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Der Falke des Pharao

Der Falke des Pharao

Titel: Der Falke des Pharao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynda S. Robinson
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Gelassenheit vorgab und die Hügel hinter seinen Brüdern betrachtete.
    »Ihr habt Hormin gehaßt.«
    »Natürlich«, sagte Hesire.
    Er spreizte die Beine, um zu verhindern, daß er auf seinen Bruder fiel, verschränkte die Arme über seiner Brust und strahlte Kysen an. Offensichtlich glaubte er, sich deutlich artikuliert zu haben.
    »Gesundheit und langes Leben mögen Euch zuteil werden«, sagte Ramose und schob sich vor Hesire. »Ich fürchte, mein Bruder hat heute morgen zu viel getrunken.«
    Thesh blickte von seinem Platz neben dem Pavillon auf. »Heute wie jeden Morgen.«
    Ramose warf dem Schreiber einen zornigen Blick zu, fuhr aber fort. »Hesire ist wütend auf Hormin, weil dieser sich töten ließ, bevor wir die Arbeit an seinem Sarg aufnehmen konnten.«
    »Warum? Sicherlich habt Ihr von allen Schreinern am wenigsten unter einem Mangel an Aufträgen zu leiden?«
    Ramose warf Thesh einen Blick zu, dann heftete er seine Augen auf seine Fingernägel. »Das ist wahr, aber Hormin gab einen äußerst ausgefeilten und eleganten Sarg in Auftrag, und diese Art von Särgen bevorzugen wir. Drei ineinander verschachtelte Särge, über und über mit heiligen Schriften und mit Szenen aus dem Buch der Unterwelt verziert. Eine wirkliche Herausforderung.«
    »Ich verstehe.«
    Er verstand tatsächlich. Es war so wie er erwartet hatte. Thesh betrieb ein Nebengeschäft mit Bestattungstransporten, was durchaus üblich war, aber er und die Künstler machten Einnahmen, die den königlichen Beamten nicht bekannt waren. Zweifellos gingen viele Aufträge wie der des Hormin über die Bühne, ohne daß der Kanzlei des Wesiers davon Bericht erstattet wurde.
    Hesire rülpste und rieb seine Hände an seinem zerknitterten und schmutzigen Rock ab. »Und natürlich war da noch der Sarkophag.«
    »Was für ein Sarkophag?«
    Kysen spürte ein Kribbeln auf der Haut, als er bemerkte, daß Thesh, der die Kornlieferungen aufzeichnete, erstarrte und Ramose, seinen Bruder mit Blicken zu töten versuchte.
    »Was für ein Sarkophag?«
    »Nun, der aus rotem Granit, den er in seinem verfluchten Grab hat.«
    »Hesire, du bist schon wieder betrunken«, sagte Ramose.
    Er schob seinen Bruder nach hinten, der rücklings in einen Esel hineinstolperte und auf den Boden sank. Zornig warf Ramose seine Hände in die Luft, hob seinen Bruder hoch und trug ihn fast ins Dorf. Kysen beobachtete, wie sie gingen. Er wußte nicht, ob er unglücklich oder dankbar sein sollte, daß sie ihn nicht erkannt hatten. Er blickte nach unten und sah, daß Thesh ihn anstarrte. Er rieb sein Kinn mit dem Zeigefinger, dann zuckte er die Achseln, als ob ihm die Bemerkung über einen Sarkophag aus rotem Granit entgangen sei.
    Während er Thesh dabei beobachtete, wie dieser die Verteilung der Waren an die Frauen der Handwerker aufzeichnete und neue Meißel, Hämmer, Pfrieme und Bürsten aus Schilfrohr abnahm, dachte er darüber nach, wie er dem Schreiber die Informationen über den Sarkophag und die geheimen Aufträge am geschicktesten entlocken konnte. Während er das tat, erschien Woser aus dem Dorf, er trug einen Sack und eine Flasche bei sich.
    Der Hügel westlich der Stadt begann bereits in der erbarmungslosen Sonne zu glühen. Woser, der aussah wie ein brauner Kranich, der den Abhang hinaufstolzierte, ging auf eine der Gebetsstätten zu, die in den Hügel eingelassen waren. Hinter den Gebetsstätten lagen die Gräber der Vorfahren der Dorfbewohner. Kysen vergaß Thesh. Sicherlich war Woser in seiner Arbeit zurückgefallen, nachdem er so lange krank gewesen war. Was hatte er vor, daß er sich bei seinem Familiengrab herumtrieb?
    Er wartete darauf, daß der Künstler die aus dem Kalkstein herausgehauene Treppe erklomm. Die Stufen waren niedrig und breit, und in der Mitte befand sich eine glatte Bahn, auf der die Bestattungswagen in die Grabstätten hinaufgezogen wurden. Woser wandte sich nach rechts und schritt an einer Reihe von Eingängen vorbei, bis er zum letzten Eingang auf der zweiten Ebene kam. Er war in den Hang eingelassen, bestand aus getrockneten Lehmziegeln und besaß die Form einer steil aufragenden Miniaturpyramide.
    Kysen wartete, bis der Künstler darin verschwunden war, dann setzte er sich in Bewegung, um ihm zu folgen. Nachdem er die Stufen erklommen hatte, schlich er lautlos zum Grabeingang und hielt vor der offenen Doppeltüre inne. Die Ziegel der Gebetsstätte, die weiß bemalt waren, glühten vor Hitze. Zuerst konnte er nur Schatten erkennen. Als seine Augen sich

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