Der Facebook-Killer: Thriller (German Edition)
geklungen, als habe sie in dieser Frage eine große Wahl.
Nur noch ein paar Schritte bis zu der schweren, ebenfalls weißen, aber im Gegensatz zu den Wänden irgendwie vergilbt wirkenden Doppelschwingtür, hinter der das Reich des Todes begann. Ein Flügel stand offen. Sie hatte in ihrer Zeit bei der Polizei einfach ein paarmal zu oft sein Reich betreten müssen. Hatte wie Charon, der schweigsame Fährmann, Menschen hinein begleitet, die ihre Lieben dort hatten identifizieren müssen. Hatte die völlige Apathie gesehen. Den Schmerz. Das Grauen. Die Fassungslosigkeit.
Sie hatte selten etwas für diese Menschen tun können.
Aber seit DER SACHE wusste sie, dass der Verlust eines geliebten Menschen keineswegs das Schlimmste war, was einem widerfahren konnte.
Das bei weitem Schlimmste war der Verlust der eigenen Seele.
Fronzacs Stimme, die durch den offenen Türflügel aus dem Sektionssaal drang, riss sie aus den trüben Gedanken: „Also doch keine Rauchvergiftung? Obwohl sie gefesselt in einem Schrank in einem Gebäude eingesperrt war, das lichterloh in Flammen stand?“
Geza blieb abrupt vor der Tür stehen. Da war ein neuer Ton in Fronzacs Stimme, einer, der zeigte, wie rasch er Fortschritte auf dem Weg der Besserung machte: Geza hörte deutliche Verärgerung wegen falsch kommunizierter Informationen. Vorsichtig trat sie einen Schritt näher, um auch ja kein Wort der Unterhaltung drinnen zu verpassen.
„Ich sagte dir doch gestern, das sind erste Hypothesen. Jetzt, nach der Obduktion, kann ich dir sagen, dass sich in der Lunge des Opfers keinerlei Spuren von Rauch befanden.“
Gezas Magen knurrte so laut, dass sie fürchtete, die beiden Männer im Sektionssaal könnten es hören. Geistesabwesend angelte sie sich ein Croissant aus der Tüte.
„Kein Rauch?“ Fronzacs Stimme wurde immer lauter. „Bedeutet das etwa, sie …?“
„…starb vor Ausbruch des Brandes, genau. Schau mal.“
Geza biss in das Croissant. Krümel rieselten in absurden Mengen auf ihren Pulli. Sie reckte den Hals, um auch sehen zu können, was Raphaël Fronzac zeigte.
„Das hier hatte ich aufgrund der Rußverschmutzung und ihres langen Haares bei der ersten flüchtigen Inaugenscheinnahme nicht gesehen. Ein stumpfes Schädeltrauma, das zu einem epiduralen Hämatom führte, also einer Einblutung zwischen Schädelknochen und der harten Hirnhaut. Ursache war ein äußerst brutaler Schlag auf den Hinterkopf mit einem stumpfen Gegenstand. Der Schaden am Gehirn war massiv genug, dass sie kurz nach dem eigentlich Schlag starb.“
„Du meinst, der Täter hat Mademoiselle Tourrende niedergeschlagen, die Bewusstlose in diesen Spind gestopft … und was dann? Wenn der Schlag tödlich war, wollte er mit dem Brand dann nur seine Spuren verwischen?“
„Dagegen spricht das Levitikus-Zitat, das wir bei ihr fanden und das ganz eindeutig Bezug auf einen Feuertod nimmt.“ Mit diesen Worten stieß Geza den anderen Türflügel ebenfalls auf und betrat den Sektionssaal. „Für mich klingt das eher, als habe sie sich nach dem erzwungenen Anruf bei Ihnen zu wehren versucht, und er musste sie ruhig stellen. Dabei hat er eben etwas zu fest zugeschlagen.“ Pause. Dann setzte sie grimmig hinzu: „Nein, was das Schwein wollte, war eindeutig, dass diese junge Frau“, - ihre Hand deutete flüchtig auf das kalkweiße Etwas unter dem grünen Tuch, an dessen Kopf sich Mafro und der Pathologe gerade zu schaffen machten –, „im Feuer umkommt.“
Mafro sah überrascht auf; offenbar hatte ihr Magen doch nicht so laut geknurrt. Seine einzige Reaktion auf Gezas klare Worte war ein fast schon krampfhaftes Zusammenbeißen der Zähne.
Geza musterte ihn. Er trug tatsächlich einen anthrazitgrauen Anzug mit Weste,
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