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Der Faktor X

Der Faktor X

Titel: Der Faktor X Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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plötzliches Aufmerken seinen Verdacht nicht verraten hatte. Es konnte ein kleiner Vorteil für ihn sein, wenn der Verborgene immer noch annahm, er habe keinerlei Verdacht geschöpft. Diskan sammelte das Holz mit der Linken ein und behielt die Keule abwehrbereit in der Rechten.
    Zweimal kehrte er ans Feuer zurück, um seine Last abzuladen. Er versuchte, den Unbekannten ausfindig zu machen. Kein Loch in den Felsen, kein Busch, der groß genug war, um sich dahinter zu verbergen. Oder doch? Er suchte sich einen vom Wasser glattgewaschenen Felsen und lehnte sich dagegen.
    Mit dem Daumen rieb er über das Knotenende seiner Keule. Ein Stück Holz. Welche Wirkung konnte eine solche Waffe bei der Verteidigung gegen einen unbekannten Angreifer haben? Diskan befühlte die zackigen Reste der abgebrochenen Zweige. Vage dachte er daran, vielleicht die Zähne daran zu befestigen. Aber wie sollte er sie festmachen? Wenn es um Handarbeit ging, hatten seine plumpen Finger immer versagt.
    »Langsam«, murmelte er beruhigend vor sich hin. »Du hast doch Zeit!« Nachdenklich blinzelte er in das Feuer.
    Die Nacht brach herein. War es das, was den unbekannten Beobachter die ganze Zeit über in seinem Versteck gehalten hatte? War es ein Jäger, der nur nachts zuschlug? Diskan maß mit den Augen seinen Holzstapel. In der vergangenen Nacht hatte er wenig geschlafen, und er war sich nicht sicher, ob er jetzt noch sehr lange wach bleiben konnte. Und wenn das Feuer erstarb, konnte die Kälte ebenso gefährlich für ihn werden wie der Unbekannte. Die Sonne war bereits aus dem kleinen Tal gewichen, und die Schatten krochen langsam auf seine kleine Oase der Wärme zu.
    Bewegung! Diskan hielt die Keule fest in der Hand. Ganz sicher hatte er einen Schatten von einem Felsen zum anderen huschen gesehen. Ein Tier? Konnte er vielleicht …
    Zum ersten Mal wurde ihm richtig bewußt, wie er mit dem Varch umgegangen war. Ob er den Eindringling ebenso behandeln konnte? Aber er hatte etwas über die Varche gewußt, hatte ihre Gewohnheiten gekannt. Und auf Nyborg hatte er auch Mißerfolge gehabt, als er versucht hatte, mit wilden Tieren fertig zu werden, denen die menschliche Rasse völlig unbekannt war.
    Aber – Diskan konnte kein Gedankenbild eines Schattens entstehen lassen. Seine suchenden Gedanken hatten kein Ziel. Da gab es die pelzigen Kreaturen, die roten Flieger und jenes Tier, dessen Fleisch er gegessen hatte. Er konzentrierte sich auf das Gedankenbild jedes einzelnen nacheinander – kein Erfolg. Ein Schatten war eben kein geeignetes Ziel.
    Jenseits der Wahrnehmungsgrenzen in Diskans Geist rührte sich etwas – stieg die Konzentration an. Die schattenhafte Gestalt bebte, alle Muskeln wurden durch die angespannten Nerven in Bereitschaft versetzt. Ein Sinn, für den der Mensch keinen Namen hatte, trat in Aktion. Der Schatten wartete, erst begierig, dann ungeduldig und schließlich mit ersterbender Hoffnung, die in Resignation endete. Ein Kopf bewegte sich; die Kinnbacken öffneten und schlossen sich. Also auf die andere Art – die langsamere Kontaktaufnahme. Ein schlanker Körper glitt über den Fels, eine Last hinter sich herschleifend.
    Diskan saß ganz still. Der Schatten hatte Gestalt angenommen. Ein dunkler Schemen löste sich von dem Felsen, näherte sich mit einer eigenartig hinkenden Bewegung. Trotz der zunehmenden Dunkelheit, die das Tal erfüllte, konnte Diskan die Kopfform des Wesens ausmachen – und sie war ziemlich mißgestaltet. Dann sah er, daß es den schlaffen Körper eines anderen Tieres hinter sich herschleppte.
    Am äußersten Rande des Feuerscheins wurde die Last abgelegt, und das Wesen erhob sich zu einer schlanken, pelzbewachsenen Säule. Rote Punkte, leuchtender als jeder Edelstein auf den Kragen der Bewohner von Vaanchard, blickten ruhig aus dem Kopf, der kaum größer war als der Hals, der ihn trug. Das Wesen war immerhin so groß, daß es, wenn es sich auf seinen kräftigen Hinterbeinen voll aufrichtete, Diskan bis etwa an die Schulter reichte. Und seine ganze Erscheinung drückte nicht nur Kraft, sondern auch Selbstvertrauen aus.
    Der Pelz, der den Körper dick und schimmernd bedeckte, war dunkel, mit Ausnahme einiger frostig im Schein des Feuers schimmernder Flecken. Die Vorderpfoten, die das Wesen jetzt vor die etwas hellere Brust hob, waren mit Klauen von erstaunlicher Länge ausgestattet.
    Diskan bewegte sich nicht; im Augenblick konnte er es einfach nicht. Diese Fänge, die er als schimmernde Reihe zwischen den

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