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Der Falke von Aryn

Der Falke von Aryn

Titel: Der Falke von Aryn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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Fünfzig zumindest. So viel hatten sie jedenfalls in meiner Jugend. Ich habe so etwas schon einmal gesehen«, sagte sie dann und schloss die Akte. »Ein falscher Mann wird befördert und reißt alle mit hinunter in den Dreck. Machtmissbrauch, Korruption … wer widerspricht, wird disziplinarisch belangt und geschasst. Um so etwas vorzubeugen, untersteht die Garda dem Bürgermeister oder wie hier dem Gouverneur. Graf Mergton hätte sich darum kümmern sollen, aber wie es scheint, ignorierte er die Garda vollständig. Übrigens, einen Tag nach Hauptmann Mollmers Tod baten siebzehn Mann um ihre Entlassung. Leutnant Serrik hat sie jedem aufgrund von außergewöhnlichen Umständen gewährt.« Sie nahm eines der Blätter hoch und verglich es mit einem anderen. »Auch hier scheint mir die Unterschrift gefälscht. Es steht überall das Gleiche drin, als wären sie hintereinander weggeschrieben worden.«
    Sie klappte die Akte zu und verschnürte sie wieder, legte sie zur Seite und öffnete eine der zwei flachen Kisten, die sie mit in die Kutsche genommen hatte.
    Raphanael pfiff leise durch die Zähne, als er die zwei doppelläufigen Radschlosspistolen sah. Sie waren reich verziert, Gold, Silber, Messing und der graue Stahl der Läufe glänzten um die Wette, und die hölzernen Schäfte waren mit Elfenbein eingelegt.
    »Ein Geschenk von Herzog Albrecht«, erklärte sie ruhig, während sie die Waffen sorgsam überprüfte. »Sie schießen sogar besser, als sie aussehen. Es sind Jasparis.«
    Raphanael nickte. Er hielt wenig von Feuerwaffen, für ihn gab es andere Mittel, aber selbst er hatte von Meister Jaspari gehört. Seit fast dreißig Jahren galten seine Pistolen als die Krönung der Büchsenmacherkunst im Kaiserreich. Es gab wenig, in dem Manvare dem Reich nachstand, aber ihre Büchsenmacher waren von dieser Kunstfertigkeit noch weit entfernt.
    Bis vor wenigen Jahrzehnten waren Schusswaffen noch verlacht worden. Eine Armbrust war billiger und konnte schneller schießen, und die Luntenbüchsen, die es schon seit gut zwei Jahrhunderten gab, waren notorisch unzuverlässig und im Regen nur als Knüppel zu gebrauchen. Aber die daumengroßen Bleigeschosse richteten mehr Schaden an, durchschlugen Schilde oft mit Leichtigkeit, und der Knall ließ Pferde scheuen. Raphanael hatte sogar einmal gehört, dass dies der Grund war, weshalb man an ihnen festgehalten hatte. Sie waren zudem einfacher in der Herstellung. Ein Rohr, ein Hebel mit einer Lunte daran … keine Drahtsehne, kein Federstahl.
    Als in Ulmas ein Uhrmacher auf die Idee kam, das Laufwerk einer Turmuhr durch eine gebogene Feder aus Stahl zu ersetzen, dauerte es nicht lange, bis die Büchsenmacher das Radschloss erfanden. Damit hatten sie eine Waffe entwickelt, die selbst bei Regen und in jeder Lage zuverlässig feuerte, da das gesamte Schloss bis hin zur Pulverpfanne gekapselt war. Das Problem war nur der Preis. Auch wenn man sie nicht mit Gold, Silber und Elfenbein verziert hätte, wären die Pistolen der Majorin kaum bezahlbar gewesen.
    Vor etwa dreißig Jahren kam ein Büchsenmacher aus Aragon auf die Idee, einen Feuerstein mit einer Feder gegen eine gebogene Metallplatte schnellen zu lassen, die zugleich die Pulverpfanne abdeckte, der Feuerstein drückte die Metallplatte zurück, und der Funken flog in die Pfanne, um das Pulver dort zu entzünden. Das Steinschloss war zuverlässiger als die Luntenschlösser und weitaus billiger als ein Radschloss. Bei der Schlacht von Istimus vor siebzehn Jahren hatte eine solcherart ausgerüstete kaiserliche Kompanie auf diese Weise gegen eine dreifache Übermacht das Feld für sich gewonnen, seitdem wetteiferten die bekannten Reiche darin, ihre Armeen mit diesen Waffen auszurüsten.
    Doch in seiner Zuverlässigkeit blieb das Radschloss ungeschlagen. Wer reich genug war, um sie sich zu leisten, entschied sich für diese Art von Waffen.
    Wenn man Feuerwaffen mochte.
    Raphanael mochte sie nicht, was nicht bedeutete, dass er ihre Nützlichkeit nicht erkannte. Er legte die Akte zur Seite, stand auf und klappte die Sitzbank, auf der er gesessen hatte, hoch und entnahm ihr eine kurze Fanfarenflinte.
    »Ich bin nicht gut darin«, erklärte er entschuldigend, als er die schwere Waffe aufrecht vor sich stellte. »Aber damit treffe ich zumindest etwas.«
    »Das«, sagte Lorentha, die fasziniert und zugleich erschreckt auf seine Waffe starrte, »glaube ich gerne.« Die Fanfarenflinte, so genannt, weil der Lauf sich wie bei einer Fanfare weitete,

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