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Der Experte: Thriller (German Edition)

Der Experte: Thriller (German Edition)

Titel: Der Experte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Allen Smith
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Gefühl weg, und nur eine sirrende Weiße blieb. Aber der Stoß war mit Kraft geführt, und die Wucht riss sie mit, ehe Geiger stürzte. Dewey taumelte nach hinten und stieß gegen eine der Kantholzstützen des Heißwassertanks. Das morsche Holz brach weg, und die Plattform unter dem Tank sackte ab, während Dewey zu Boden ging. Der Tank war nun ohne Stütze, und die Schrauben, mit denen er an der Wand befestigt war, hielten der Belastung nicht stand. Kleine Staubschauer rieselten aus dem Beton.
    Geiger beobachtete alles im Knien, ein schuldiger Zuschauer. Dewey lag auf dem Boden, das Gesicht verzerrt, eine Hand auf dem Kreuzbein. Geiger sah an seinen Augen, in welchem Moment er plötzlich begriff, dass der Tank abstürzen würde – und was das bedeutete. Dann setzte die Wirkung der Schwerkraft mit ganzer Wucht ein. Die Schrauben brachen mit einem metallischen Ächzen aus der Mauer, der Tank kippte vor und krachte seitlich auf Deweys Brustkorb. Der streckte alle vier Glieder in einem grotesken, spielzeughaften Reflex hoch und sank auf den Boden zurück.
    Deweys Lippen teilten sich, und sein Atem kam langsam und stoßweise – schwer und feucht. »Nimm es … runter«, keuchte er. »Nimm es … von mir … runter.«
    Geiger kroch auf den Knien näher. Er versuchte, den Tank mit seinem gesunden Arm wegzuschieben, doch sein Gewicht hatte die mittleren Rippen und das Brustbein zermalmt und seine eigene konkave Ruhemulde geschaffen. Er konnte ihn mit dem einen Arm nicht bewegen. Er legte sich auf den Rücken, um die Beine einzusetzen, zog die Knie an, drückte mit den Schuhen gegen den Stahl und schob. Der Tank glitt von Dewey herunter, fiel mit einem lauten Scheppern auf den Boden und rollte weg.
    Dewey stieß einen Laut aus, das dem wirbelnden Rascheln von trockenem Laub im Wind glich. »Gott«, röchelte er, »ich kratz ab.«
    Er drehte den Kopf zu Geiger, wodurch das Blut, das sich in seinem Hals gesammelt hatte, ablaufen konnte. Es rann ihm als dünner roter Faden aus den Mundwinkeln, und eine Pfütze breitete sich auf dem Boden aus.
    »Gott … ich … sterbe …« Tränen standen in seinen Augen. Seine eingedrückte Brust hob und senkte sich, die Lunge füllte und leerte sich, und nach jedem Atemzug verging mehr Zeit bis zum nächsten. »Das … ist nicht … fair.«
    Geiger sah zu, wie einige Tränen in die wachsende Pfütze aus Blut fielen und das dunkle Burgunder mit kleinen Flecken aus Rosé besprenkelte. Als er wieder aufsah, hatte ein glasiger Schleier Deweys Augen überzogen. Geiger rutschte näher.
    Er hatte noch nie den Tod in den Augen eines Menschen gesehen. Als er das Messer in seinen Vater gestoßen hatte, waren die kalten, grimmigen Augen geschlossen gewesen, und nun Zeuge einer derart gewaltigen Veränderung zu sein, bewegte ihn zutiefst. Dewey war unbrauchbar geworden – eine komplexe Masse aus Gewebe, Knochen, Sehnen und elektrischen Netzen, die nun nutzlos war und keine Funktion mehr erfüllte. Das Herz schlägt und hört dann auf zu schlagen, und der Abstand zwischen dem letzten Schlag und dem Ausbleiben des nächsten war von allen Dingen das Unmessbarste und Undefinierbarste.

21
    Geiger gelang es, auf die Beine zu kommen. Langsam und unsicher legte er den Weg zum Tisch zurück, und unterwegs taumelte und wankte er immer wieder. Er konnte seine Schulter nicht selbst einrenken und wusste, dass er Hilfe brauchte. Sich das einzugestehen, war ungewöhnlich für ihn. Und es gab nur einen Menschen auf der Welt, den er kontaktieren konnte. Nur einen. Einen einzigen Menschen auf der ganzen Welt.
    Er nahm das iPad und kniete sich hin, legte das Tablet vor sich auf den Boden und tippte auf das iChat-Icon. Am unteren Ende des Bildschirms wurde die Tastatur sichtbar. Die Buchstaben wanden sich wie kleine Tiere, die zur Melodie eines Flötenspielers tanzten. Seine Fingerspitze schwebte über ihnen und senkte sich hinab.
    Die Natur seines Schlafes hatte sich seit dem 4. Juli verändert. Er fand nun niemals mehr in den Tiefschlaf und machte lediglich kurze Nickerchen, um die schlimmeren Nächte zu überbrücken. Deshalb döste er nur, als das Ting von iChat aus seinem iPad drang. Er sprang so rasch auf, dass er den Kater erschreckte, der sich neben ihn gekuschelt hatte. Das Tier sprang vom Bett, und er schwang die Beine herum und hopste auf den Boden. Sein Herz pochte, denn nur zwei Personen kannten seinen Accountnamen – sein Vater und Harry –, und wenn ihn einer von ihnen kontaktierte,

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