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Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition)

Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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»Hätte ich bis heute gewartet, dann wäre ich jetzt um ein paar Pfennige reicher. Das ist ein Witz, dafür hätte ich dieses Risiko gar nicht eingehen müssen. Ich habe mir gedacht, du verkaufst die Scheine vorher, dann bekommst du einen besseren Preis. Ein Paar Kinderschuhe vielleicht. Oder«, er wird rot, »vielleicht Damenstrümpfe.«
    »Haben Sie einen guten Preis erzielt?«
    Flasch sieht zu Boden und schweigt.
    »Na, muss ich auch nicht wissen«, murmelt der Oberinspektor versöhnlich. »Auf jeden Fall sind die Scheine ziemlich schnell bei den Engländern gelandet. Und die haben sich mächtig darüber aufgeregt.«
    »Daran habe ich gar nicht gedacht. Ich habe geglaubt, dass das keine großen Kreise ziehen wird. Sind doch bloß ein paar Pfennige. Und jetzt fällt es eh niemandem mehr auf.«
    »Jetzt ist es zu spät.«
    »Lassen Sie mich laufen. Es sind doch nur ein paar Pfennige«, fleht Flasch.
    Stave zögert eine Winzigkeit. Untersuchungshaft. Gerichtsverfahren. Ein englischer Richter wird Flasch verurteilen. Ein Jahr Haft? Auf jeden Fall wird der Bankmitarbeiter seinen Beamtenstatus verlieren. Keine Arbeit und eine Familie zu Hause. Das alles für ein paar Pfennige. Dann wirft er Ruge einen raschen Blick zu. Ein Zeuge der Verhaftung. »Ich kann Sie nicht vom Haken lassen«, sagt er entschuldigend und überlegt sich, Flasch doch noch Handschellen anzulegen. Nicht, weil der fliehen würde, sondern weil er fürchtet, er könnte sich auf dem Weg vor ein Auto oder vor die Straßenbahn werfen. Am Ende entscheidet er sich dagegen.
    »Machen wir einen Spaziergang bis zur Kripo-Zentrale«, ordnet er an.
    »Auf dieses Vergnügen werde ich wohl in Zukunft verzichten müssen«, erwidert Flasch und trottet ergeben neben den beiden Polizisten den Bürgersteig entlang.
    Später ist Stave allein in seinem Büro. Flasch sitzt in Untersuchungshaft, Ruge hat er nach Hause geschickt. Jetzt greift er zum Hörer. MacDonald wird erfreut sein, denkt er. Da es Sonntag ist, wählt er die Privatnummer des Lieutenants. »Hallo?« Eine weibliche Stimme. Stave ist für einen Moment so verblüfft, dass er keinen Ton herausbringt. Dann erkennt er die Stimme wieder.
    »Frau Berg!«, ruft er. »Frau MacDonald«, korrigiert er sich hastig.
    »Zu spät, Herr Oberinspektor. Ich habe Sie erkannt. Immer im Dienst, so wie früher?« Ihre Fröhlichkeit. Plötzlich zieht es Stave das Herz zusammen vor Sehnsucht. Sehnsucht nach der alten Zeit, nach der Mordkommission, nach Ernas unzerstörbarem Optimismus. Sentimentalitäten. Ich werde weich. Und doch bleibt da ein Stich Verlangen zurück. Verlangen danach, sonntags auch zu Hause zu sitzen, mit einer Frau, die lachend ins Telefon spricht.
    »Wie geht es Iris?«
    »Die Kleine saugt mich leer. Sie schreit die ganze Nacht. Sie verdreckt mehr Windeln als eine Kompanie Soldaten mit der Ruhr. Alles so, wie es sein soll.«
    Stave würde sie gerne noch nach ihrem Sohn fragen. Nach ihren Plänen. Nach dem bald bevorstehenden Umzug. Ob sie schon weiß, wohin es gehen wird? Doch das scheint ihm indiskret zu sein. »Ist Lieutenant MacDonald zu sprechen?«, presst er stattdessen hervor.
    »Sie wollen mir James doch nicht etwa am Sonntag entführen?« Ein Körnchen Sorge in der Stimme.
    »Im Gegenteil: Ich werde seine Wochenendlaune noch verbessern.«
    »Dann lautet die Antwort: Ja, James ist zu sprechen.«
    »Alter Junge, Sie sind nicht beim Gottesdienst?«
    Stave ist einen Augenblick lang verwirrt. »Ich gehe noch hin. Und stopfe ein paar Scheine in die Kollekte«, erwidert er schließlich.
    »Fünf- und Zehn-Pfennig-Scheine? Sie haben den Kerl?«
    »Der König von England und der Präsident der Vereinigten Staaten können wieder beruhigt schlafen gehen: Der Saboteur der neuen Währung sitzt hinter Schloss und Riegel.« Stave berichtet von der Aufklärung des Falles.
    »Acht Zehn-Pfennig-Scheine und zwanzig Fünfer«, resümiert MacDonald und lacht schallend. »1,80   Deutsche Mark und das Britische Empire wackelt! Das überrascht Sie nicht, natürlich. Ich bin froh, dass wir keine viel größere undichte Stelle im System haben. Stellen Sie sich vor, es wäre irgendeiner bei uns Alliierten gewesen. Oder gar der Leibhaftige: Uncle Joe Stalin, der not amused ist, dass in der Trizone die Deutsche Mark eingeführt wird, und der uns eine Laus in Gestalt eines NKWD-Saboteurs ins Fell gesetzt hätte. Was hätten wir getan, wenn Stalin tatsächlich dahintergesteckt hätte? Wären wir nach Sibirien marschiert? Gott, bin

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