Der Facebook-Killer: Thriller (German Edition)
dafür war der heutige Parc de la Villette, also genau die damals gerade erst eingemeindete ländliche Gegend. Der Architekt Janvier entwarf das Schlachthaus und den Viehmarkt nach dem Vorbild der alten
Halles
im Stadtzentrum – die kennen Sie ja bestimmt. Schnell kam zu dem Viehmarkt ein Güterbahnhof hinzu, und La Villette wurde zu einem Brennpunkt der Pariser Wirtschaft.
Das Schlachthaus von La Villette zählte bald zu den Institutionen mit den meisten Angestellten in Paris. Zur Fleischindustrie kamen Nebenprodukte wie Leder hinzu und brachten noch zusätzlich den Gestank der Gerbereien. So ging das bis nach dem Zweiten Weltkrieg.
1949 beschloss der Stadtrat dann die Sanierung des Schlachthauses, das in der Zwischenzeit veraltet, zu klein und unhygienisch geworden war und dessen bestialischer Gestank die Nachbarn störte. Doch wie so oft war das Geld knapp: Die Finanzierung wurde nicht direkt bewilligt. Erst zehn Jahre später begann die Sanierung ernstlich. Ein weiteres Jahrzehnt später, 1969, wurde der neue Gebäudekomplex partiell eröffnet und mit damals hochmodernen Kühlanlagen ausgestattet. Man konnte nun an anderen Orten als dem Marktplatz schlachten. Daraufhin nahmen die Bestellungen ab, und die Beschäftigung ging stark zurück, was zu schwerwiegenden Wirtschaftsproblemen führte.
1974 setzte der Staat der über ein Jahrhundert alten Schlachthaustradition La Villettes, einer Tradition von Blut, rohem Fleisch und wahrhaft bestialischem Gestank, schließlich ein Ende. Man riss die kaum benutzten, brandneuen Gebäude ab, und zurück blieb eine große Industriebrache.“
„Na großartig“, kommentierte Geza. „Aber Sie sagten vorhin etwas von einem Park, der sich jetzt dort befindet?“
„Ja“, nickte Fronzac. „Im Bereich der früheren Schlachthöfe entstand seit 1983 der Kommunikations- und Museumspark La Villette. Es gibt dort wechselnde Ausstellungen, eine Mediathek, ein Planetarium, die sogenannten
Salles de Découverte
, in denen man technische Abläufe experimentell kennenlernen kann, ein Konservatorium und vieles mehr. Der Park ist nicht statisch, sondern wird ständig verändert.
Überall auf dem Gelände verteilen sich die sogenannten
Folies
, knallrote Stahlpavillons und -konstruktionen irgendeines Schweizer Designers, der den Park geplant hat. Einige davon sind wirkliche Gebäude, andere sind abstrakte Skulpturen.
Die
Folies
sollen durch ihr Knallrot optische Akzente setzen und deutlich machen, dass der Park in seiner Gesamtheit nicht natürlich, sondern eine von Menschenhand geschaffene, urbane Struktur ist.“
Bei diesen letzten Worten lenkte Fronzac den Wagen auf einen zwischen übermannshohen Hecken verlaufenden Dienstweg.
Während Geza heftig gegen das Zufallen ihrer Augen ankämpfte und sich muffig eingestehen musste, dass sie an diesem Tag noch überhaupt nicht richtig wach geworden war, erreichten sie eine rot-weiß gebänderte Schranke, an der zwei Männer standen, offenbar Kollegen Fronzacs. Der hielt den beiden seinen Dienstausweis entgegen und stieg aus. Geza tat es ihm nach und musterte die Kollegen, die Fronzac ihr vorstellte.
Die beiden waren ebenfalls Kriminalpolizisten, aber im regulären Dienst tätig, nicht bei der DSCS. Sie hätten unterschiedlicher nicht sein können, und Geza musste bei ihrem Anblick unwillkürlich lächeln. Commissaire Luc Ungerer, dessen Eltern dem Namen nach zu urteilen Elsässer sein mussten, war in ihrem Alter, hochgewachsen, schlaksig, hatte eine lange Nase, trug Brille und einen sorgsam kultivierten Bartschatten, hatte das lange Haar gegelt und zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden –
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