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Der Falke des Pharao

Der Falke des Pharao

Titel: Der Falke des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynda S. Robinson
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haben?
    Die Lippen des Schreibers zuckten, aber er lächelte nicht. Kysen hatte den Verdacht, daß der Mann sich bewußt war, ihn aus der Fassung gebracht zu haben.
    »Mein Name ist Seth, ich bin ein Diener des Falken des Pharao, Günstling des Königs, des Fürsten Meren.«
    Es war, als ob der Name seines Vaters von den Felsen widerhallte; betroffene Stille legte sich wie ein Leichentuch über die Menge, die neben dem Pavillon stand. Er warf einen prüfenden Blick auf die Gesichter Theshs und seiner Begleiterinnen, aber er konnte weder Furcht noch Schuld dann erkennen, nur offensichtliche Überraschung. Sein Blick blieb auf Thesh haften.
    Der Mann besaß die äußere Erscheinung eines Schreibers. Seine Haut war nicht so dunkel wie die derjenigen Menschen, die beständig in der Sonne arbeiteten. Seine Hände waren weich und schwielenlos. Das glänzende Schwarz seiner Augen spiegelte Intelligenz wider und er ähnelte einem geschmeidigen Raben mit schimmerndem Gefieder. Seine Nase war so gerade wie die Seite einer Pyramide, und ebenso gerade war sein Rücken. Kysen bemerkte, daß weder Bauch noch Gliedmaßen Anzeichen von Schlaffheit aufwiesen, und das vollendete Erscheinungsbild seines Antlitzes sagte ihm, daß Thesh daran gewöhnt war, einen Schwarm von Frauen in seinem Gefolge zu haben.
    Thesh neigte den Kopf, zollte einem Gleichstehenden seinen Respekt, und Kysen atmete wieder freier. Er war als Diener empfangen worden, als Diener eines großen Mannes, aber dennoch als Diener. Er konnte eine Erklärung nicht länger hinauszögern.
    »Der Schreiber Hormin wurde ermordet. Es ist bekannt, daß er sich gestern hier im Dorf aufhielt, und ich bin hier, um Nachforschungen anzustellen, in welcher Angelegenheit er kam und mit wem er zusammengetroffen ist.«
    Theshs Augen weiteten sich angesichts dieser Neuigkeit. Die Frauen hinter ihm rückten näher zusammen.
    »Ermordet?« fragte der Schreiber.
    Er war überrascht, aber keineswegs entsetzt. Kysen nickte. »Im Tempel des Anubis.« Thesh ersparte Kysen die Mühe und bedeutete seinen Frauen zu gehen. Sie zogen sich gemeinsam mit der Karawane in die Schatten des Dorfes zurück, wo man sie auf der Hauptstraße miteinander wispern hören konnte. Mit gerunzelter Stirn führte Thesh Kysen zu der Riedmatte. Sie nahmen darauf Platz und blickten einander in die Augen.
    »Wer mag fähig sein, im Tempel des Anubis einen Mord zu begehen?« fragte Thesh leise. »Welch widernatürliches Aas wagt es, die Götter dermaßen zu beleidigen?«
    »Ihr fragt nicht danach, wer den Wunsch hatte, Hormin zu ermorden.«
    »Ein Mitglied seiner Familie?«
    Kysen lehnte sich zurück, ließ seine Handflächen flach auf der Matte ruhen und beobachtete Thesh. »Warum sagt Ihr das?«
    »Es ist nicht von Bedeutung.« Um Theshs Lippen spielte erneut jener humorvolle Zug. »Es scheint mir, als könnten von allen Menschen, die ihm vielleicht ein Leid zufügen wollten, diejenigen, welche am meisten unter seiner Herrschaft zu leiden hatten, der Versuchung am ehesten erlegen sein.«
    Er lächelte nicht, obwohl er versucht war, es zu tun. Kysen gefiel diese kluge Antwort.
    »Berichtet mir von Hormin und von seinen Geschäften mit den Künstlern und Handwerkern am Erhabenen Ort.«
    »Hormin hatte die Erlaubnis erhalten, sein Grab in der Nähe des Friedhofes der Adeligen zu errichten, und er nahm unsere Dienste in Anspruch.«
    »Und wegen dieser Dienste erschien er auch gestern hier?«
    Thesh antwortete nicht gleich. Er griff nach einem Wasserkrug und goß Wasser in die Einbuchtungen, die auf seiner Palette für die Schreibpaste gedacht waren. Mit einem Stift rührte er die Schreibpaste an und fuhr fort.
    »Gestern war wieder einmal einer der Tage, an denen Hormin seiner Konkubine hinterherjagte, wie Ihr ohne Zweifel wißt.«
    Kysen sagte nichts, während der Schreiber gelassen die schwarze Schreibpaste anrührte und sich anschließend der roten Schreibpaste zuwandte. Dann hob Thesh den Kopf und lächelte.
    »Beltis hält sich selbst für eine ebenso große Künstlerin wie die Familie Kaha oder Useramun, der große Maler. Die Ausübung ihrer Kunst bringt es zuweilen mit sich, daß sie ihre Eltern besucht. Sie tut dies, um Hormin zum Wahnsinn zu treiben und damit in ihm die Furcht wächst, daß einer von uns sich ihr zuwendet, oder – was noch schlimmer wäre – sie die Aufmerksamkeit irgendeines hohen Herrn auf sich zieht. Hormin ist – war – ein eifersüchtiger Mann.«
    Kysen wollte gerade fragen, woher Thesh

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