Der Fälscher aus dem Jenseits
Polizei. Warum hatte Kommissar Charpentier den Hausbesitzer anderthalb Stunden lang im Keller abgesondert? Offenbar bekam er unterdessen Anweisung von ganz oben. Nur, wie lauteten sie?
Letztendlich kann man kaum ernsthaft an einem Selbstmord zweifeln. Das Zimmer des Dramas war fest verschlossen, als der Kommissar anklopfte. Von innen hatte eine Stimme gefragt: »Wer ist da?« Und dann wurde ein Schuss abgefeuert. Wer außer Stavisky hätte das sonst gewesen sein können?
Selbst wenn einige Einzelheiten im Dunkeln blieben, selbst wenn diese Art, seinem Leben ein Ende zu setzen, eigentlich nicht der Persönlichkeit dieses ehrlosen Gauners entsprach, gibt es kein stichhaltiges Argument, einen Selbstmord von der Hand zu weisen. Als Stavisky merkte, dass alles verloren war, entschied er sich zu verschwinden, wie er ja auch eigenhändig seiner Frau geschrieben hatte.
Alexandre Stavisky war tot, doch die eigentliche Stavisky-Affäre begann damit erst. Sie entwickelte sich zu einem Ereignis von historischer Bedeutung.
1933 verschlimmerte sich die wirtschaftliche Lage dramatisch. Gerade weil Frankreichs Wirtschaft so schwach war, war das Land von der Wirtschaftskrise des Jahres 1929 weitgehend verschont geblieben. Doch nun wurde es voll getroffen. Es gab einen Bankrott nach dem anderen, Arbeitslosigkeit und Hungermärsche waren die Folge.
Die Arbeiter waren jedoch nicht als einzige betroffen, auch die Mittelschicht wurde in Mitleidenschaft gezogen. Ein Bündnis der Unzufriedenheit bildete sich. In ihm sammelten sich die traditionelle Rechte, die Kirche, Kriegsveteranen und alle damals aktiven Extremisten, das heißt Royalisten und diejenigen, die die Ereignisse jenseits des Rheines oder der Alpen bewunderten.
All diese Leute suchten nach einem Sündenbock, und den lieferte ihnen die Stavisky-Affäre. Stavisky war Jude, darum machten ihn gewisse Leute zum Symbol einer glaubens- und gesetzlosen »Rasse«, die nur aus heimatlosen, geldgierigen Individuen bestand. Für viele Franzosen waren alle Juden Staviskys oder, nach einem eigens erfundenen Adjektiv, »staviskisch«. Eine Woge des Hasses, ähnlich der, die man auch während der Dreyfus-Affäre erlebt hatte, griff in der Presse um sich.
Doch Stavisky war in dieser Affäre nicht der einzige Schuldige. Da gab es auch noch die vielen Politiker, die ihn geschützt hatten, fast ausschließlich Radikale, von denen viele Freimaurer waren. Auch hier bot der Skandal insbesondere der Kirche die Gelegenheit, eine alte Rechnung zu begleichen. Das so genannte »Komplott der Juden und Freimaurer« wurde im Anschluss an die Stavisky-Affäre erfunden.
Am 6. Februar 1934 demonstrierten die rechtsextremen Bündnisse eindeutig mit der Absicht, das Regime zu stürzen, auf der Place de la Concorde. Man schrie Parolen wie »Frankreich den Franzosen« oder »Nieder mit allen Dieben«. Das Ergebnis waren zwanzig Tote und 2000 Verletzte.
Paradoxerweise bewirkte der 6. Februar genau das Gegenteil dessen, was seine Urheber beabsichtigt hatten. Angesichts dieser Bedrohung demonstrierte die Linke ebenfalls und schloss sich spontan an der Basis zusammen. Dank dieser Dynamik gewannen Kommunisten und Sozialisten 1936 die Wahlen. Damit war die Stavisky-Affäre eine unmittelbare Ursache für die Volksfront.
Die Rechte fand sich mit diesem Fehlschlag nie ab und nahm während der deutschen Besatzung Rache. Damit vergiftete die Stavisky-Affäre über zehn Jahre lang die französische Politik und förderte eine bürgerkriegsähnliche Stimmung.
Manchmal kommt es vor, dass Betrüger eine entscheidende Rolle in der Geschichte spielen. Das lag sicher nie in ihrer Absicht und ist auch nicht besonders moralisch. Aber es ist nun mal so.
Ein kostbares Metall
Frankreich, 1987.
»Das ist ein ausgezeichnetes Geschäft. Wenn Sie geduldig ein paar Monate abwarten, können Sie hundertprozentig mit einem großen Gewinn rechnen. Es ist eine einmalige Gelegenheit und es gibt praktisch keine Konkurrenz.«
Daniel Lecourtois, ein Großgrundbesitzer, verzog den Mund und dachte nach. Vor ihm lag auf einem kleinen Tischchen ein Stück Metall, das in Zellophan verpackt war und wie Aluminium aussah. Auf der anderen Seite stand Julien Duruit, der seit einigen Jahren Lecourtois Vermögen verwaltete. Jeden seiner Sätze unterstrich Duruit mit einer wirkungsvollen Geste mittels seines Füllhalters. Heute schlug er Lecourtois eine ungewöhnliche Investition vor, den Erwerb eines seltenen Metalls namens
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