Der Fall der Feste
zerquetschte, gegen den Auric in seinem rettenden Sprung geprallt war.
Die Kinphauren schauten sich um und fanden sich in der Unterzahl. Ein paar Kinphauren, die an der Front des Angriffs gewesen waren, eingeschlossen zusammen mit den gegnerischen menschlichen Überlebenden. Das Blatt hatte sich für sie mit der Plötzlichkeit eines Blitzschlags gewendet.
Es gab keinen Zweifel daran, was sie erwartete. Die Erkenntnis spiegelte sich in ihren Blicken.
Als es vorbei war, untersuchte Auric rasch die Schwerter der Gefallenen und entschied sich für eines der kinphaurischen Schwerter, das von Form, Gewicht und Ausbalancierung am ehesten dem entsprach, was er gewohnt war. Sein altes Schwert hatte er am Schinnachbruch zwischen all den unbeerdigten, verrotenden Leichen der Angehörigen der Sechzehnten und ihrer Feinde zurücklassen müssen. Wahrscheinlich hatte es einer der valgarischen Verbündeten der Nichtmenschen als Plündergut für sich beansprucht. Sein letztes Schwert lag jetzt dort draußen zwischen den anderen Leichen.
Er überschaute, während er Nanrids Messer sicher in seinem Gürtel verstaute, die Schar der Überlebenden und musste mit Schrecken feststellen, dass sie auf knapp die Hälfte ihrer ursprünglichen Zahl zusammengeschrumpft waren. Davernian und Nefraku waren unter den Überlebenden, ebenso Vortig, Pfahl und Spinxer. Jag stand im Hintergrund des Torschachts und spähte argwöhnisch in die Düsternis vor ihnen hinein.
„Irgendwelche Vorschläge?“, fragte Auric, als er an Jags Seite trat.
„Außer schnell weg hier und irgendeinen Weg raus finden, auf dem uns nicht die Spitzohren erwarten? Wieso sollte ich?“
„Du hast immerhin das Tor schließen können.“
Der Blick, den Jag ihm zuwarf, war so knapp wie hart. „Kopfkissengeheimnisse. Jeder redet da.“
Auric ließ es auf sich beruhen. Dafür, was mit Jag im Saikranon geschehen war, was zwischen ihm und der Kinphaurin geschehen war, hatten sie jetzt keine Zeit.
Nirgendwo waren sie von vollständiger Dunkelheit umgeben, als sie in das Innere der Kinphaurenfeste eindrangen. Oft war das Licht nur schwach oder diffus, manchmal fiel es aber auch in hellen Bahnen von hoch oben herein, doch überall sorgte ein System ausgeklügelter Lichtschächte dafür, dass kein Teil der Kinphaurenfestung in undurchdringlicher Dunkelheit versank.
Auric hatte keine Vorstellung davon, wie diese Räumlichkeiten ausgesehen hatten, als die Festung noch bewohnt gewesen war, ob es Fackeln oder andere Lichtquellen gegeben hatte, welche alles taghell erleuchtet hatten oder ob an vielen Orten ständig eine halbverschattete Düsternis geherrscht hatte. Eines aber konnte er feststellen: Trotz der gemeinsamen Merkmale, die alle ihm bekannte kinphaurische Architektur trug, besaßen diese Bauten einen anderen Charakter als das Kinphaurenbauwerk im Saikranon, in dem ihr damaliger Senphore entführt worden war. Die Perspektiven und Dimensionen des Bauwerks damals hatten etwas seltsam Verdrehtes, die Sinne Verwirrendes, das Unterstes zuoberst kehrte und an jeder Orientierung im Räumlichen irrewerden ließen. Dieses verdrehte Charakteristikum fehlte den Gängen und Räumen, die sie hier vorfanden, so als zeigte die Architektur hier einen Grundzustand und nicht eine Form von in Dekadenz verfallenen Abirrungen.
Die Wände der Korridore, die sie passierten, zeigten eine brutale Kargheit, die von den kantigen Pfeilerreihen, sparsamen Friesen und stilisiert figürlichen Reliefs nur noch betont wurde. Während Aurics Mitkämpfer, von denen die überwiegende Mehrzahl noch nie ein Kinphaurenbauwerk gesehen hatte, mit mehr als bloß routinierter Wachsamkeit umherblickten, schlich sich in ihre Blicke ein Hauch von beklommenem Staunen und untergründiger abergläubischer Furcht. Sie waren in eine Welt geraten, das tönte ihnen aus jeder Nische, jedem Schacht entgegen, die nicht für Menschen gebaut war. Diese Hallen türmten sich mit monströser, fremdartiger Gleichgültigkeit über ihnen auf. Sie mochten sich sich zwar durch ihre Spalten und Durchstiege schleichen, doch diese Steine atmeten andere Räume und andere Zeiten. Diese Eindringlinge waren hier nur fremdes und kleines Getier.
In einer Formation, die Front, Rücken und Flanke schützte, waren sie durch verschiedene Korridore in riesige Kammern gelangt, ohne dabei auf eine Spur von Feinden zu stoßen. Man konnte glauben, dass sie Glück gehabt hatten, dass sich die Nichtmenschen alle draußen vor der Feste aufgehalten
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