Der Fall der Feste
zu verlassen. Es wäre nichts anderes als ein Ausweichen, eine Flucht. Ich habe lange gebraucht, das zu verstehen. Aber an diesem Tag sind Dinge ausgesprochen worden, die mir das endgültig klargemacht haben.“ Er wandte den Kopf kurz zu Darachel hin und zeigte die knappste Spur eines Nickens und eines Lächelns.
Weitere aus den Reihen des Neuen Rings traten vor, scharten sich um Bruc, Lhuarcan und Darachel, unter ihnen Siganche und Fianaike.
Ganz im Gegensatz zu den Enthravanen zeigten die drei Silaé noch immer kein Zeichen einer Regung. Sie wirkten lediglich wie stumme Beobachter, wie säulengroße Kerzenflammen, die kein Windzug dieser Welt anfechten kann. Darachel sah die Spuren eines heftigen Konklavaustausches durch die Selbstschichten zwischen den Enthravanen hin und her flackern. Eine Auseinandersetzung, die sich auch in ihren Gebärdendiskurs eindrängte, für ihn aber wegen der von ihnen benutzten hochentwickelten Idiomsformen nicht deutbar war.
Als der Aufruhr unter ihnen sich schließlich legte, war es wiederum Cianwe-Gauchainen, der das Wort führte.
„Das, was hier vorgebracht wurde, hat der Situation eine neue und unerwartete Wende gegeben. Vieles hat Gewicht und will bedacht werden. Viele Interessen und Aspekte müssen einbezogen werden.
Wir werden uns beraten müssen, um dem Rechnung zu tragen. Wir werden besonnen und umsichtig sein müssen. Das braucht Zeit. Die Forderung nach Verbannung ist eine schwerwiegende Sache. Die Gemeinschaft der Ninraé ist ein hoher Wert. Die Enthravanen werden sich beraten. Wenn wir zu einem Urteil gekommen sind, werden wir diese Versammlung wieder zusammenrufen.“
Cianwe-Gauchainen blickte Darachel an und ließ dann seinen Blick über den Rest ihrer Gemeinschaft schweifen.
„In der Zwischenzeit fordere ich euch noch einmal auf, eure Forschungen – zumindest vorläufig – einzustellen und euch mit Aktivitäten zurückzuhalten, die den Frieden unserer Gemeinschaft bedrohen.“
Die Züge des Feindes
Das Tal war eine mögliche Ausweichroute für das Heer der Nichtmenschen, wenn der offensichtliche Weg durch eine Senke zwischen zwei bewaldeten Höhenzügen ihnen durch einen Flächenbrand versperrt war.
Jags Trupp kümmerte sich bereits um die Senke. Auric selber hatte zusammen mit Nefraku einen weiteren Trupp, der aus überlebenden Angehörigen seines alten Schwertbataillons und Czands Division bestand, weiter nördlich geführt, um auch diese kürzeste Ausweichroute durch Brände unpassierbar zu machen.
Auric stand auf einem bleichen, glattgewaschenen Felsblock und blickte das Tal entlang. Es war an beiden Seiten von schroffen Hängen gesäumt, die nur von dürrem, zähem Buschwerk und Gras bewachsen waren. Ein schmaler, seichter Bach wand sich in einem Bett aus rundgeschliffenen, grauen Kieseln am flachen Talgrund entlang. Aus den zerrissenen Waldflächen des Umlands drängten sich Ausläufer gerade bis zu dem Grat hin, von welchem das Gelände zum Trog des Tales hin abfiel. Man sah diesen Wald von hier unten wie einen dunklen Saum über den Rand der Hangkämme wuchern, mit nur wenigen vorspringenden Gehölzen, welche die mit Felsen übersäte Böschung herab Fuß gefasst hatten.
Schwere graue Wolken trieben schnell über die Himmelstiefe, zeichneten ihre Schatten auf die Hänge, ließen in rascher Folge das Licht der Sonne hinter ihren Decken verschwinden und dann wieder hervorstrahlen. Zum Westen hin war der Himmel bereits von bläulich quellenden Ballungen verhangen.
„Der Einschnitt des Tales wirkt wie ein Windkanal“, sagte Nanrid von den Messern, der sich als Führer ihrem Trupp angeschlossen hatte, „und der Wind wird das Feuer anfachen und lange genug am Leben halten, dass dieser Weg für längere Zeit für die Elfen und ihre Verbündeten unpassierbar sein wird. Damit habt ihr, was ihr wollt.“
Flammen fraßen sich schon zwischen den Reihen altersgeschwärzter Menhire hindurch, die sich vom Talgrund aus zu den Hängen streuten. Die Steine standen inmitten orangenen Flackerns starr wie Wellenbrecher in einer Brandung. Vor dem knisternden Voranschreiten dieser Flut sah er seine Leute geführt von Nefraku auf ihren Standort zueilen.
„Ich hoffe, es ist genug“, entgegnete er dem Kinvarda an seiner Seite. „Wenn dadurch ein, zwei Tage für die Flüchtlinge aus Kaigrant gewonnen werden, ist es gut. Mehr können wir nicht tun …“ Er stockte, als der hagere Waldläufer plötzlich ruckartig seinen Kopf wandte, zum Kamm der nördlichen
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