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Der Faenger im Roggen - V3

Titel: Der Faenger im Roggen - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Salinger
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seines Onkels weitererzählt? Oder
    falls die Schienen seines Onkels ein so aufregendes Thema sind, warum entscheidet er sich dann
    nicht lieber von Anfang an für dieses Thema - anstatt für die Farm?«
Ich war nicht zum Denken und Sprechen aufgelegt. Ich hatte Kopfweh und fühlte mich
    miserabel.
Ich hatte sogar eine Art Magenkrämpfe, falls das jemand interessiert.
»Ja - ich weiß nicht. Wahrscheinlich schon. Ich meine, wahrscheinlich hätte er tatsächlich
    seinen Onkel als Thema nehmen sollen und nicht die Farm, wenn er das interessanter fand. Aber
    ich meine eben, oft weiß man ja gar nicht, was man am interessantesten findet, bis man von
    etwas zu reden angefangen hat, das man nicht am interessantesten findet. Ich meine, manchmal
    kann man das doch gar nicht verhindern. Ich finde, wenn jemand wenigstens überhaupt interessant
    erzählt und mit irgend etwas in Schwung kommt, sollte man ihn in Ruhe lassen. Mir gefällt es,
    wenn jemand angeregt erzählt. Es ist sympathisch. Sie haben eben diesen Lehrer nicht gekannt.
    Dieser Mr. Vinson konnte einen manchmal verrückt machen, er und die ganze verdammte Klasse. Er
    sagte immer, man müsse vereinfachen und zusammenfassen. Aber mit manchen Sachen geht das
    einfach nicht. Ich meine, man kann doch nicht etwas vereinfachen und zusammenfassen, nur weil
    jemand das verlangt. Sie hätten eben diesen Mr. Vinson kennen sollen. Ich meine, er war wohl
    sehr intelligent so und so, aber man hat trotzdem gemerkt, daß er nicht viel Verstand
    hatte.«
»Kaffee, meine Herren - endlich«, sagte Mrs. Antolini. Sie trug Kaffee und Kuchen und so 'n
    Zeug auf einem Tablett herein. »Holden, schau mich nur nicht an. Ich sehe gräßlich aus.«
»Hallo, Mrs. Antolini«, sagte ich. Dabei wollte ich aufstehen, aber Mr. Antolini hielt mich an
    der Jacke fest. Mrs. Antolini hatte lauter metallene Lockenwickler in den Haaren und war ohne
    Make-up und Lippenstift und so. Sie wirkte nicht gerade hinreißend. Ziemlich alt sogar.
»Ich stell euch das einfach hier hin«, sagte sie. »Langt nur tüchtig zu.« Sie schob alle Gläser
    auf die Seite und stellte das Tablett auf den Rauchtisch. »Wie geht's deiner Mutter,
    Holden?«
»Sehr gut, danke. Ich habe sie zwar länger nicht gesehen, aber das letzte-«
»Lieber, wenn Holden irgend etwas braucht, findest du alles im Wäscheschrank. Im obersten Fach.
    Ich geh ins Bett. Ich bin erledigt«, sagte Mrs. Antolini. Sie machte tatsächlich einen
    erledigten Eindruck. »Könnt ihr beide die Couch selber herrichten?«
»Wir werden schon mit allem fertig werden«, sagte Mr. Antolini. Er gab ihr einen Kuß, und sie
    sagte mir gute Nacht und ging ins Schlafzimmer. Sie küßten sich immer vor Leuten und ziemlich
    oft.
Ich trank eine halbe Tasse Kaffee und aß ein Stück Kuchen, das steinhart war. Mr. Antolini nahm
    nun wieder ein Glas Whisky mit Eis. Er machte ihn sich immer sehr stark. Wenn er sich nicht in
    acht nimmt, könnte er ein Säufer werden.
»Vor ein paar Wochen habe ich mit deinem Vater zu Mittag gegessen«, sagte er plötzlich. »Hast
    du das gewußt?«
»Nein, das wußte ich nicht.«
»Aber du bist dir natürlich klar darüber, daß er sich deinetwegen große Sorgen macht.«
»Ja, das weiß ich, das weiß ich«, sagte ich.
»Bevor er mich anrief, hatte er offenbar gerade einen langen und eher beunruhigenden Brief von
    deinem letzten Rektor bekommen - des Inhalts, daß du dich absolut nicht anstrengtest. Daß du
    Stunden schwänzt - und dich für keine Lektion vorbereitest. Kurz ausgedrückt, daß du auf der
    ganzen Linie -«
»Ich habe keine Stunden geschwänzt. Das durfte man nicht. In ein paar bin ich ein paarmal nicht
    gegangen, aber geschwänzt habe ich keine.«
Ich war nicht in der Stimmung für eine Diskussion. Nach dem Kaffee war es mir im Magen besser,
    aber ich hatte immer noch diese fürchterlichen Kopfschmerzen.
Mr. Antolini zündete sich wieder eine Zigarette an. Er rauchte unsinnig viel. Dann sagte er:
    »Offen gesagt, weiß ich gar nicht, was ich dir noch sagen soll, Holden.«
»Ich weiß. Man kann schwer mit mir sprechen, das weiß ich.«
»Ich habe das Gefühl, daß du dich irgendeinem schrecklichen, schrecklichen Sturz näherst. Aber
    ich könnte nicht sagen, welcher Art... Hörst du mir zu?«
»Ja.«
Offensichtlich versuchte er sich sehr zu konzentrieren.
»Es kann die Art von Herunterkommen sein, daß du im Alter von dreißig Jahren in irgendeiner Bar
    sitzt und einen Haß gegen jeden fühlst, der so aussieht, als ob er im

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