Der Falke des Lichts
mich im Gebrauch von verschiedenen Kräutern unterrichtet, und eins ihrer Bücher handelte von den Eigenschaften der Pflanzen. Aber damals hatte ich der Anwendung von Medizin nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt. Ich hatte gelernt, das Schwert und das Messer zu benutzen, aber ich hatte kaum bemerkt, daß beides auch dazu benutzt werden konnte, um Leben zu retten. Dies zu erfahren, das war gut.
Kurz vor Mitternacht schob ich mir das Haar aus den Augen und schaute mich um. Ich stellte fest, daß es nichts mehr zu tun gab. Diener und Verwandte der Verwundeten waren damit beschäftigt gewesen, jeden herauszubringen, der das vertragen konnte, und den anderen hatten sie es bequem gemacht. Auch diese Arbeit war jetzt fast beendet.
»Du gehst jetzt besser und ruhst dich aus«, sagte Gruffyd, der Arzt, mit dem ich am Anfang gesprochen hatte. »Es sei denn. du hattest doch irgend etwas. Deswegen bist du doch ursprünglich hergekommen.«
»Es ist nichts - nur ein Kratzer. Ich wollte mich nur gegen den Brand schützen.«
»Ein kluger Gedanke. Laß mich mal nachsehen.«
Er schaute sich die Wunde an und schüttelte den Kopf. »Nein, wirklich. Wie kannst du das denn für nur einen Kratzer halten? Das geht ja bis auf den Knochen, da und da.«
»Ja?« Ich war überrascht. »So tief sah mir der Schnitt nicht aus, und er hat kaum weh getan.«
»Nun, er scheint wenigstens nicht viel geblutet zu haben. Cadwal-lon, etwas Salbe und eine Bandage.« Er hielt inne und warf mir einen Blick zu. »Du bist doch nicht etwa ein Berserker?«
»Ein was?«
»Ein Berserker. Das ist ein sächsisches Wort. Damit ist einer gemeint, der im Kampf wahnsinnig wird. Die Kraft verdoppelt oder verdreifacht sich, und diese Leute sind gefährlich.«
»Ich bin wirklich in der Schlacht verrückt geworden. Woher wußtest du das?«
Gruffyd grinste. »Nun, selbst hier drinnen haben wir gehört, daß du auf eigene Faust einen sächsischen Schilderwall angegriffen hast« - wir hatten bei einer schnellen Mahlzeit wenigstens die Namen ausgetauscht - »und das war wahnsinnig genug. Aber abgesehen davon hat die Wunde nicht so viel geblutet, wie das nötig gewesen wäre. Ich habe so was schon mal gesehen, aber nur bei Männern, die in der Schlacht verrückt werden.« Er begann, die Wunde zu reinigen. Es stach. »Wir haben alle möglichen Gerüchte über dich gehört - die Anderwelt und Magie, ganz wilde Geschichten. Aber solchen Unsinn erzählt man gewöhnlich von Männern, die Berserker sind. Da hast du also deine Erklärung.« Er rieb etwas Salbe in die Wunde ein. »Obwohl ich diesen Berserker-Wahnsinn für eine ganz unheimliche Sache halte. Leute, die davon befallen sind, schäumen normalerweise aus dem Mund, und sie können Freund nicht mehr von Feind unterscheiden. Zu anderen Zeiten können sie aber auch ausgesprochen sanftmütig sein.« Er blickte aus zusammengekniffenen Augen zu mir auf.
»Niemand hat mir gesagt, daß ich aus dem Mund schäume. Ich glaube nicht, daß es bei mir das gleiche ist.«
»Die Sache ist gefährlich. Das meine ich wenigstens. Ich habe einmal einen Mann gesehen, der in der Schlacht verrückt wurde, und er torkelte hinterher hier herein, mit Wunden, in die man die Faust stecken konnte. Sagte, er hätte noch nicht einmal bemerkt, wo er sie empfangen hatte. Es war ein Wunder, daß der noch stehen konnte. Eine Stunde später ist er gestorben. Nein, das ist keine angenehme Sache, dieser Wahnsinn.«
»Ich freue mich darüber. Es ist eine Gabe.«
Gruffyd warf mir einen forschenden Blick zu, aber ich hatte nicht den Wunsch, von »der Anderwelt und der Magie« zu sprechen. Also sagte ich nichts. Er legte mir den Verband an. »So, das ist erledigt«, sagte er, richtete sich auf, streckte sich und schaute mich dann wieder an. »Vielleicht willst du noch mal zurückkommen und mir helfen, später, nach einer Schlacht. Nein, natürlich nicht sofort nach der Schlacht. Wenn du den Wahnsinn hast, dann brichst du anschließend wahrscheinlich zusammen. Aber später. Ich wäre froh, wenn du wiederkämst. Du hast den Instinkt eines Chirurgen, und das brauchen wir heutzutage.«
»Ich danke dir«, antwortete ich. »Dann werde ich kommen.«
Als ich ging, fühlte ich mich sehr glücklich, und die Worte des Arztes freuten mich mehr als alle Lobreden, die mir die Krieger zuteil werden ließen. Selbst wenn Artus mich abgelehnt hatte, ich hatte in zwei Schlachten gekämpft, und ich hatte gut gekämpft.
Am Vormittag des nächsten Tages kämpfte Artus in
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