Der Fall der Feste
ein zwitscherndes Schnauben, die beide fremdartige Silben artikulierten, drangen dabei gleichzeitig aus den Atemschlitzen seines Stummelschädels und dem Zahnschlund, wie in einer unheimlichen, einander umschlingenden schizophrenen Zwiesprache. Ein zweites Schnellen einer Bogensehne, ein Pfeil steckte nahe dem längeren Armpaar im Rumpf der Kreatur, da, wo man wohl von seiner Schulter sprechen musste. Er hielt den Kyprophraig nicht auf, der marschierte weiter. Sein Arm mit Spinnenfingern, die knisternde Netze woben, fuhr hoch in die Luft. Dann war er hinter Pfeilern verschwunden, Aurics Blick entzogen. Er hörte einen Schrei, Klirren von Metall, dann, unglaublich laut, das Geräusch als werde Stoff zerrissen, gefolgt von einem Donnerschlag und prasselndem Bersten. Der Schein eines grellen Zuckens tanzte über die Pfeilerreihen.
Auric sprang vor, entlang der Pfeiler, in die Richtung, wohin der Kyprophraig sich bewegt hatte, Nefraku mit ihm. Kaltes, scharfes Licht schlug in einen Pfeiler vor ihm ein, sengendes Geäder. Stein barst, Auric riss die Hände hoch, um sich vor den umherfliegenden Splittern zu schützen. Ein Schrei. Ein Körper wurde vor ihm von schrillem Gleißen erfasst durch die Luft geschleudert und prallte gegen eine Pfeilerseite, sackte leblos am Stein herab. Auric stürzte vor, sah die riesige pfahlgleiche Gestalt des Kyprophraigen vorübersausen. Direkt vor ihm zwischen zwei Pfeilern, wie von einer Sehne geschnellt. Und war schon wieder weg.
Geschrei, Klirren, Rasseln, direkt neben ihm, nur durch eine Pfeilerreihe getrennt. Auric hechtete um die Ecke herum, Nefraku neben ihm, vages Huschen weiterer Leute in der Peripherie seines Blicks, und sah die Monstrosität des Kyprophraigen mit ihm zugewandten Rücken, grell hervorgehoben in einer Bahn von der Decke her einfallenden Lichts. Zwischen ihm und einem von Aurics Leuten, der ihn angriff, explodierte die Luft von Blut. Zwei weitere Gestalten attackierten die Kreatur. Der Kyprophraig schwang eine sichelförmige Waffe, sein Hieb kam explosionsartig. Den einen Angreifer durchtrennte er glatt in der Mitte, dass beide Teile in einem Bogen – ein weiterer zerplatzender Schwall von Blut – zu Boden fielen. Den zweiten Angreifer erwischte der Kyprophraig mit einem Schlag eines seiner kürzeren Arme. Er fiel hintenüber, taumelte, schrie auf und stürzte rücklings über die Kante eines Schachts. Er verschwand schreiend in der Tiefe.
Eine Waffe. Er hatte noch nie eine Waffe bei einem Kyprophraigen gesehen. Natürlich, wenn sie keine Tiere sondern intelligent sind, warum sollten sie keine Waffen verwenden?
Dann war er selber bei dem Kyprophraigen. Sein Schwert bohrte sich in die Hüfte des Viehs, das riesig vor ihm aufragte. Er hörte Nefrakus Angriffsschrei direkt neben sich. Die Kreatur zuckte fauchend herum, über sich sah er den dampfenden Stachelschlund. Nur knapp entging er der zupackenden Klauenhand, ein Blitzen von Stahl durchschnitt sein Blickfeld. Zwei Klingen trafen den Kyprophraigen direkt hintereinander, er zuckte wankend hin und her. Sein Körper knickte herab, sein Maul sprang mit vorschnappenden Zahnreihen noch weiter auf, stülpte sich, blitzschnell wie eine Gottesanbeterin zupackt, über den Schädel eines Angreifers und zerbiss ihn in einem Platzen von blutigen Fetzen und Knochensplittern. Blut spritzte Auric über Gesicht und Körper, als sei er in einen heftigen Regenschauer geraten, ein Platzen fetter Tropfen. Nefrakus Schwert traf den Arm des Kyprophraigen und grub sich in dürres, ledriges Fleisch. Der Kyprophraig tobte wild, ein heulender, zuckender Sturm aus Gliedern, seine Klinge zerfetzte einen weiteren Angreifer, fegte einen anderen zur Seite. Auric wurde getroffen und zur Seite geworfen. Schatten von Gestalten drangen jetzt von allen Seiten mit blitzenden Klingen auf das Wesen ein, eine Übermacht, die sich auf die monströse Gestalt warf.
Grelles Licht explodierte mit ohrenbetäubendem Donner in ihrer Mitte.
Ein Hammer purer, sengender Kraft warf Auric zurück. Ein Keil weißer Blindheit fraß sich sekundenlang durch sein Hirn. Sein Rücken prallte schwer gegen Stein, dass seine Knochen knirschten. Er sank zu Boden. Flüssiges weißes Licht spülte rasend durch seinen Körper. Etwas vibrierte tief in ihm, ein mahlendes Brummen, ein roter Funke in seinem Inneren, eine geballte Faust. Ihm wurde schwarz vor Augen, während er das Gefühl hatte, jedes Haar aus jeder Hautpore müsse wie ein weißglühender Stachel von ihm
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