Der Fall der Feste
geschah, sah die anstürmenden Horden der von Drachenblut besessenen Ninraé, sah Tote oder Verwundete aus ihren Reihen auf dem Boden liegen, sah Bruc, Cedrach, Béal und die anderen in erbittertem Gefecht, verzweifelt bemüht, irgendeine Linie der Verteidigung zu halten. Es stand nicht gut um sie.
„Was willst du tun?“, fragte er in Richtung von Fianaikes Geist.
„Nicht ich. Sie.“
Die Wesen, die den flirrenden Schutzschild um Fianaike gebildet hatten, kamen zur Ruhe. Er sah ihre Gestalten sich vor Fianaikes Blick versammeln. Schwer zu erfassen waren sie, nur ungefähr und umrisshaft, wie es ein Gedankenbild ist. Sie hatten Gesichter und Körper, so viel sah er, doch entzogen sich die Einzelheiten dem Blick. Er spürte ein Gefühl von Weisheit und Macht jenseits der Welt der Materie, wie es auch von dem unversehrten Silaé ausgegangen war.
„Sie brauchen deine Hilfe dazu“, sagte Fianaikes Stimme. „Dann können sie vielleicht den Drachenblutrausch beenden.“
Auric sah, wie die mächtigeren der Wesen, Lichtgestalten, die in der der Größe eines Menschen erschienen, sich um seinen dort am Boden liegenden Körper versammelten.
„Durch den Valkaersring“, fuhr Fianaike fort, „der dich erkannte hat, hoffen sie einen Zugang zu dem Drachenblut zu bekommen und einen Einfluss über die zu gewinnen, die es getrunken haben. Aber sie brauchen deine Zustimmung dazu. Denn es kann für dich gefährlich sein.“
„Wie gefährlich?“
„Der Valkaersring wird sich wehren. Drachenblut und er sind vom gleichen Geist. Er wird nicht zulassen, dass jemand an diesen Kern herangeht.“ Auric hörte ein Stocken in Fianaikes Stimme. „Letztlich ist ein ein Kampf darum, wer die Herrschaft hat, der Valkaersring oder du. Es könnte sein, dass dieser Kampf sich als zu viel für deinen Körper erweist und er darunter zerbricht.“
Auric verstand, was sie gesagt hatte.
Himmelsriff hatte ihm eine Wiedergeburt geschenkt. Er schuldete Himmelsriff etwas.
Mit Fianaikes Wahrnehmung sah er die wartend um sich versammelten Wesen.
Er konnte dem Versuch nicht widerstehen, seine eigenen Augen zu öffnen.
Da war nichts. Keine Gestalten, keine um ihn herum schwebenden Wesen. Vielleicht ein schwaches Flimmern in der Luft, aber das konnte auch genau so gut Einbildung oder eine Überlagerung von Fianaikes Wahrnehmung sein.
Genug doppelte Wahrnehmungen, genug fremde Blicke auf die Welt. Genug Wahnsinn und Wahnbilder für einen Tag.
Er wollte wieder etwas Festes spüren, etwas Greifbares. Nichts, dass einen danach zweifeln ließ, ob man es überhaupt erlebt hatte.
Er wollte, dass es vorbei ging, so oder so.
Er hatte genug von Lichtgestalten. Er wollte wieder allein in seinem Kopf sein, oder überhaupt nicht. Schlafen wäre gut. Jemanden gerettet zu haben, wäre gut.
Nichts spüren, wäre auch gut.
„Na gut“, sagte er. Und noch einmal „Na gut.“ Diesmal mit der Stimme seines Körpers, der angenehm spürbar in seiner Kehle vibrierte. „Dann fangt schon an.“
Nach dem Sturm
Himmelsriff war ein verletzter Körper, von einer schmerzenden, schwärenden Wunde gezeichnet.
Darachel war alleine an den Rand des Plateaus gekommen. Die Türme und Bastionen jenseits der Kluft zeigten sich ihm vor der klar durchstrahlten Weite eines blauen Himmels. Der Stein ihrer Zinnen und Mauern leuchtete hell im Licht der Sonne, ein komplexes Mosaik aus gewaltigen verschachtelten Flächen, dessen Richtung zum Firmament wies. Eine besänftigende, eine täuschende Ruhe.
Ein großer Schmerz ging in diesen Tagen durch Himmelsriff.
Darachel atmete tief die Frühlingsluft ein, versuchte, sich allein auf das zu konzentrieren, was seine Sinne ihm von der physischen Welt vermittelten, versuchte, ganz in dieser schlichten Kühle Ruhe zu finden.
Alle Überlebenden aus ihrer Gemeinschaft hatten Verluste erlitten. Die Zahl der Toten war groß gewesen.
Sie hatten sie schließlich gezählt.
Nachdem das Drachenblut sie verlassen hatte. Nachdem der Schock, die Fassungslosigkeit über das, was geschehen war, über das, was sie getan hatten, schließlich so weit abgeklungen war, dass sie wieder in der Lage waren das Notwendige anzugehen. Nachdem die Silaé Himmelsriff von den entfernten Regionen am Domänenwall aus erreicht hatten und nur noch den entstandenen Schaden zur Kenntnis nehmen konnten. Nur zu gerne hätte Darachel gewusst, was hinter geschlossenen Türen zwischen ihnen und den Enthravanen vorgegangen war.
Sie hatten die
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