Der Faktor X
er nutzlos. Aber er wollte nichts wegwerfen, ehe er nicht ganz sicher war. Ein Ring – Diskan drehte ihn langsam. Der tief purpurne Stein schimmerte und blitzte nicht in der Sonne; er war düster und matt. Die Sitte auf Vaanchard verlangte, daß man ihn trug.
Und jetzt konnte er seinem Schatz sechs Zähne hinzufügen, rauchgeschwärzt vom Feuer, die vielleicht kaum mehr Wert hatten als all die anderen Dinge. Er stopfte alles zurück in die Tasche, die Zähne obenauf.
Seine Kleidung, unter all dem Schmutz und Schlamm, schien die rauhe Behandlung durch die Reise gut überstanden zu haben.
Diskan inspizierte seine Stiefel sorgfältig. Hie und da entdeckte er Schrammen und Schnitte, aber die Sohlen waren erstaunlicherweise noch in Ordnung. Und sein Umhang aus dem Kokonstoff, dieses Gebilde aus herabhängenden Fetzen, war immer noch ein echter Schutz.
Er lebte; er hatte Nahrung und Feuer, und er war frei. Diskan lehnte sich an einen ausgewachsenen Felsen und starrte in die eisige Strömung in der Mitte des Baches, der weiter oben ziemlich turbulent zu sein schien. Das Tal des Flüßchens schien ein leichterer Weg ins Landesinnere, und hier gab es auch genügend Feuerholz. Er hatte einen Teil seiner Mahlzeit für später aufgehoben. Und die Sonne, obgleich sie nicht sehr kräftig war, schien ihre Strahlen auf dieses Tal zu konzentrieren, so daß sogar ein paar der Schneeflecke zu schmelzen begannen.
Außer dem toten Tier hatte Diskan in diesem Teil des Landes noch kein Lebewesen ausgemacht. Vielleicht hatte das Festmahl bei der Brandstelle die meisten Raubtiere angezogen.
Andererseits war das Klima für seine schäbige Ausrüstung natürlich viel zu rauh. Und er konnte nicht wissen, ob es nicht noch schlimmer werden würde, ob die kälteste Periode nicht erst vor ihm lag. Er hatte keine Waffen, keine Ahnung, wie lange dieser kleine mineralische Klumpen ihm noch Feuer liefern würde oder wie viele Tiere dieses Landes sein Eindringen in ihre Jagdgründe zu verhindern versuchen würden.
Diskan begann das Treibholz um sich herum zu untersuchen. Ein Stück davon erweckte seine Aufmerksamkeit. Es war ein wenig anders in Farbe und Form. Er kniete nieder und riß es aus dem gefrorenen Boden.
Er hielt ein rindeloses Stück in der Hand, das früher einmal wohl ein Ast gewesen war. Es war so dick wie sein Handgelenk und von stumpfgrüner Farbe. Ein Ende war knotenartig verdickt, mit spitzen Ansätzen von kleineren Ästchen, die hier gewachsen waren. Das andere Ende bildete an der Bruchstelle eine scharfe Spitze.
Diskan schwang das Stück prüfend durch die Luft. Irgendwie lag es gut in der Hand. Der Knoten konnte als Keule, die scharfe Spitze als eine Art kurzer Speer dienen. Mit ein wenig zusätzlicher Arbeit wurde dies zu einer Waffe – Welten entfernt von einem Blaster oder einer Betäubungspistole oder irgendwelchen anderen Waffen der stellaren Zivilisation, aber immerhin eine Waffe.
Das verschmorte Fleisch an den Gürtel geknotet, den Keulenspeer in der Hand, entfernte sich Diskan von dem inzwischen verstorbenen Feuer. Er ging aufrecht, mit festen Schritten, und musterte prüfend das Land ringsherum.
4
Obgleich seine Wolke die Strahlen der Sonne abschirmte, war die Klamm, durch die sich der kleine Fluß schlängelte, von Schatten umsäumt, und Diskan sah, daß die Wände zu beiden Seiten langsam höher wurden. Es wurde immer kühler zwischen den Felswänden, und die frosterstarrten Büsche wurden spärlicher. Er stand vor der Wahl, die Nacht hier zu verbringen, wo er noch etwas Nahrung für sein Feuer auftreiben konnte, oder das Risiko auf sich zu nehmen, weiter ins Unbekannte vorzudringen. Schließlich entschied er sich, zu bleiben.
Sein Feuer brannte, und er war dabei, noch mehr Brennmaterial für die Nacht zusammenzusuchen, als er plötzlich zusammenzuckte und nach der Keule an seinem Gürtel griff. Das Gefühl, beobachtet zu werden, war so deutlich gewesen, daß er völlig verwirrt war, als er sich umdrehte und nichts entdecken konnte außer Felsen, gefrorener Erde und den zerbrochenen Büschen. So wie er es beurteilen konnte, gab es zu beiden Seiten in den Felswänden nicht eine einzige Spalte, die groß genug gewesen wäre, um einem möglichen Feind Deckung zu gewähren.
Und doch – er war sicher, daß da irgend etwas – oder irgend jemand ihn beobachtete. Diskan zog seine Waffe aus dem Gürtel und gebrauchte sie, um ein am Boden angefrorenes Stück Treibholz zu lösen. Er hoffte, daß sein
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