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Der Faktor X

Der Faktor X

Titel: Der Faktor X Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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Lefzen entdeckte, stellten eine Bedrohung dar. Und doch – nichts in der Art, wie das Wesen sich seinem Lager genähert hatte, ließ darauf schließen, daß es sich auf ihn stürzen wollte. Handelte es sich um den Beherrscher dieser Gegend, der sein Jagdgebiet so sicher beherrschte, daß er ihn überhaupt nicht als einen Feind, den er fürchten mußte, einstufte? Die Neugierde war bei vielen Tieren stark ausgeprägt.
    Sein Geruch, sein Feuer, seine Fährte konnten jenes Ding angelockt haben, das ihn nun mit kühler Aufmerksamkeit musterte. Und wenn er keine bedrohliche Geste machte, würde es sich vielleicht wieder zurückziehen, sobald seine Neugierde befriedigt war. Aber das Wesen hockte sich bequemer auf seine Hinterbeine, als habe es beschlossen, noch eine Weile hierzubleiben. Diskan wußte wenig über Tiere, außer dem, was er bei seinen eigenen ungeschulten Beobachtungen festgestellt hatte. Als sich jedoch seine erste Überraschung gelegt, und der Besucher.
    Immer noch keine Anstalten gemacht hatte, sich zu bewegen, wurde seine eigene Neugier immer stärker.
    Es war auf vier Beinen gekommen, dachte er, also war das die Art, in der es sich normalerweise fortbewegte. Es schien sich aber auch in seiner gegenwärtigen aufrechten Stellung wohl zu fühlen. Und dann war da noch etwas Eigenartiges an der Art, wie es die Vorderpfoten hielt.
    Er sollte sich dringend um sein Feuer kümmern, aber wagte er es, sich zu bewegen? Die geringste Bewegung konnte seinen Besucher beunruhigen, konnte der Anlaß zu einem Angriff sein. Oder es vertreiben, und Diskan wurde sich plötzlich bewußt, daß er das auch nicht wollte, zumindest nicht, bis er mehr über dieses Wesen herausgebracht hatte.
    Er hoffte, sich noch einmal so langsam und sicher wie möglich bewegen zu können, und streckte eine Hand aus. Aber der alte Fluch, der auf ihm lastete, ließ ihn die Entfernung verschätzen und er stieß einen Stapel Äste um. Krampfhaft umschloß seine Faust die Keule. Er wartete.
    Aber sein Besucher bewegte sich nicht. Der wendige Kopf blieb aufrecht, die roten Augen betrachteten Diskan immer noch ruhig. Er griff nach den nächstliegenden Holzstücken und warf sie in das Feuer. Die Flammen schossen hoch und bildeten für einen Augenblick einen flackernden Vorhang zwischen ihm und dem schweigenden Beobachter. Als er ihn wieder sehen konnte, hatte er sich ein wenig zurückgezogen und wieder voll aufgerichtet. Aber der schlaffe Körper des Tieres, das er mitgebracht hatte, lag immer noch, wo er ihn hingelegt hatte.
    Diskan betrachtete das Beutestück und dann seinen Besucher.
    »Du hast dein Abendessen vergessen.« Seine Worte erschienen ihm zu schrill, ein wenig holperig, aber zu seinem Erstaunen wurde ihm geantwortet.
    Wie könnte man das Geräusch beschreiben, das aus Cum Gehege dieser scharfen Fänge kam – nicht ganz ein Zischen, aber auch kein richtiges Knurren. Ein sanfter Laut, der, wie Diskan glaubte, eine Warnung sein konnte. Wieder spannte er sich, wartete er auf irgendein Zeichen eines bevorstehenden Angriffs. Und in diesem Augenblick kam ihm eine ganz seltsame Idee. Dieses Tier – es benahm sich so, als erwarte es eine ganz bestimmte Reaktion von ihm!
    Hatte es eine Warnung abgegeben, die seine eigene Art verstand und respektierte – etwa in der Art »verlaß mein Gebiet oder zieh die Konsequenzen«? Seine Passivität konnte gefährlich werden. Wieviel Intelligenz steckte hinter diesen rotglimmenden Augen, verwertete und registrierte, was sie sahen? Die Menschheit hatte schon lange gelernt, daß Intelligenz und humanoider Körper nicht immer und unbedingt miteinander Hand in Hand gehen mußten. Es gab humanoide Tiere – und nichthumanoide ›Menschen‹. Was hatte er hier vor sich?
    Diskans ganze Schulausbildung hatte in der Kinderbewahranstalt stattgefunden. Seine Abneigung und seine Furcht vor der unpersönlichen Autorität, die hier ausgeübt wurde, hatten bewirkt, daß er gegen das Lernen gewesen war, und daraufhin hatte man ihn als hoffnungslosen Fall aufgegeben. Er hatte das Training des Geistes bekämpft, wie er gegen das ganze System gewesen war, in das er einfach nicht passen konnte und niemals passen würde. Was er wußte, war später gekommen, war zusammengesetztes Flickwerk von bruchteilhaften Informationen und eigenen Beobachtungen, nachdem er erkannt hatte, daß er das Gute mit dem Schlechten zusammen weggeworfen hatte. Jetzt hatte er nur wenig Hintergrund, auf dem er seine Vermutungen aufbauen konnte – und

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