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Der Fälscher aus dem Jenseits

Der Fälscher aus dem Jenseits

Titel: Der Fälscher aus dem Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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wissenschaftlich analysiert. Bei der Röntgenuntersuchung kamen die alten Gemälde aus der Zeit Vermeers, die van Meegeren übermalt hatte, zum Vorschein. Auch die chemische Analyse war eindeutig. Die Farbe enthielt ein Kunstharz, das erst seit dem 20. Jahrhundert hergestellt wird.
    Van Meegerens Prozess fand am 12. Oktober 1947 statt. Der Gerichtssaal, von dem alle Zeitschriften der Welt Fotos veröffentlichten, ähnelte einem Museum mit all den Gemälden an der Wand. Der Angeklagte sah hingegen so unscheinbar aus, dass sich kaum jemand für ihn interessierte. Natürlich war er nicht der Kollaboration angeklagt, sondern wurde eher vage des »Betrugs« beschuldigt.
    Die vielen Journalisten bekamen kaum etwas geboten. Die holländischen Behörden hatten solche Angst, sich durch diese Affäre lächerlich zu machen, dass die Vernehmung in aller Eile durchgepeitscht wurde. Sie dauerte nur ein paar Stunden. Dabei machte van Meegeren wichtige Enthüllungen. Er gestand, noch viele andere holländische Meister gefälscht zu haben: Pieter de Hooch, Frans Hals, Gerard Terborch usw. Man hörte ihm jedoch kaum zu, und bald wurde das Urteil verkündet: ein Jahr Gefängnis.
    Van Meegeren bat um die Erlaubnis, in seiner Zelle malen zu dürfen, was ihm gewährt wurde. Und es fehlte ihm auch nicht an Arbeit. Er stand praktisch an der Schwelle zu einer neuen, unglaublichen Karriere, einer Laufbahn als offizieller Fälscher sozusagen. Von allen Seiten strömten nämlich Aufträge herein für »den Mann, der wie Vermeer malen kann«. Doch das Schicksal wollte es anders. Am 31. Oktober 1947, nur wenige Tage nach seiner Verurteilung, starb Henri van Meegeren plötzlich an einem Herzinfarkt.
    Die ganze Affäre hatte noch ein gerichtliches Nachspiel. Ein holländischer Sammler, der 1941 für 1 600 000 Gulden ein Abendmahl Vermeers von van Meegeren gekauft hatte, weigerte sich 1952 seinen Reinfall einzusehen und strengte einen Prozess gegen Professor Coremans an. Dabei wurde er von einem belgischen Experten unterstützt, der behauptete, das Kunstharz stamme nicht von der ursprünglichen Farbschicht. sondern sei erst mit einem modernen Firnis aufgetragen worden.
    Darauf folgte eine neue Expertenschlacht, die vier Jahre lang dauerte, bis die Klage der Erben des inzwischen verstorbenen Sammlers am 4. April 1956 abgewiesen wurde. Die Erben wurden sogar dazu verurteilt, Professor Coremans, dessen berufliche Kompetenz angezweifelt worden war, eine hohe Entschädigung zu zahlen.
    Dieses Mal war kein Zweifel mehr möglich. Vermeer van Delft ist nie ein großer Maler religiöser Bilder gewesen, Meegeren van Delft hingegen war tatsächlich der größte Kunstfälscher aller Zeiten.
     

Edler Trödel
     
    Frankreich, 1960. Boulevard Richard-Lenoir in Paris, Spätnachmittag. Heute fand hier der berühmte Trödel- und Schinkenmarkt statt. Angefangen bei der Place de la Bastille über den ganzen Boulevard, sorgten hunderte von kleinen Ständen mit Trödel und mit regionalen Feinschmeckerspezialitäten für Trubel. Inzwischen war schon eine halbe Woche vergangen und die meisten interessanten Geschäfte waren bereits vor und während der Eröffnung zwischen Trödlern und Antiquitätenhändlern abgeschlossen worden, also noch bevor die eigentlichen Besucher herbeiströmten. Jetzt lief nur noch das Übliche ab. Und trotzdem, man konnte ja nie wissen, vielleicht tauchte doch noch ein leidenschaftlicher Sammler auf oder ein Novize, der sich für einen unverkäuflichen Gegenstand begeisterte. Solchen Gedanken hing auch der alte Müller nach, der sich gerade gegen seinen Stand lehnte. Von Zeit zu Zeit nannte er einem Passanten, den er zuvor insgeheim taxiert hatte, einen horrenden Preis für einen Artikel, ein Werkzeug oder einen Rahmen. Mit einem Blick erkannte dieser alte Trödelhändler, mit wem er es zu tun hatte.
    Eine Stimme mit fremdländischem Akzent fragte ihn: »Wie viel kostet das Akkordeon?«
    Bevor Müller antwortete, musterte er den Kunden von Kopf bis Fuß: eindeutig ein Amerikaner. Das war gar nicht so schlecht, denn die Amis hatten die Dollar locker sitzen und waren es gewohnt, einen hohen Preis zu zahlen. Für das mitgenommene Akkordeon, dessen Perlmutttasten noch einen gewissen Reiz besaßen, verlangte er siebzigtausend Franc (etwa zwölftausend Euro). Der Amerikaner überlegte. Offensichtlich rechnete er alles in Dollar um. Er verzog den Mund, war offensichtlich mit dem Preis nicht einverstanden und auch nicht bereit zu handeln.
    »Und das

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