Der Fälscher aus dem Jenseits
Germanium.
Es handelte sich dabei nicht um ein Edelmetall, sondern um ein bruchempfindliches Metall, das man in einigen Industriezweigen für die Herstellung von Halbleitern verwendete und das so lange kristallisiert wurde, bis es den Zustand höchster Reinheit erlangte. Für diesen Barren, der vier Kilo wog, waren ordnungsgemäß ein Zertifikat (in dreifacher Ausfertigung) ausgestellt sowie Analysen angefertigt worden, die den Reinheitsgrad des Metalls und seine Widerstandsfähigkeit angaben. Die Zertifikate waren von den Direktoren der PringleExtracting Corporation, einer Minenabbaugesellschaft in Grey Swamp, Florida, unterzeichnet. Duruit fuhr mit seiner Darlegung fort und erklärte, dass es weltweit nur eine verschwindend geringe Herstellung von Germanium gäbe, die knapp fünfundsiebzigtausend Tonnen pro Jahr betrug. Der Berater Duruit schlug eine wöchentlich erscheinende Fachzeitschrift, die Financefrançaise, auf und deutete auf eine kleine Tabelle unter dem Titel: »Der Kurs von Germanium«. Der Kurswert war unter »Kursnotierung wertvoller Metalle« von einer französischen Firma herausgegeben worden, die monatlich den Wert eines Kilo Germaniums veröffentlichte. Der Kurswert schien ständig zu steigen. Zurzeit betrug er zwölftausendachthundertfünfzig Franc (etwa zweitausendzweihundert Euro). Es war sogar eine Telefonnummer angegeben, unter der man noch mehr erfahren konnte. Duruit führte weiter aus, dass Lecourtois seinen vier Kilo wiegenden Barren sorgfältig in einem Tresor aufbewahren müsse, seine Verpackung nicht abnehmen, ihn weder ankratzen noch fallen lassen dürfe, da sonst sein Wert ruckartig fallen würde. Lecourtois sagte am Ende schließlich zu und stellte einen Scheck zu Gunsten von Duruit aus, wobei die Provision des Maklers in Höhe von neunundfünfzigtausendhundertzehn Franc (etwa zehntausend Euro) einberechnet war.
1991. Lecourtois war überzeugt, dass seine Investitionen, insbesondere die für das Germanium, inzwischen Gewinn abgeworfen hatten. Seltsamerweise hatte er seit Monaten von Duruit nichts mehr gehört. Telefonisch war er auch nicht erreichbar und die Post kam mit dem Vermerk »Unbekannt verzogen« zurück. Nach und nach deckte Lecourtois schließlich das Geheimnis auf. Duruit saß in einem Gefängnis in der Provinz fest. Er hatte die bedauerliche Angewohnheit, sein eigenes Geld und das seiner Kunden zu verwechseln. Nach gewagten Investitionen war er in eine bedrohliche Situation geraten, da mehrere Geldgeber Anzeige gegen ihn erstattet hatten und er daraufhin zu drei Jahren Gefängnis ohne Bewährung verurteilt worden war. Lecourtois versuchte, sich zu beruhigen. Sein Germanium müsste im Augenblick einen Wert von ungefähr fünfzehntausend Franc (etwa zweitausendfünfhundert Euro) erreicht haben.
Er wandte sich also an die Financefrançaise , um den monatlichen Kurswert von Germanium zu erfahren. Erstaunt stellte er fest, dass die so nützliche Kursnotierung nirgendwo zu finden war. Bei der Redaktion teilte man ihm mit, dass die Wochenzeitung, die diese Werbeanzeige etwas zwielichtig gefunden hatte, seit mindestens zwei Jahren auf weitere derartige Kursveröffentlichungen verzichtete. Lecourtois hörte mit höchstem Missfallen, dass es sich also bei dem, was er für eine offizielle Kursnotierung gehalten hatte, um eine Werbeanzeige gehandelt hatte.
Da Lecourtois nicht mehr wusste, an wen er sich wenden sollte, stieß er schließlich auf die Adresse eines Spezialisten für seltene Edelmetalle, der ihm ohne Umschweife erklärte, dass das Kilo Germanium ungefähr viertausendsiebenhundertfünfzig Franc (etwa achthundertzehn Euro) wert sei. Letztlich hinge dies jedoch von der Einigung zwischen Verkäufer und Käufer ab, wurde er belehrt. Fassungslos verlangte Lecourtois eine Erklärung. Das, was man ihm daraufhin darlegte, ließ ihn aschfahl werden und jagte ihm einen kalten Schauer über den Rücken. Er erkannte, dass er einem Betrüger auf den Leim gegangen war.
Seine Nachforschungen ergaben, dass die Gesellschaft, die Duruit das Germanium verkauft hatte, seit einer Ewigkeit nicht mehr existierte. Im Übrigen betrieb dieses Unternehmen nicht nur den Handel mit seltenen Metallen, sondern verkaufte auch Gasherde und Heizkessel (neue und gebrauchte) für Gebäude. Eine seltsame Mischung. Die Firma PringleExtracting Corporation gab es auch nicht mehr. Nachdem Lecourtois Anzeige erstattet hatte, ergab die daraufhin durchgeführte Untersuchung, dass sich hinter diesem
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