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Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition)

Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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leugnet.«
    »Und das ist alles, was Sie sagen können, wenn der Richter Sie in den Zeugenstand ruft? ›Irgendetwas mit Kunstwerken‹? Spätestens da würde das Verfahren mit einem glasklaren Freispruch enden – und damit, dass Ihre Karriere ruiniert ist.«
    »Sie ist bereits ruiniert.«
    »Man kann immer noch etwas tiefer fallen.«
    »Sie werden also keine Anklage erheben?«
    »Ich möchte nicht mit Ihnen fallen. Das überrascht Sie nicht wirklich, oder?«
    »Nein«, gesteht Stave und atmet tief durch. »Wäre ich noch bei der Mordkommission, dann würde ich jetzt trotzdem weiterbohren.«
    »Selbst dann würde ich keine einzige Deutsche Mark auf Ihren Erfolg wetten.«
    »Ich habe noch etwas für Sie.« Der Kripo-Beamte lächelt dünn. »Sagen wir: Einen Gruß von einem Kollegen.« Er legt Ehrlich die Karteikarte der Gestapo vor, dazu sein Protokoll, und berichtet alles, was er von Dönneckes Vergangenheit in der Nazizeit weiß. »Dieser Gestapo-Agent Greiner«, schließt er, »ist einer von den Kerlen, gegen die Sie ermitteln. Ich denke, dass er gegen Dönnecke aussagen würde, wenn man ihn mit den richtigen Worten darum bittet.«
    »Sie meinen, wenn ich ihn vom Haken lasse?«
    »Greiner mag ein Schwein sein. Dönnecke ist ein Sadist und ein Mörder.«
    »Täter wie er gehen einem selten ins Netz. Sie hinterlassen so wenige Spuren.«
    »Dieser hier schon.«
    Ehrlich greift nach der alten Karte. »Gibt es davon noch mehr?«
    »Wenn ich Greiner richtig verstanden habe, ja.«
    Der Staatsanwalt nimmt seine Brille ab und putzt sie umständlich. »Das reicht für eine Anklage gegen Dönnecke.« Sein Tonfall ist sachlich, doch Stave spürt in den Worten eine unbeugsame Entschlossenheit. Sein Herz schlägt schneller: Sie werden Dönnecke unter das Fallbeil bringen!
    »Ein Versprechen müssen Sie mir jedoch geben«, fährt Ehrlich fort und deutet mit den Bügeln seiner Brille auf ihn. »Sie müssen vor Gericht erscheinen – als Zeuge der Anklage!«
    »Es wird mir ein Vergnügen sein«, verspricht Stave.
    Der Oberinspektor schweigt danach lange und denkt über das kommende Verfahren nach. Dönnecke wird der schlimmste Mörder sein, den er je zur Strecke gebracht hat – und das, obwohl er nicht mehr zur Mordkommission gehört.
    Schließlich fällt sein Blick zufällig auf die »Zeit«, deren neueste Ausgabe auf einem Ecktisch liegt. »Die Zeitungen sind voll mit Geschichten über Israel«, sagt er. »Der neue Staat in Palästina. Die Utopie. Der sichere Hafen der Juden. Warum tun Sie sich das alles hier an? Sie sind in Hamburg gedemütigt und entlassen worden. Ihre Frau ist hier in den Tod getrieben worden. Ihre Kinder sind längst in England auf Internaten. Sie hören sich Geschichten von einem Kerl an, der bewusstlose Kinder in einem Keller aufknüpft, und werden gegen den Mörder Anklage erheben und sich damit vor Gericht monate- oder sogar jahrelang befassen. Warum gehen Sie nicht und lassen alle Täter in diesem Trümmerhaufen zurück?«
    »Sehen Sie mich an«, erwidert Ehrlich in einer Mischung aus Stolz und Trauer. »Sehe ich aus wie ein Zionist, der mit dem Spaten in der einen Faust und einem Gewehr in der anderen einen Kibbuz in der Wüste errichtet? Mein Platz ist in Hamburg – gerade weil ich hier gedemütigt worden bin. Gerade weil meine Frau hier begraben ist. Gerade weil hier Kinder in Kellern ermordet worden sind. Und ein verkrüppelter Prokurist in einem Kontorhaus.«
    Stave lächelt. »Schön zu wissen, dass nicht jeder geht. Ich werde Greiner befragen und noch mehr Fakten über Dönnecke zusammentragen. Wenn je eine Anklage wasserdicht ist, dann wird es diese sein.«
    »Und Ihre anderen Ermittlungen?«
    »Ich werde mich weiter nach Spuren von Rolf Rosenthal umsehen. Nach Spuren, die irgendwann vielleicht doch auf einen gewissen Hamburger Bankier weisen werden. Die Kunstwerke übergebe ich dem Museum. Die Akten wandern in den Schrank.«
    »Man kann nicht immer gewinnen.«
    Abends hält er Anna in den Armen. Sie verbringt die Nacht bei ihm. Sie haben sich nicht die Mühe gemacht, ihren Besuch zu verheimlichen. Sollen sich die Nachbarn ruhig daran gewöhnen. Windböen klatschen Regen gegen die Scheiben, es klingt, als schlüge jemand mit einem feuchten Handtuch gegen das Glas. Über die Ahrensburger Straße knattert ein Motorrad, die Fehlzündungen knallen wie Schüsse.
    Im Radio bringt der NWDR ein Hörspiel über Schweine, die das Vieh eines Bauernhofes zur Revolution gegen ihren Herren anstacheln und

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