Der Falke des Lichts
über dem Marschland. Die Festung gehörte einem niederen Herrn, einem Untertanen des Constantius von Dumnonia. Sion hatte nicht vor, um die Gastfreundschaft dieses Herrn zu bitten, denn der folgte der normalen Sitte, das Gastrecht niemandem außer Kriegern und Handwerkern anzubieten. Gewöhnliche Reisende gingen zum Kloster. Dies lag an der Flanke des Hügels, im Osten der Festung, mitten in einer alten, größtenteils verlassenen römischen Stadt.
Sion fuhr zum Tor, stieg vom Karren und läutete eine Eisenglocke, die an der Mauer hing. Nach ein paar Minuten kam ein Mönch und betrachtete uns durch einen Schlitz im Tor.
»Wer seid ihr und was wollt ihr?« fragte der Mönch verärgert.
»Sion ap Rhys, ein Bauer. Unterkunft für eine Nacht.«
»Ein Bauer?« Der Mönch öffnete das Tor. »Dann seid ihr willkommen. Die Gastfreundschaft von Ynys Witren wird euch kosten. Was ist im Wagen?«
»Kosten!« rief Sion. »Was für eine Art Gastfreundschaft ist das?«
»Die Gastfreundschaft von Mönchen, die von einem Tyrannen weit über ihre Verhältnisse besteuert werden!« schnappte der Mönch. »Was ist im Karren?«
»Weizenmehl«, erwiderte Sion mürrisch.
»Es kostet euch einen Sack Weizenmehl.«
»Einen Sack. Einen ganzen Sack. Mann, für einen ganzen Sack Mehl könnte ich zwei Hühner kaufen, um diese Jahreszeit!« sagte Sion.
»Sucht ihr die Kirche auszuplündern, die heilige Kirche, eure Mutter? Meint ihr nicht, daß es Gott freut, wenn man großzügig zu seinen Dienern ist?«
»Ich glaube, es freut Gott, wenn seine Diener großzügig sind. Zehn Pfund Mehl ist mehr, als ich mir leisten kann, aber das biete ich euch.«
»Drei Viertel von einem Sack.« begann der Mönch.
Nach kurzer Zeit wurde ausgemacht, daß Sion für einen halben Sack Mehl für sich und seine Stute einen Platz zum Übernachten bekommen sollte.
»Und wer ist da noch im Karren?« wollte der Mönch wissen. »Du kannst mir nicht erzählen, daß er dein Sohn ist. Er sieht dir in keiner Weise ähnlich.«
»Nein«, antwortete ich. »Ich bin nur ein Weggenosse.«
»Du zahlst also dann für dich allein«, sagte der Mönch mit Befriedigung. »Gehört einiges von dem Mehl dir?«
»Nein.«
»Warum reist du dann?«
»Ich suche Dienst beim Pendragon.«
Der Mönch riß den Mund auf, dann knurrte er: »Der Pendragon! Artus der Bastard hat schon zu viele Männer, die ihm dienen. Viel zu viele. Und wer ernährt sie alle?«
»Die Sachsen haben das in letzter Zeit getan, dadurch, daß sie ausgeplündert worden sind«, sagte ich. »Und ganz Britannien macht es, wenn kein Krieg ist. Hast du je die Sachsen kennengelernt?«
»Warum sollte ich wohl die Sachsen kennenlernen?« fragte der Mönch und vergaß in seiner Überraschung, wütend zu sein.
»Na, das macht ja nichts. Was willst du von mir verlangen? Ich habe keine Güter.« »Keine?« Er schaute mich sorgfältig an und entschied sich dann dafür, daß ich die Wahrheit sagte. »Gib mir dein Schwert.«
»Nein.«
»Deinen Umhang.«
Sion begann zu kochen. »Was für eine Gastfreundschaft ist denn das, selbst für Ynys Witren? Du nimmst einem Mann den Umhang ab, der ohne Penny zu dir kommt und der nicht mehr vom Handeln versteht als ein dreijähriges Kind? Ich will für ihn bezahlen.«
»Einen Sack Mehl«, sagte der Mönch schnell.
»Einen halben Sack, wie für mich«, antwortete Sion fest. »Und nicht mehr, du Dieb aus einer Diebeshöhle.«
Der Mönch beklagte sich noch ein bißchen; er sagte, es sei ja gerade so, als ob er darum gebeten würde, die Ausplünderung der Kirche dadurch zu unterstützen, daß er »einem gottlosen Gefolgsmann von Tyrannen« Unterschlupf böte. Aber er wollte das Mehl, und nach einer Weile ließ er uns ein.
»Tut mir leid«, sagte ich zu Sion, während der Wagen durch das Tor rollte. »Es stimmt, daß ich keine Ahnung vom Handeln habe. Du hättest ihn meinen Mantel nehmen lassen sollen; ich bin sicher, daß ich einen neuen in Camlann bekomme. Und so habe ich nichts, womit ich deine Großzügigkeit zurückzahlen könnte.«
Sion zuckte die Achseln, aber er war offenbar erfreut. »Behalt ihn. Du wärst ein Narr gewesen, wenn du einen neuen Mantel für eine Nacht hingegeben hättest. Der Mantel ist mindestens eine Woche wert. Und der Mönch, der war ein absoluter Dummkopf, weil er dein Schwert auch nur erwähnt hat. Ich, der ich nichts von Waffen verstehe, sehe ja sogar, daß man mit diesem Schwert einen Hof mit Herden und allem Drum und Dran kaufen könnte.« Er warf
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