Der Facebook-Killer: Thriller (German Edition)
Liebe. Ich kenne Nicolas – so heißt er – schon eine ganze Weile. Aber er ist verheiratet.“
„Das ist doch heutzutage kein Problem mehr“, wandte Geza ein.
„Na ja – doch. Wie du weißt, verkehre ich in den sogenannten besseren Kreisen der Pariser Gesellschaft, und er eben auch.“
„Warte mal …“, sagte Geza. „Reden wir etwa von Nicolas de Ségur?“ Sie kannte den Finanzberater ihrer Freundin nicht persönlich, aber der Name war in der Vergangenheit häufig gefallen.
„Der und kein anderer“, gab Danielle zu, „und wo immer wir uns sehen, sei es ein Charity-Event oder irgendeine Operngala, immer ist seine Frau mit dabei. Er liebt sie nicht mehr, schon lange nicht, aber es ist eben so eine Zweckehe, die für beide Seiten nur Vorteile hat. Sie darf es auf gar keinen Fall erfahren ... der Skandal wäre erstrangig.“ Danielle lachte traurig. „Ich kann dort nicht einmal anrufen, zumal er auch viel von zuhause aus arbeitet.“
„Wie kommuniziert ihr denn dann?“, fraget Geza, die aus der Zeit von Danielles Ehe noch sehr genau wusste, wie wichtig ihrer Freundin der nahezu ständige Austausch mit geliebten Menschen war.
Danielle grinste plötzlich. „Wenn es Facebook nicht gäbe, wären wir aufgeschmissen.“
„Facebook? Du hast einen Facebook-Account?“, fragte Geza entgeistert. Sie selbst sah sich als das, was die Marktforschung als „Early Adopters“ bezeichnete, Menschen, die bei technologischen oder sonstigen kulturellen Neuerungen immer die Nase vorn hatten und derlei weit vor der breiten Masse nutzten – aber ihre distinguierte, elegante und allem Anschein nach so wenig technikaffine Freundin ...?
„Du etwa nicht?“, versetzte Danielle schnippisch.
„Doch, klar. Facebook wurde glaube ich im Februar 2006 gegründet, und im Spätherbst habe ich mich registriert. Ich hätte nur nicht gedacht, dass du ... aber ist ja auch egal. Ihr chattet also viel?“
„Ja“, sagte Danielle, und in ihre Augen schlich sich ein träumerischer Ausdruck. Dann riss sie sich zusammen: „Können wir im Übrigen gern auch mal tun. Ich schicke dir nachher, wenn ich die Spülmaschine eingeräumt habe, gleich mal eine Freundschaftsanfrage. Ich chatte gern und viel.“
„Ich glaube, diese Freundschaftsanfrage kann ich ausnahmsweise sogar ungeprüft bestätigen“, lächelte Geza verschmitzt. Dann hob sie ihr Glas, um der Freundin zuzuprosten, nur um festzustellen, dass es leer war. „Hmm ... ist noch etwas Wein da?“
Danielle nahm die grüne Flasche zur Hand. Doch im letzten Augenblick legte Geza die Hand über die Öffnung ihres Glases.
„Andererseits … lass mal. Ich wollte noch bei Fronzac vorbeifahren, ein paar Akten einsehen, die er auf seinen Rechner zuhause gezogen hat, und nochmal durchsprechen, wo wir mit unserem Fall jetzt stehen.“
„Das ist mir ganz recht“, schmunzelte Danielle und stellte die Flasche wieder weg. Ich kriege nämlich heute noch Besuch …“
Die beiden kicherten wie ausgelassene Teenager.
Er klickte auf ihr Bild am rechten Rand der Facebook-Benut-zeroberfläche. Streng seitengescheiteltes, dunkelbraunes Haar, Adlernase, weiße Bluse, schwarze Hornbrille, kleine Perlenstecker in den Ohren. Streng, businessmäßig, no nonsense. Das Chatfenster öffnete sich rechts unten.
Obenan, in weißer Schrift auf blauen Feld, der Name seiner Chatpartnerin:
DANIELLE KAHN.
Alle Namen hatten dort gestanden.
DANIELLE IST VERFÜGBAR.
Sein Avatar prangte darunter, ein weißer Mann mit zu langem, gegeltem, als Pferdschwanz getragenem Haar, in schwarzem Anzug mit schwarzer Krawatte auf weißem Hemd, lässig eine Kippe in der rechten Hand, die linke in der Tasche, an eine cremefarbene Wand gelehnt. John Travolta als Vincent Vega.
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