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Der Falke des Nordens

Der Falke des Nordens

Titel: Der Falke des Nordens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Marton
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der ihr beinah das Blut in den Adern gerinnen ließ. Wie ein Wahnsinniger kam Khalil aus der Höhle gestürmt, stürzte sich auf Abu und versuchte, ihm mit beiden Händen die Kehle zuzudrücken. Erst nach mehreren Schrecksekunden setzten sich Abus Männer in Bewegung.
    “Lauf!”, rief Khalil Joanna zu, während zwei Männer ihn zurückrissen, gegen einen Felsen drängten und festhielten. “Nun verschwinde endlich, verdammt! Was stehst du noch herum?”
    Mit den schmutzigen Fingern rieb Abu sich den Hals. “Dieser Morgen ist wahrhaftig voller Überraschungen.” Er grinste hämisch und wies den neben ihm stehenden Mann an: “Töte den Banditen!”
    “Nein!”, schrie Joanna, so laut sie konnte. “Nein! Töten Sie ihn nicht!”
    “Dafür lasse ich Sie am Leben”, erklärte Abu so großspurig, als handelte er aus lauter Menschenfreundlichkeit und nicht, weil Joannas Drohung ihn verunsichert hatte. “Ich habe lange auf eine gute Entschuldigung gewartet, diesen Kerl umbringen zu lassen. Jetzt ist die Gelegenheit da. Also los!”
    “Nun gut, tun Sie es ruhig, wenn sie unbedingt wollen – aber Sie werden es bereuen.”
    “Hüten Sie Ihre Zunge!”
    “Er ist nämlich nicht nur Ihr Gegner, Abu, sondern auch der meines Vaters. Er hat mich entehrt – und damit indirekt auch meinen Vater.” Sie atmete tief ein. “Deshalb wird er Khalil seiner gerechten Strafe zuführen wollen.”
    Abu lachte. “Erzählen Sie mir keine Märchen! So etwas ist bei Ihnen im Westen nicht üblich!”
    “Sie ahnen ja nicht, wie rücksichtslos mein Vater sein kann!”
    Joanna blickte zu Khalil hinüber. Sie suchte ein Anzeichen der Zustimmung, um weitermachen zu können. Als sie jedoch seine verächtliche Miene sah, sank ihr der Mut. Rasch wandte sie sich wieder Abu zu.
    “Mein Vater wird viel dafür bezahlen, wenn man ihm Khalil ausliefert”, stellte sie kaltblütig fest. “Außerdem wird er Ihnen ewig dankbar sein.”
    “Das sagen Sie ja nur, um den Mann zu retten, der jetzt Ihr Liebhaber ist.” Noch einmal gab er den Befehl, Khalil hinzurichten.
    “Er hat mich gewaltsam genommen”, versuchte Joanna verzweifelt zu retten, was noch zu retten war. “Nur deshalb bin ich so überstürzt geflohen.”
    Dann ballte sie die Hände zu Fäusten und ging auf Khalil zu, in dessen Augen es vor Wut aufblitzte. Mein Liebling, dachte sie, und es riss ihr fast das Herz entzwei, hoffentlich verstehst du, weshalb ich das tue. Und rasch, bevor sie es sich wieder anders überlegte, spuckte sie ihm ins Gesicht.
    “Er ist ein Wüstling”, erklärte sie und drehte sich dabei um, damit sie ihn nicht mehr anblicken musste. “Ich werde nicht eher Ruhe haben, bis mein Vater meine Schmach gerächt hat.”
    Alle standen abwartend und schweigend da, nur Khalils heftiges Atmen war zu hören. Schließlich nickte Abu.
    “Gut. Wir nehmen ihn mit und …”
    Weiter kam er nicht, denn von überall her ertönte lautes Geschrei. Aus allen Richtungen kamen Khalils Leute in rasendem Galopp an, und innerhalb von wenigen Minuten war der ganze Spuk bereits vorbei. Abu mitsamt seinen Männern war geschlagen und überwältigt.
    Joanna schluchzte vor Freude und Erleichterung auf, rannte zu Khalil und schlang ihm die Arme um den Nacken. Zu ihrem Entsetzen schob Khalil sie jedoch von sich.
    “Fass mich nicht an”, forderte er sie leise auf, wobei ein drohender Unterton in seiner Stimme lag.
    “Khalil! Ich habe um dein Leben gekämpft! Du denkst doch nicht …”
    “Und jetzt um deins!” Er packte sie unsanft am Arm und zog sie zu sich heran. “Du kannst froh sein, dass ich nicht der bin, für den du mich hältst, sonst würde ich mich nun vergessen!” Dann stieß er sie heftig zur Seite und ging zu dem Hengst, der neben der weißen Stute wartete. “Setz sie ins Flugzeug, sie soll nach Casablanca geflogen werden”, wies er einen der Männer an. “Abu befindet sich in meiner Gewalt – Sam Bennett kann seine Tochter zurückhaben.” Dann schwang er sich auf Najibs Rücken, ergriff die Zügel und warf Joanna einen letzten, unversöhnlichen Blick zu. “Die beiden verdienen einander.”
    Er gab dem Pferd so heftig die Sporen, dass es wie der Blitz davon schoss mit seinem Reiter, der stolz und aufrecht im Sattel saß.
    Ohne sich umzuschauen, ritt er davon, so als hätte sie für ihn nie existiert.

12. KAPITEL
    Als Joanna aus dem Taxi stieg, hielt der Portier ihr die Tür auf. “Guten Abend, Miss Bennett”, grüßte er freundlich. “Heiß heute, nicht

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