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Der Fall Demjanjuk

Der Fall Demjanjuk

Titel: Der Fall Demjanjuk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Wefing
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Schwer zu sagen, was das soll. Die Stimmung ist ohnehin gereizt, aber dieser plumpe Scherz ist zu viel. Er möge auf «Dialektfärbungen» verzichten, fährt der beisitzende Richter Lenz den Verteidiger an. Der scheint es zu genießen, dass ihm eine kleine Provokation gelungen ist, und antwortet, jetzt in ironischem Ton: «Sie sind immer so aufgeregt, wenn Sie mit mir sprechen, Herr Lenz.»
    Aber Busch fängt sich noch einmal. Andere Trawniki-Ausweise, fährt er fort, sähen anders aus. Manche hätten keine SS-Runen, manche einen anderen Kopf, einen anderen Zeilenstempel.
    Man könne von verschiedenen Auflagen ausgehen, erwidert Dallmayer.
    Jetzt glüht Buschs Schädel. Ihm sei völlig klar, dass die Ausweise nach bestimmten Kriterien ausgewählt wurden, schimpft er und dann, lauter: Es handele sich um eine «objektiv manipulative Auswahl».
    Nun bellt Staatsanwalt Lutz zurück, der sonst fast immer schweigt: «Ich weise den Vorwurf der Manipulation zurück, Herr Verteidiger.»
    Nur mit Mühe wahrt der Vorsitzende die Fassung: «Ich unterbreche jetzt für die Mittagspause, ehe mir ein Wort herausrutscht.»
    Nach dem Essen setzt Busch seine Befragung des Sachverständigen fort, zunächst ganz ruhig.
    «Sie haben ein ausschließlich technisches Gutachten angefertigt?», fragt er Dallmayer.
    «Ja.»
    «Warum?»
    «Weil ich Urkundentechniker bin, kein Historiker.»
    «Inhaltliche Fragen haben Sie nicht berücksichtigt?»
    «Genau, das war nicht mein Auftrag.»
    «Haben Sie die Personenbeschreibung im Ausweis evaluiert?»
    «Nein.»
    «Die Größe zum Beispiel. Hier steht 175 cm. Demjanjuk soll ja aber damals 182 cm groß gewesen sein.»
    «Dazu kann ich nichts sagen, das ist keine Frage der Urkundentechnik. Sehen Sie, mein Problem ist die Echtheit des Ausweises.»
    Richter Alt pflichtet ihm bei: «Das ist unser aller Problem.»
    Cornelius Nestler, der Nebenklägervertreter, ruft Busch zu: «Sie verschwenden nur unsere Zeit!»
    Busch erwidert: «Nur Ihre Zeit.»
    «Nein, Sie verschwenden auch die Zeit Ihres Mandanten», antwortet Nestler.
    Aber Busch bohrt und bohrt.
    «Haben Sie das Dokument auf Fingerabdrücke oder auf DNA-Spuren untersucht?», fragt er den Sachverständigen.
    «Nein, das war nicht mein Auftrag.»
    «Schauen wir uns einmal diesen – ich sage das in Anführungszeichen – schauen wir uns einmal diesen Ausweis an. Was steht unter der Unterschrift von Teufel?»

    Das wichtigste Beweisstück: der Dienstausweis.
    «Ein weiterer Vermerk, in Tinte geschrieben», sagt Dallmayer.
    «Da steht Rottenfführer. Mit zwei f geschrieben! Warum ist Ihnen das nicht aufgefallen? Warum haben Sie das nicht erwähnt?»
    «Das ist reine Spekulation.»
    «Ist Ihnen der Begriff ‹Vatersname› bekannt?»
    «Bekannt aus Urkunden?», fragt Dallmayer zurück.
    «Ja.»
    «Ja, den Begriff gibt es, in Bulgarien, in der Ukraine zum Beispiel.»
    «Jetzt steht der Begriff hier in diesem Dokument. Das ist doch ungewöhnlich. Gibt es das Wort ‹Vatersname› überhaupt im Deutschen?»
    Richter Alt fährt dazwischen: «Sie haben das Wort doch gerade selbst verwandt, Herr Verteidiger. Das ist doch lächerlich.»
    Busch, sofort hochrot: «Was Sie machen, ist lächerlich!»
    Alt reagiert kalt: «Es ist sehr gefährlich, was Sie hier tun. Sie beleidigen das Gericht.»
    Doch Busch lässt nicht locker. Er fragt mäandernd, beinahe zufällig, in diese und in jene Richtung, er fragt nach Linien und Punkten,nach Ausstanzungen und Oberflächenveränderungen, nach den Lösungsmitteln in Klebstoffen, geht jedes Detail des Ausweises mit Dallmayer durch, dessen Antworten zusehends mürrischer ausfallen.
    Ob er die beiden dunklen Punkte im Lichtbild untersucht habe? Da gebe es nichts groß zu untersuchen. Ob das Lichtbild irgendwo anders angeheftet gewesen sein könnte? Das wisse er nicht. Könnte es aus KGB-Akten stammen? Das wisse er nicht, da habe er keine Erfahrung.
    Die Antworten sind allesamt unergiebig, aber nun hat Busch sein Thema gefunden.
    «Hatten Sie authentisches Vergleichsmaterial zur Verfügung?», fragt er Dallmayer.
    «Ich hatte die drei anderen Dienstausweise», antwortet der.
    «Wer hat Ihnen gesagt, dass die authentisch sind?»
    «Die Staatsanwaltschaft und die Amerikaner.»
    «Staatsanwalt Lutz hat Ihnen gesagt: Diese drei Dienstausweise sind authentisches Vergleichsmaterial?»
    «Nein, ganz bestimmt nicht. Ich habe gesagt, ich brauche authentischesMaterial, um mein Gutachten zu machen, und dann kamen diese Unterlagen.»
    Nun

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