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Der Falke des Lichts

Der Falke des Lichts

Titel: Der Falke des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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so sehr dunkel darin.
    Wer ist dieser Gawain? fragte ich mich. Ein Name, aber was liegt dahinter? Etwas, das über meine Begriffe ging.
    Ich lehnte mich auf den Absätzen zurück und schaute zum grauen Himmel auf. Ich erinnerte mich an diese Träume, die ich gehabt hatte. Die Träume, in denen ich ein großer Krieger gewesen war und die Träume, die in der Nacht gekommen waren, das Schwert, das vom Licht flammte, zerfetzte Streifen glühender Farbe und über allem das Lied, das aus dem Nichts aufstieg wie der Klang einer Harfe, die anderswo an einem leeren Tag gespielt wird. Aber sie klingt süß genug, daß ein Mann sein Leben hinter sich läßt, um sie besser zu hören. Ich erinnerte mich daran, wie ich an diesem Ort mit Schiffen gespielt hatte, wie ich sie ausschickte, so weit hinaus in die offene See, und wie ich vom Land der ewig Jungen träumte, von Lughs Halle, mit ihren Wänden, die aus Gold und weißer Bronze gewoben waren, und mit ihrem Dach, das die Schwungfedern von Vögeln deckten. Die See schlug und seufzte an die Küste, und die Vögel kreischten. Ich fragte mich, was wohl geschehen war und wo die Finsternis begonnen hatte. Ich fühlte mich wie ein Mann, der zurück in seine Kindheit schaut, und ich fragte mich, ob man wirklich schon mit vierzehn ein Mann sein konnte und was ich wohl verloren hatte. Ich saß da und hörte den Möwen zu, und ich zog meinen Umhang um mich. Heute nacht würde es zu Ende sein.
    Heute würde es wahrhaftig zu Ende sein.
    Die Nacht war voller Wind und gebrochenem Mondlicht, das in Fetzen durch die Wolken drang, die vor dem Mond trieben und weitergepeitscht wurden. Als ich von der Halle, wo ich jetzt die meiste Zeit schlief, den Hof überquerte und zu den Gemächern von Morgas der Königin ging, schaute ich hinauf auf das erschöpfte Gesicht dieses Mondes und dachte an die alten Gebete, die an ihn gerichtet werden. Juwel der Nacht, Brustjuwel des Himmels. wie viele, fragte ich mich, hatten schon in all den Jahren zum Gesicht der Mondgöttin aufgeschaut? Krieger, die in ihrem Licht Überfälle planten, Liebende, die sie anlächelten, Druiden und Magier, die sie anbeteten, Poeten, die Lieder auf sie dichteten, all diese Menschen mußte sie unzählige Male gesehen haben. Dennoch, sicher war es Zufall, ob sie schien oder nicht, und ich konnte keine Hilfe von ihr erwarten. Und vielleicht würde ich auch keine mehr wollen, wenn ich auf meinem Weg zurückkehrte.
    Die Luft selbst schien zu vibrieren, als ich das Zimmer meiner Mutter betrat, so, als ob ein Schrei gerade verhallt sei. Der Türbolzen zitterte in meiner Hand wie etwas Lebendiges. Es lag eine Kraft in der Luft, soviel dunkle Gewalt, daß es schwer wurde zu atmen.
    Meine Mutter hatte den Raum schon vorbereitet. Der Fußboden war nackt, und die Wandbehänge waren angehoben, so daß kein Licht eindringen konnte. Sie hatte auf dem Fußboden durch die Mitte des Zimmers eine Rinne gezogen, und daneben hatte sie Muster aus weißer Gerste und Wasser gemalt und sie mit Kerzen umstellt. Jetzt stand sie in der Mitte des Raumes, in einem Gewand in Rot, so dunkel, daß es fast schwarz schien. Ihre nackten Arme waren blaß und stark und sahen kalt aus in dem unheimlichen Licht. Ihr Haar fiel um sie her, ein Strom aus leuchtender Dunkelheit, bis zu ihrer Taille. Sie war barfuß und trug keinen Gürtel, denn dies war die Zeit, Knoten zu lösen und keine zu binden. Sie machte ein Zeichen in der Luft, über der letzten Kerze.
    Ich spürte, wie eine Schwäche in mir aufstieg, meinen Magen umklammerte, mit eisigen Händen. Meine Knie zitterten.
    Dunkelheit durchdrang die Luft, dicht, erdrückend. Ich wollte aufschreien, diese Finsternis mit meinen Händen schlagen, weglaufen, nicht zurückschauen auf das, was vielleicht aus den Winkeln meines Innern hervordrang.
    Ich schloß leise die Tür und blieb still stehen. Ich wartete, bis Morgas zu Ende war.
    Sie setzte die letzte Kerze nieder und richtete sich auf. Sie war sehr groß, und die Dunkelheit hing um sie wie ein Mantel. Alle Kerzenflammen neigten sich ihr zu, wie Seetang in einem Strudel. Mehr als je zuvor wirkte sie auf mich nicht wie eine Erdgeborene, sondern eine Königin aus einem anderen Reich. Schrecken erfüllte mich, und ich liebte sie. Sie lächelte mich an, als sie mich sah. Es war ein Lächeln, das gedämpft wurde durch das Flackern der Flammen und durch die Dunkelheit, die sie um sich trug, aber es war dennoch ihr Lächeln, still, voller Geheimnisse, voller Triumph.
    »Gut«,

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