Der Facebook-Killer: Thriller (German Edition)
und begrüßte sie auf Deutsch. Während sie den Rest des Weges zum Tatort zu Fuß zurücklegten, bestätigte er, dass er in Wissembourg Abitur gemacht hatte und erst seit etwas mehr als zehn Jahren in der Hauptstadt lebte. Allerdings, so log er charmant in zwar schwer akzentgefärbtem, aber ansonsten sehr flüssigen Deutsch, seien seine Kenntnisse ihrer Muttersprache sehr eingerostet – es reiche, um ein Stück Kuchen oder ein Glas Bier zu bestellen und grob die Schlagzeilen der Tageszeitungen zu erfassen, aber damit habe sich’s dann auch schon wieder. Geza stellte fest, dass Ungerers Geplauder ihre Laune schlagartig hob.
Thomas Ballester, seines Zeichens Ungerers Partner, machte die freundliche Offenheit seines Kollegen durch vollkommene Schweigsamkeit wieder wett. Ballester, ein Mann um die fünfzig, war kleiner als Geza, enorm beleibt, einige Knöpfe seines grauen Polyesterhemdes standen über dem voluminösen Bauch offen, er hatte wuscheliges graues Haar, in derselben Farbe gewitzt blinkende Augen hinter dicken Brillengläsern und ein paar Zähne zu wenig im Mund.
Kurz vor dem Tatort schwenkte Ungerer zum Französisch zurück und sagte:
„Ich freue mich jedenfalls, Ihre Bekanntschaft zu machen, Madame Wolf – und dir, Mafro, sage ich danke, dass ihr so schnell kommen konntet.“
„Gern geschehen“, nuschelte Fronzac. Geza nickte zustimmend.
„Ich werde persönlich für den reibungslosen Ablauf der Kommunikation zwischen uns und dem DSCS sorgen“, fuhr Ungerer fort, während die vier von hinten, auf einem für Besucher nicht zugänglichen Dienstweg, auf einen der knallroten, stählernen Ausstellungspavillons zusteuerten. Obwohl Fronzac diesen Satz unkommentiert ließ, hatte die Wölfin das Gefühl, diese Kommunikation sei in der Vergangenheit wohl auch einmal weniger reibungslos verlaufen. Schon wieder Kompetenzgerangel?
Auf einer asphaltierten Freifläche vor dem Stahlpavillon stand eine größere Peugeot-Limousine, wohl Ungerers und Ballesters Dienstwagen. Die Beifahrertür stand offen. Ein laues Lüftchen wehte durch den Park und ließ eine erste Ahnung von Frühling fühlbar werden. Geza musterte den Pavillon, dessen Eingangstür offen stand, von dessen Außenseite aber der Rost blätterte – offenbar führte seine Randlage dazu, dass er nur sehr selten Heimat irgendwelcher Ausstellungsprojekte wurde.
Ballester fragte: „Sagen Sie, Madame Wolf, wie viel wissen Sie denn über La Villette und die Folies?“
„Der Kollege Fronzac hat mich auf dem Herweg grob ins Bild gesetzt.“
Ballester nickte und warf Fronzac einen schwer zu deutenden Seitenblick zu. Dann sagte der dicke Polizist: „Ich persönlich finde ja, diesen Tschumi, den Schweizer Spinner, dem wir die roten Klötze zu verdanken haben, sollte man guillotinieren.“
„Ein Ausstellungspavillon“, sinnierte Geza, ohne auf das Geschmacksurteil des kleinen, dicken Mannes einzugehen und trat zögernd zwei Schritte näher. „Ein ungewöhnliches Ambiente für einen Mord, oder?“
Ihre drei französischen Kollegen schwiegen.
„Wer ist denn der Tote?“, hakte Geza nach.
Ungerer und Ballester wechselten einen merkwürdigen Blick. Nach einer etwas zu langen Pause antwortete Ballester: „Ein gewisser Nicolas de Ségur, Finanzberater.“
Geza spürte, wie ihr heiß und kalt wurde. Ein Gewaltverbrechen in den oberen Rängen der Gesellschaft war immer schwierig, aber diesmal kamen die Einschläge sozusagen näher ... Nicolas de Ségur war Danielles Geliebter.
„Wie ist der Mann zu Tode gekommen?“
„Das sehen Sie sich besser selbst an.“
Eine seltsame Antwort, wie die Wölfin fand. Aber sie ließ sich nicht abschrecken und
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