Der Fall der Bücher (Kindle Single) (German Edition)
Notrettung?«
»Ja.«
»Ebenfalls gut. Und denken Sie jetzt, dass ich hier bin, um die Reaktion der Einsatzkräfte auf Ihren Notruf zu analysieren? Deshalb bin ich aber nicht hier.«
Ich warf die Blätter mit seiner Aussage auf die Tischplatte und fragte ihn: »Wie geht’s denn so?«
Er schien nicht wirklich zu wissen, wie es ihm so ging, aber dann entschied er sich: »Nicht so gut.«
»Muss ein ganz schöner Schock gewesen sein.«
»Ja.«
»Wie lange arbeiten Sie hier schon?«
»Im Juni sind es drei Jahre.«
»Direkt nach dem College.«
»Ja.«
»Guter Job?«
»Es ist okay.«
Aber dann rang er sich doch noch einen Satz ab. »Er bezahlt die Miete, während ich an meinem Roman schreibe.«
»Viel Erfolg.« Jeder Verkäufer und jeder Kellner in dieser Stadt will, dass du weißt, dass er eigentlich ein Schriftsteller, ein Musiker oder ein Künstler im Allgemeinen ist. Nur für den Fall, Sie hätten angenommen, er sei tatsächlich ein Verkäufer oder ein Kellner.
»Um wie viel Uhr sind Sie heute Morgen gekommen?«
»Wie ich dem anderen Polizisten schon gesagt habe, so gegen halb acht«, antwortete er.
»Stimmt. Warum so früh?«
»Früh?«
»Sie sind erst für halb neun eingetragen.«
»Na ja … Mr Parker bat mich, früher reinzukommen.«
»Warum?«
»Um Regale aufzufüllen.«
»Die Regale sehen ziemlich aufgefüllt aus. Wann wurde hier zum letzten Mal ein Buch verkauft?«
»Ich hatte außerdem Papierkram zu erledigen.«
»Ach ja? Okay, Scott, also jetzt mal schön der Reihe nach. Sie kommen hier an, öffnen die Tür – die Vordertür?«
»Ja.« Dann wies er mich wieder darauf hin, dass ja alles in seiner Aussage stünde. Ich ging gar nicht darauf ein.
»Gut. Und um wie viel Uhr war das?«
»Ich öffnete die Tür kurz vor halb acht.«
»Die Tür war verschlossen?«
»Ja.«
»Wussten Sie, dass sich Mr Parker im Laden befand?«
»Nein. Na ja, also zuerst nicht. Aber dann bemerkte ich, dass in seinem Büro oben auf der Galerie das Licht brannte, und ich rief nach ihm.«
»Ich gehe mal davon aus, dass er nicht geantwortet hat.«
»Nein … Er … Ich dachte, er sei hier, also im Lager, deshalb ging ich hierher, um mit der Arbeit zu beginnen.«
»Und als Sie ihn hier ebenfalls nicht vorfanden, was dachten Sie da?«
»Ich … Ich dachte, er sei vielleicht oben im Bad.«
»Oder dass er mal kurz verschwunden sei, um sich ein Brötchen mit Schinken und Ei zu kaufen.«
»Ähm … Er … Wäre er kurz nach draußen gegangen, hätte er das Licht ausgeschaltet«, berichtigte mich Scott. »Er achtet stets darauf, keinen Strom zu verschwenden. Achtete.«
»Verstehe.« Mr Parker vergeudete jetzt wahrlich keine Energie mehr. »Bitte fahren Sie fort«, forderte ich Scott auf.
»Also, wie ich schon zu Protokoll gegeben habe, ungefähr zwanzig Minuten später trug ich einige Bücher nach vorn zum Verkaufstresen und rief wieder nach ihm. Er antwortete noch immer nicht, aber dann fiel mir etwas auf … Ich konnte das oberste Bord des Bücherregals nicht sehen.«
Tatsächlich war auch mir bei meinen vereinzelten Besuchen im Laden das Bücherregal aufgefallen. Wenn man unten im Eingangsbereich stand, konnte man die obersten zwei oder drei Bücherbretter sehen. Heute Morgen war dem nicht so gewesen.
Scott fuhr mit seiner Schilderung fort.
»Zuerst war ich verwirrt, ich wusste nicht, was das bedeutete … und ich starrte einfach weiter nach oben zum Büro. Dann stieg ich die Treppe zur Hälfte hinauf und rief wieder nach Mr Parker. Schließlich ging ich die Treppe ganz hinauf und …«
Rourke hatte gesagt, Scott habe nervös ausgesehen, aber jetzt, als er den grauenhaften Moment wieder durchlebte, in dem er seinen von einer halben Tonne Mahagoni und Büchern geplätteten Chef vorgefunden hatte, sah Scott angemessen verstört aus. Ich unterbrach seinen Redefluss nicht, sondern nickte teilnahmsvoll.
»Ich rief seinen Namen, aber … er gab keine Antwort und rührte sich nicht.«
»Woher wussten Sie, dass er unter dem Regal lag?«
»Ich konnte es sehen … Ich war ja noch auf der Treppe und konnte deshalb unter das Regal sehen.«
»Stimmt. Aber ich hatte Sie so verstanden, dass Sie die Treppe schon vollständig hinaufgegangen waren?«
»Ich … Vielleicht doch nicht. Aber danach dann. Ich versuchte, das Regal zu bewegen, aber es war zu schwer. Also rief ich mit meinem Handy die Notrettung.«
»Kluger Junge.«
Ich warf einen Blick auf seine Aussage und fragte: »Und danach haben Sie Mrs Parker
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