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Der Falke von Aryn

Der Falke von Aryn

Titel: Der Falke von Aryn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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sein Wams zu stecken. »Es hat mich auch sehr überrascht.«

Die Akten der Garda
    23  Offenbar, dachte Raphanael, verlor Lorentha keine Zeit, wenn sie sich ein Ziel gesetzt hatte. Schon als sie mit zwei langen, schmalen Kisten unter den Armen die Treppe vor dem Haus der Gräfin herunterkam, hatte er ihren schnellen Schritt bewundert, auch wenn er darauf geachtet hatte, sich nicht zu verraten.
    Jetzt folgte er ihr durch den langen Gang, der zum Amtsraum des Gouverneurs führte, und wieder ging sie so schnell, dass der Hall ihrer Absätze wie Schüsse durch den langen Gang peitschte. Die beiden Marinesoldaten an der Tür nahmen unwillkürlich Haltung an, obwohl sie ihr nicht unterstellt waren.
    »Ist Graf Mergton zu sprechen?«, fragte sie scharf.
    »Nein, Major, er ist ausgegangen. Er wird aber noch vor Mittag zurückerwartet.«
    »Sein Sekretär?«
    »Meister Fellmar ist zugegen, aber …«
    »Danke«, sagte Lorentha knapp, klopfte kurz, doch bevor jemand die Gelegenheit bekam, »Herein!« zu rufen, drückte sie die Tür bereits auf.
    »Ihr entschuldigt«, sagte Raphanael höflich zu dem verdutzten Soldaten, als er sich an ihm vorbeidrückte, um Lorentha zu folgen.
    Meister Fellmar saß allein im Vorzimmer des Grafen und hatte den Kopf in einen Stapel Unterlagen versenkt, jetzt sah er auf und blinzelte kurzsichtig, doch dann formten sich seine Lippen zu einem erfreuten Lächeln.
    »Baroness«, begrüßte er sie höflich und stand hastig auf. »Ich bin erfreut, Euch wiederzusehen, aber …«
    »Ja«, sagte Lorentha und tat eine wegwischende Handbewegung. »Ich weiß, er ist nicht zugegen und wird erst zu Mittag wieder erwartet. So lange kann ich nicht warten, und Ihr seid der Mann, den ich suche.«
    Meister Fellmar schaute sie verwirrt an.
    »Der Gouverneur ist ein viel beschäftigter Mann, ich möchte wetten, dass Ihr es seid, der ihm die lästige tägliche Arbeit abnimmt, richtig?«
    »Schon, nur ist es mir nicht lästig. Ich …«
    »Dann führt Ihr bestimmt auch die Soldlisten für die Garda, richtig?«
    »Ja, aber …«
    »Ich will sie sehen.«
    »Aber …«
    »Ich bin der höchstrangige Offizier der Garda in der Stadt«, teilte sie ihm mit. »Ich hege die Absicht, eine Inspektion bei der Garda durchzuführen, deshalb benötige ich alle Unterlagen, die Ihr, sagen wir, im Verlauf des letzten halben Jahrs über sie angesammelt habt. Wer befördert wurde, wer degradiert, Beschwerden und Beurteilungen.«
    »Aber …«
    »Ich weiß, Ihr seid ein viel beschäftigter Mann, Fellmar«, sagte sie und schenkte dem grauhaarigen Sekretär ein Lächeln, das diesen verlegen blinzeln ließ. »Aber ich weiß auch, dass Ihr fähig sein müsst, sonst hättet Ihr nicht diese verantwortungsvolle Position inne. Ich bin sicher, Ihr habt alle Unterlagen sorgfältig zusammengefasst an einem Ort liegen. Ich werde Euch auch nicht lange stören, ich warte einfach hier, bis Ihr sie mir bringt.«
    »Ich …«
    »Wir haben ein Sprichwort bei der Garda«, erklärte sie ihm mit demselben freundlichen Lächeln. »Lasst Euch Zeit, soviel Ihr wollt, Hauptsache, es wird sofort erledigt! Bringt mir die Unterlagen, ich tue Euch sogar den Gefallen und warte hier darauf.«
    Götter, dachte Raphanael fasziniert, als er zusah, wie der Sekretär sie verwirrt anschaute, um dann hastig zu nicken und davonzueilen, sie ist eine Naturgewalt.
    »Ihr habt dem armen Kerl aber heftig aufgelegt«, bemerkte er mit einem Lächeln. »Er war ja ganz verwirrt.«
    Sie lachte und grinste schelmisch. »Es ist leicht, Menschen zu bewegen, man muss freundlich und bestimmt auftreten.«
    Und schneller reden, als der andere denken kann, dachte Raphanael erheitert. In einem behielt sie allerdings auch recht, Meister Fellmar war ein ordentlicher Mann, so dauerte es tatsächlich nicht lange, bis er wiederkam, um ihr drei dicke gebundene Akten vorzulegen.
    »Sie sind vertraulich, Majorin«, begann er. »Ich wäre Euch verbunden …«
    »Ja, ich weiß«, lächelte die Majorin. »Eigentlich dürften nur Offiziere der Garda diese Unterlagen sehen, aber ich werde ein Auge zudrücken und Euch nicht dafür belangen. Schließlich muss jemand auch die Akten führen.« Sie klopfte ihm freundlich auf den Arm. »Ich werde sie Euch bald wiederbringen«, versprach sie ihm, während sie sich bereits abwandte. »Keine Sorge, von mir erfährt niemand etwas.«
    Und damit drückte sie die Tür auf und spazierte an den Wachen vorbei.
    »Einen schönen Tag noch«, meinte Raphanael freundlich

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