine Rolle, auf welcher Seite er stand. Er sagte sich, dass er vielleicht einen kleinen Vorteil besaß – eine halbe Sekunde der Überraschung. Er würde nicht nach links gehen, wo die Treppe drei lange Schritte entfernt war. Er würde direkt zur Tür hinausstürmen, mit einem einzigen Schritt, mit links das Geländer ergreifen, sich darüberkatapultieren und auf halber Höhe der Treppe landen. Er spielte die Szene als Film vor seinem inneren Auge ab – es erschien ihm machbar. Ob er sich dabei einen Knöchel brechen würde, war eine Frage, über die er nicht nachdenken wollte.
    Er griff den Knauf, atmete tief aus, um so viel aufgewühlten Stress loszuwerden, wie er konnte, drehte den kalten Messingknauf um und riss die Tür auf.
    Er spürte die sich bewegende Kraft, formlos und schwarz, eine Zehntelsekunde, ehe sie ihn traf. Starke Hände packten seine Arme, rissen ihn herum, pressten ihn gegen die Wand und hielten ihn dort fest. Er wand sich wie ein Verrückter und versuchte freizukommen.
    »Aufhören«, sagte der Feind.
    »Leck mich!«
    Die Hände drückten ihn noch fester gegen die Wand, trieben ihm die Luft aus der Lunge und die Entschlossenheit aus dem Geist, und selbst in der dichten Angst, die ihm die Sinne benebelte, hatte er Zeit, sich unfassbar dumm vorzukommen.    
    »Ganz ruhig«, sagte die vertraute, einzigartige, samtweiche Stimme. »Ich bin’s.«
    Ich … bin’s. Die zwei Silben trafen ihn tausendmal härter als die Wand. Die Hände gaben ihn frei, und er hörte, wie die Tür geschlossen wurde. Er hielt den Atem an, während er nach dem Zaubertrick suchte, der Absurdität in Wahrheit verwandelte. Er drehte sich um. In der Finsternis des Raumes zeichnete sich die Gestalt schwarz ab. Harry hob die Hand und legte den Lichtschalter um.
    Geiger trug Schwarz, und seine physische Transformation – der extreme Haarschnitt und der Bart – verstärkte Harrys Verblüffung.
    »Hallo, Harry.«
    Harry gelang es lediglich, in einer tonlosen, wie zugekifften Stimme das Offensichtliche auszusprechen.
    »Du … lebst …«
    »Ja. Ich …«
    Harry trat einen Schritt vor und schloss ihn in die Arme. Geiger versteifte sich, die Hände erwachten an seinen Seiten schlotternd zum Leben. Dann hob er sie ganz langsam und ließ sie schließlich auf Harrys Rücken ruhen.
    »Gut, Harry. Gut«, sagte er, ergriff ihn bei den Schultern, schob ihn auf Armeslänge weg und ließ los.
    Harry begegnete dem unverwandten Blick, der sich nicht verändert hatte: bodenlos, still, aber durchdringend; empfindungslos, aber nicht unfreundlich. Eine Sphinx aus Fleisch und Blut.
    »Du siehst nicht gut aus, Harry.«
    Harry entschlüpfte ein scharfes, kurzes Bellen von einem Lachen.
    »Findest du?«, fragte er. Geiger war zurück von den Toten – aber an den Rändern wirkte alles noch wie eine Fantasterei. Harrys Trauer war tief in ihm verwurzelt. So leicht gab sie ihr Territorium nicht auf. »Ich muss mich hinsetzen«, sagte er. Er ging zu seinem Lieblingssessel und ließ sich hineinsinken. Sein Kopf wackelte leicht, als leide er an Parkinson. In jeder Zelle spürte er seinen pochenden Puls. »Tut mir leid. Das ist heftig. Ich muss es erst mal zu mir durchdringen lassen.«
    Als Geiger zum Sofa ging und sich setzte, bemerkte Harry eine weitere leichte Störung seines Ganges. Sie war neu. Sie starrten einander an. Harry hatte sich daran gewöhnt, mit Gespenstern zu sprechen, doch das hier war anders.
    »Himmel … Wir sehen aus wie diese dämlichen Gebrüder Smith.«
    »Wer?«
    »Die Gebrüder Smith. Du weißt schon – die beiden Kerle mit den Bärten. Die Hustentropfen.«
    »Ich nehme keine Hustentropfen.«
    »Schon gut.«
    Geiger drehte den Kopf nach links. Knack. »Ist Lily wieder ans Ufer gelangt, Harry?«
    »Nein. Lily ist tot.« Harry spürte, wie die Melancholie in ihm aufstieg, und versuchte, sie abzuwehren. Er stand auf. »Ich brauche ein Glas Wasser. Möchtest du auch eins?«
    Geiger schüttelte den Kopf. Harry erhob sich aus

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