Der Fälscher aus dem Jenseits
für die Begünstigte fatales Detail gab, das dazu führen könnte, die von den Versicherungen so sehr gefürchtete Auszahlung einer Vermögensrente zu verhindern.
Als man sich die Akte des Versicherungsnehmers vornahm, der im Übrigen von seiner Witwe als »Offizier im Ruhestand« bezeichnet wurde, hegte man einen gerechtfertigten Verdacht. Maxence hatte beim Ausfüllen des Formulars, das dem ärztlichen Befund beigefügt worden war, durch eine unverständliche Unbesonnenheit als Beruf »Uhrmacher« angegeben. Das war seltsam, wirklich sehr seltsam.
Man stellte Nachforschungen und Vergleiche an und stellte fest, dass der Verstorbene bei Abschluss des Vertrags in einem mehr als bedauernswerten Gesundheitszustand gewesen war. Bei der Untersuchung war jedoch nichts Ungewöhnliches erkennbar gewesen, weder auf den Röntgenbildern noch bei der Blutuntersuchung, der Blutdruckmessung oder den sonstigen Analysen.
Die Fortsetzung der Geschichte ist leicht zu erraten. Es war die Idee von Florian gewesen, dem treuen Freund, der sich Sorgen um die Zukunft der künftigen Witwe gemacht hatte. Er hatte sich für den Abschluss der Versicherung anstelle von Maxence untersuchen lassen. Seine robuste Gesundheit und seine Unverfrorenheit hatten das Ihrige getan. Leider hatte er in einem Augenblick der Unachtsamkeit in die entsprechende Spalte des Fragebogens »Uhrmacher« eingetragen, einen seiner ehemaligen Berufe.
Heute sind er und die Witwe wieder in Freiheit, nachdem sie eine Gefängnisstrafe von einigen Monaten verbüßen mussten. Zudem musste die Witwe die unrechtmäßig erhaltenen Versicherungssummen zurückerstatten.
Meegeren van Delft
Am 25. Mai 1945 war der Krieg gerade erst zwei Wochen vorbei. Zwei Männer in Regenmänteln klingelten an der Tür eines herrschaftlichen Hauses in der Innenstadt von Amsterdam. Obwohl sie so aussahen, hatten sie nichts mit den schrecklichen Gestapo-Agenten zu tun, die während der Besatzungszeit auch in den Niederlanden ihr Unwesen getrieben hatten. Ganz im Gegenteil, sie gehörten zur holländischen Militärpolizei und waren auf der Jagd nach Kollaborateuren.
Ein magerer Mann zwischen fünfzig und sechzig Jahren öffnete. Er wirkte krank, verbraucht. Sein kleiner Schnurrbart war ungepflegt und die Stirn tief zerfurcht. »Henri van Meegeren? Wir möchten Ihnen gern ein paar Fragen stellen.«
Der Mann führte sie ins feudale Wohnzimmer seines Hauses.
»Sagt Ihnen der Name Miedl etwas?«
»Das ist ein Bankier.«
»Stimmt, ein deutscher Bankier, der im Auftrag von Hermann Göring gehandelt hat. Ende 1943 haben Sie ihm für 1 600 000 Gulden eine Ehebrecherin von Vermeer verkauft.«
»Dabei habe ich mir nichts Böses gedacht. Er hat mir versichert, dass dafür mehrere andere Gemälde holländischer Meister zurückgegeben werden.«
»Machen Sie sich über uns lustig? Glauben Sie, so etwas sieht den Deutschen ähnlich? Sie haben einen Teil des nationalen Kunsterbes an die Besatzer verscherbelt.«
»Verhaften Sie mich jetzt?«
»Ja. Wegen Kollaboration. Dafür riskieren Sie die Höchststrafe: lebenslänglich.«
In den Augen des kleinen Mannes leuchtete Angst auf. »Dann gestehe ich Ihnen lieber alles. Ich habe nie mit den Deutschen zusammengearbeitet. Im Gegenteil, ich hab sie sogar hereingelegt. Das Gemälde, das ich denen verkauft habe, war eine Fälschung.«
»Eine Fälschung? Und von wem?«
»Von mir. Ich bin der Fälscher. Ich male schon seit Jahren falsche Vermeers.«
Offenbar glaubten die beiden Polizisten kein Wort davon und legten ihm Handschellen an.
»Das können Sie dem Richter erzählen. Folgen Sie uns.«
Auch vor dem Untersuchungsrichter blieb Henri van Meegeren bei seinem Geständnis, er erzählte sogar nähere Einzelheiten.
»Seit 1937 habe ich für insgesamt sieben Millionen Gulden vierzehn falsche Vermeers verkauft.«
»Welche falschen Vermeers?«
»Seine ganze religiöse Malerei.«
»Wollen Sie mir etwa erzählen, dass die Begegnung in Emmaus im Rotterdamer Boymans-Museum und die Fußwaschung im Amsterdamer Rijksmuseum Fälschungen sind?«
»Genau. Die hab ich gemalt.«
»Sie erzählen nur dummes Zeug, um Ihrer Strafe zu entgehen!«
Der Richter glaubte ihm nicht. Er wollte nicht daran glauben! Die Begegnung in Emmaus von Vermeer eine Fälschung, die dieser kränkliche Gnom gemalt haben sollte? Die Begegnung in Emmaus , der Ruhm des Boymans-Museums, der wie Rembrandts Nachtwache stolz hergezeigt wurde? Eine rote Kordel hielt die Besucher auf
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