Der Facebook-Killer: Thriller (German Edition)
Alternativen des kommenden Zugriffs um und um. Würden sie tatsächlich rechtzeitig kommen, um Patricia Kaplan lebend zu befreien, ehe dieses Monster eine seiner kranken Strafaktionen an ihr durchexerzierte? Bavarois bezweifelte es. Zehn Menschenleben hatte der Kerl jetzt auf seinem Gewissen. Sechs Frauen von Anfang zwanzig bis Mitte fünfzig und vier Männer. Einer davon Polizist – einer der Besten. In Gedanken repetierte er die Ereignisse der letzten Stunden.
Am Sonntag hatte der Facebook-Killer – Bavarois weigerte sich, seiner Nemesis der letzten Monate gedanklich ihren wahren Namen zu geben, obgleich er ihn dank der Wölfin jetzt kannte – Patricia Kaplan im Café Marly getroffen, nachdem er sie im Chat überredet hatte, sich dort mit ihm zum Abendessen zu treffen. Das wussten sie aus dem Chat-Transkript, das ihnen Langley aus Dublin übersandt hatte. Als sie in der Nacht endlich den Grundbucheintrag über das Häuschen im Wald gefunden hatten, den das Monster mittels seiner IT-Kenntnisse vor aller Augen mitten im System versteckt hatte, fühlte sich das im ersten Augenblick wie ein Durchbruch an. Aber mittlerweile saß ein mit zu viel Magensäure bestrichener Eisklumpen ganz tief in René Bavarois’ Eingeweiden, und er wurde das Gefühl nicht los, dass selbst das Teil des perfiden Spiels des Killers war. Dass sie wieder einmal zu spät kommen würden.
Er erinnerte sich an den Telefonanruf des Killers in der Präfektur. Das war nicht einmal zwei Wochen her, und trotzdem kam es dem Commandant de Police vor, als läge eine Ewigkeit zwischen jenen Minuten, in der die Welt in der Telefonzentrale den Atem angehalten hatte, und diesem schicksalhaften Frühlingsabend hier. Was hatte das Monster noch gleich über Mafro gesagt?
„Grüßen Sie ihn von mir, Docteur Wolf. Sagen Sie ihm, er war zu langsam für die läuternden Flammen. Sie alle werden immer zu langsam sein. Ich bin das Werkzeug SEINER Rache, und ich bin unaufhaltsam ...“
Dreckschwein.
„Bavarois hier. Langsam vorrücken“, murmelte er in das Funkgerät, das ihm der Leiter des Mobilen Einsatzkommandos am Parkplatz am Trimm-dich-Pfad in die Hand gedrückt hatte. Schweiß rann ihm unter Jackett und blassrosa Hemd über den Rücken. Rings um ihn her sah er schwarz gerüstete GIGN-Beamte in Sturmmontur durch den Wald vorrücken wie lautlose Schatten, die Waffen im Anschlag. Diese Männer waren für Einsätze wie diesen trainiert. Schwarze Ritter der Justiz im Hightech-Kampf gegen die perversen Drachen aus den Abgründen der menschlichen Seele.
Aber er wusste, da draußen waren auch seine Leute unterwegs. Khalil, Mafro, ja sogar Dr. Wolf – sie alle hatten es sich nicht nehmen lassen, bei diesem entscheidenden Zugriff dabei zu sein. Er konnte es ihnen nicht verdenken, auch wenn er erneut versucht hatte, es Mafro wegen zu starker persönlicher Betroffenheit auszureden. Aber wie er hier so vorsichtig im nassen Unterholz Fuß vor Fuß setzend durchs morgendliche Waldhalbdunkel schlich und sich seine nagelneuen Bugatti-Slipper ruinierte, hatte er auch Angst um die Psychologin – und nicht nur um sie: um jeden Einzelnen. Denn sie waren für so etwas ganz und gar nicht trainiert – und am allerwenigsten er selbst.
Dann kam das schlichte Betongebäude am Ende eines abschüssigen Hohlwegs in Sicht. Der Mann in diesem heruntergekommenen Wochenendhaus war klug. Vor dreieinhalb Jahren hatte er seinen ersten Mord begangen, seit zwei Jahren hielt er die Pariser Polizei und das DSCS zum Narren. Er war selbst Polizist, er hatte jeden Lehrgang besucht, den er kriegen konnte, war bestens informiert und wusste genau, wie sie vorgingen.
Und er hatte neun Menschen getötet, zum Teil auf bestialische Weise, weil ihm
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