Der Fälscher aus dem Jenseits
angesehenen Namen nur ein paar Gauner und ein kleines zweifelhaftes Büro verbargen. Als man dort anrief, meldete sich eine Hausfrau und Mutter, die seit kurzem dort wohnte und wahrlich andere Probleme als den Verkauf von Germanium hatte.
Es kam noch schlimmer. Lecourtois entdeckte bei seiner enttäuschenden Ermittlung der Absatzmärkte, dass der Germaniumhandel ausschließlich auf Spezialisten und auf nur wenige Nutzindustrien beschränkt war. Man erklärte ihm, dass keiner von diesen Industriezweigen jemals das Risiko eingehen würde, auch nur ein halbes Pfund des Edelmetalls von einer Privatperson zu erwerben, die es, weiß der Teufel wo, gekauft und manipuliert haben könnte. Einer Privatperson gegenüber habe man nämlich bei Schwierigkeiten keinerlei Regressanspruch. Das Ende vom Lied war, dass Lecourtois — wollte er seinen vier Kilo schweren Germaniumbarren loswerden — nur eine Lösung blieb: ihn der Müllabfuhr zu übergeben.
Der falsche Utrillo
Der perfekte Schwindel — der zugleich die meiste Freude bereitet — ist der, bei dem das Opfer selbst versucht hat, unehrlich zu sein. Wenn es entdeckt, dass es hereingelegt wurde, muss es sich dann selbst die ganze Schuld zuschreiben. Dazu ist die Geschichte vom falschen Utrillo das perfekte Beispiel. Sie gleicht einer kleinen Fabel, der man den Titel »Der bestohlene Dieb« oder »Wer anderen eine Grube gräbt...« geben könnte.
Sie ereignete sich Anfang der Fünfzigerjahre in Paris. Die Hauptrollen spielten ein amerikanischer Multimillionär, den wir aus Gründen der Diskretion Smith nennen wollen, und ein damals sehr renommierter Kunsthändler, den wir aus denselben Gründen Durand taufen.
Da niemand perfekt und ohne Fehler ist, besaß auch Smith zugleich eine gute und eine schlechte Seite. Seine gute Seite war sein Interesse an der Kunst, insbesondere an der Malerei. Er gab sein Vermögen dafür aus, eine der schönsten Gemäldesammlungen der Welt zusammenzustellen, die er nach seinem Tod verschiedenen Museen vermachte. Die schlechte Seite war seine Geldgier, dank derer er es auch, von Null angefangen, zum Multimillionär gebracht hatte. Seine permanente Habsucht war schon fast sprichwörtlich und seine Knauserei erboste die Angestellten aller Luxushotels, in denen er abstieg. Kein Portier, Hotelpage oder Kellner konnte sich daran erinnern, von Smith je ein Trinkgeld bekommen zu haben.
Kurz und gut, für Durand war Mr Smith ein guter Kunde, doch auch ein gräulicher Geschäftsfreund. Er kaufte viel und mit sehr viel Verstand, aber immer nur nach harten Verhandlungen. Er krittelte, nörgelte und mäkelte. Das trieb er schließlich so weit, dass Durand einen Plan ausheckte, um dem Amerikaner zu zeigen, dass man einen Kunsthändler nicht mit einem Teppichhändler verwechseln darf. Nebenbei wollte er sich wohl auch auf seine Kosten bereichern.
Eines Tages erwarb Smith nach dem üblichen Gefeilsche mehrere abstrakte Bilder zeitgenössischer Maler, da er sich nicht nur für etablierte Künstler interessierte, sondern auch mit jungen Talenten spekulierte. Mit Durand ging er daraufhin ins Büro, das gleich neben der Galerie lag, um den Scheck auszustellen.
Wie üblich herrschte in diesem Raum eine perfekte künstlerische Unordnung. Überall lagen und standen Gemälde herum, die entweder eben verkauft worden waren oder im Gegenteil darauf warteten, ausgestellt zu werden. Ohne Umschweife zückte Mr Smith seinen Füller, ganz nach der Devise »Time is money«, als er plötzlich innehielt. Auf dem Boden gleich neben dem Papierkorb war ihm ein rahmenloses Bild aufgefallen, das die Place du Tertre in Paris darstellte und mit »Utrillo« signiert war.
»Was ist denn das?«
»Was denn? Ach ja, der falsche Utrillo!«
»Darf ich mir den anschauen?«
»Wenn Sie möchten.«
Der Multimillionär hob das herumliegende Gemälde auf und untersuchte es lange. Der Direktor der Galerie machte ein fröhliches Gesicht: »Nicht übel imitiert, oder?«
»Ja, nicht übel...«
»Nicht übel« war stark untertrieben! Vom ersten Moment an war sich Mr Smith sicher, dass er da keinen falschen Utrillo in der Hand hielt, sondern einen echten. Noch dazu nicht irgendeinen beliebigen. Ein Beispiel der weißen Periode, der besten und teuersten. Er war zwar kein Experte im strikten Sinne des Wortes, aber er kannte sich gut genug aus, um sich nicht zu irren. Sein Gesprächspartner rief ihn in die Wirklichkeit zurück.
»Was also unsere Abstrakten angeht...«
»Moment mal! Das
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