Der Facebook-Killer: Thriller (German Edition)
er Kyl den Schädel weggeschossen hatte.
Ein Klick, und Photoshop öffnete ihm hochauflösend und gestochen scharf die Großaufnahme der Spurensicherung vom Kopf des toten Polizisten, aufgenommen nur wenige Minuten, nachdem Kyl seinen letzten Schnaufer getan hatte. Hoch befriedigt betrachtete er es eine Weile lang. Dann lösten sich seine Gedanken von seinen glorreichen Anfängen und kehrten in die Gegenwart zurück … zu Madame la Docteur. Sie hatte sein Feuer gesehen. Sie hatte den Rauch geschmeckt. Ah, wie der Nachtwind die Rauchschwaden durcheinander gewirbelt hatte …
Wenn er die Augen schloss und den Mund öffnete, bildete er sich ein, Michelles Asche auf der Zunge schmecken zu können, obwohl sie ja leider nicht verbrannt war. Und die Wölfin war auch da gewesen. Das würde sie so bald nicht vergessen. So, wie auch er nie vergessen konnte, nie vergessen würde.
Er stieß seinen Stuhl zurück, schnellte empor und begann, nervös in seinem abgedunkelten Arbeitszimmer auf und ab zu gehen. Geza Wolf gehörte eigentlich auch nicht zu seinem Kreuzzug. Aber was nicht war, konnte ja noch werden. Sie war Psychologin … vielleicht konnte sie ihn ja sogar verstehen? Begreifen, was er tat und warum? Schließlich hatte auch sie für ihre Überzeugung getötet.
Hatte Schmutz beseitigt.
Auch er würde weiter Dreck wegräumen, menschlichen Abfall entsorgen. Aber nun rechnete er mit Gegendruck.
Er tippte Geza Wolfs Namen bei Facebook ganz oben in dem weißen Feld mit der Eingabeaufforderung, der Lupe und dem Wort SUCHE ein.
Ah, da war ihr Profil.
Widerstrebend klappte er sein großes Vaio-Notebook zu, schnappte sich sein kleines weißes Netbook samt Tasche und dem O2-Surfstick. Er hatte noch eine Verabredung, zuerst virtuell, dann real.
Leise pfeifend ging der Mann zu seinem Wagen. Das Lied stammte aus dem „Gotteslob“, dem katholischen Kirchengesangbuch.
Es hieß „Vater, ich habe gesündigt vor dir.“
16.2.2011
Eine Villa im 16. Arrondissement
Paris
Die Wölfin prostete Danielle Kahn zu. Ihre Freundin und Kollegin hatte sie mit einem köstlichen Drei-Gänge-Menü erwartet, als sie aus der Präfektur nach Hause gekommen war. Strahlend und bester Laune hatte sie gewirkt, hatte gewandt Konversation gemacht und sich natürlich haarklein von allen neuen Entwicklungen im Fall des „Bibelmörders“, wie die DSCS ihre Zielperson in Anlehnung an Khalil Larbis Worte intern nannte, berichten lassen. Über Gezas Erzählung und Danielles kluge Nachfragen samt ebensolchen Randbemerkungen waren sie beim Dessert, frischen Feigen mit gratiniertem Ziegenkäse und erlesenem, zwölf Jahre altem weißem Portwein, angekommen.
Nun endlich konnte Geza die Frage loswerden, die ihren Hinterkopf während des gesamten Mahls beschäftigt hatte: „Du strahlst so, Dani. Hat das irgendeinen besonderen Grund?“
Die Psychologin zögerte einen Augenblick, ehe sie antwortete.
„Es gibt wieder einen Mann in meinem Leben.“
Danielle war eine geborene de Loras, Tochter eines Landadligen aus Nordfrankreich. Sie hatte gegen Ende ihres Studiums einen wesentlich älteren, schwerreichen Pariser Unternehmer, den jüdischen Baumagnaten Sebastien-Franck Kahn, geheiratet und war mit Mitte dreißig Witwe und Erbin eines mehr als beträchtlichen Vermögens gewesen. In den fast fünf Jahren seit Sebastiens Tod hatte sie quasi zölibatär gelebt, soweit Geza informiert war.
„Wer ist er? Wie ist er?“, sprudelte diese begeistert hervor. „Wo habt ihr euch kennengelernt und wie lange geht das nun schon? Oh, du musst mir alles haarklein erzählen!“
Doch Danielles Miene verfinsterte sich. „Es ist alles nicht so einfach, meine
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