Der Falke des Lichts
Dank dafür, daß du gestern die Brücke gehalten hast. Das war gut gemacht.«
Agravains Augen leuchteten auf, und er grinste. »Ich glaube, wir haben es geschafft, sie ein bißchen zurückzuwerfen, Herr.«
»Ein bißchen«, erwiderte Artus und lächelte zur Antwort. »Beim
Himmel, du hast wie ein Löwe gekämpft, wie ein Wolf, der ein Rudel Hirsche in die Flucht schlägt.«
Agravain grinste noch breiter. »Vielleicht war das wirklich so. Und mein Bruder wird auch gelobt, denn er hat gefochten wie ein Falke. Wie ein Falke, der auf einen Taubenschwarm herniederstößt. Er hat den Schilderwall durchbrochen.« Artus sagte nichts. Er ließ die Hand sinken, und erst da bemerkte Agravain, daß irgend etwas nicht stimmte. »Gawain vor allen anderen verdient dein Lob«, sagte er, jetzt zögernder.
»Er hat meinen Dank«, sagte Artus nach langem Schweigen. »Dafür, daß er gestern überhaupt dabei war.«
Ich verbeugte mich leicht, denn ich traute meinen Worten nicht. In meiner Verwirrung und mit meinen verletzten Gefühlen wußte ich nicht, was ich dann vielleicht sagte.
»Was für eine Art Dank ist denn das?« fragte Agravain, der noch immer nichts verstand. »Herr, Gawain hat die Schlacht für uns gerettet.«
»Und dafür hat er meinen Dank. Ich erwarte, daß er jetzt mit Leichtigkeit einen anderen Herrn in Britannien finden wird.«
»Jeden außer dir selbst«, beendete ich den Satz für ihn.
Der Hohe König schaute mich wieder an. Seine Augen waren wie die Nordsee mitten im Winter. »Ich hätte es lieber gehabt, wenn irgendein anderer den Schilderwall durchbrochen hätte«, sagte er mit sehr ruhiger, gleichmäßiger Stimme. »Mit einer Niederlage wäre ich fertig geworden, aber ein Sieg mit den falschen Mitteln ist schlimmer als eine Niederlage. Ohne meinen Traum ist der Krieg sinnlos.«
»Da stimme ich zu, Pendragon«, sagte ich. »Und ich habe für deinen Traum gekämpft. Wenn ich auch nicht sagen kann, daß ich ihn völlig verstehe. Glaubst du wirklich, daß ich durch Zauberei den Schilderwall durchbrochen habe?«
Er mußte mir gar nicht antworten. Sein Blick reichte aus.
Agravain packte seinen Arm. »Was meinst du damit? Hat Gawain denn gestern nichts bewiesen? Er hat den Dank jeden einzelnen Mannes in der Runde verdient, den Dank von ganz Britannien. Von allen, die die Sachsen fürchten!«
»Ich habe ihm meinen Dank auch gegeben«, sagte Artus, noch immer ruhig, aber mit scharfer Kälte. »Das allein ist schon mehr, als ich ihm geben will. Bitte mich nicht um mehr.«
»Du hast nichts getan! Bei den Göttern meines Volkes, wo bleibt deine berühmte Gerechtigkeit? Gawain hat bewiesen.«
»Nichts. Er hat nichts bewiesen, außer daß er Sachsen töten kann. Was wir schon wußten«, schnappte Artus. »Es steht dir nicht an, so mit mir zu sprechen, Agravain ap Lot.«
Agravain wurde rot. »Bei der Sonne! Ich hätte nicht übel Lust, mir einen anderen Herrn zu suchen, zusammen mit meinem Bruder. Einen Herrn, der uns.«
»Du kannst nicht gehen. Du bist Geisel, und ich behalte dich, so daß dein Vater seinem Eid treu bleibt.«
Agravain wurde erst weiß, dann rot vor Zorn. Er packte sein Schwert, und ich ergriff ihn am Arm. Artus schaute ihn nur an und bewegte sich nicht, und Agravain ließ langsam die Hand wieder sinken. Er starrte Artus an.
»Warum?« fragte ich.
Der Hohe König wußte, was ich damit meinte. »Das weißt du schon, Sohn des Lot. Du weißt es sehr gut, allzu gut. Und wollte Gott, es wäre anders!« Er drehte sich auf dem Absatz um und ging. Er schritt zurück in sein Zelt, und diejenigen, die noch Dinge für ihn zu erledigen hatten, traten beiseite und wagten es nicht, ihn anzusprechen.
Aber ich wußte nicht, was er meinte, und Agravain auch nicht. Mein Bruder stand da und starrte seinem König nach, während er dauernd seine Fäuste ballte und wieder entspannte.
»Bei der Sonne«, flüsterte er endlich mit würgender Stimme. »Daß er das kann, er.« Er drehte sich abrupt um. »Gott, warum?«
»Das weiß ich nicht«, meinte Bedwyr müde. Er war bei uns geblieben.
»Still«, sagte ich zu Agravain. »Gegen dich hat er ja nichts. Er war nur wütend über mich.«
»Aber warum?« fragte Agravain zornig. »Du hast ihm doch geholfen, den Sieg zu erkämpfen. Du hast für ihn gefochten, du hast dein Leben riskiert. Welchen Grund hat er denn, zu glauben, daß du es durch Zauberei geschafft hast? Irgendwie hat er dir von Anfang an mißtraut, Gawain. Und viel mehr Grund hätte er gehabt, mich zu
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