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Der Fall Lerouge

Der Fall Lerouge

Titel: Der Fall Lerouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Èmile Gabroriau
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Lubin. »Oder gib es fort.« Im übrigen schien er sich an diesem Tag wohler zu fühlen, aß mit Appetit und war gut gelaunt. Am Nachmittag verbrannte er im Kamin seiner Bibliothek Papiere. Der Donnerstag sah ihn wieder in schlechterer Verfassung. Nach der Unterredung mit dem alten Grafen machte er einen so kranken Eindruck, daß Lubin den Arzt holen wollte. Albert aber bemerkte nur, ihm fehle nichts, was ein Arzt kurieren könne.
    Das ungefähr war der Extrakt aus der Vernehmung der Dienerschaft, die zwanzig Seiten Protokoll umfaßte und Daburon zwei Stunden gekostet hatte. Jeder hatte Gelegenheit gehabt, die Wichtigkeit der eigenen Aussage hervorzukehren, und war also redselig und schwer zum Schweigen zu bringen gewesen.
    Der Bericht des Beamten, der Albert verhaftet hatte, bestätigte dessen Ausruf: »Ich bin verloren!« Wie Tabaret hielt auch der Beamte ihn für ein Schuldbekenntnis.
    Danach übergab der Beamte Daburon die beschlagnahmten Gegenstände; diese wurden auf einen Tisch gelegt und mit einem Tuch bedeckt, nachdem der Untersuchungsrichter sie zuvor mit den in Jonchère sichergestellten Spuren verglichen hatte.
    Erst kurz vorm Dunkelwerden war es soweit, daß Daburon Albert vorführen lassen konnte. Nach einigem Zögern entschloß er sich, die Vernehmung zu beginnen.
    Die Beweise reichten aus, den Angeschuldigten zu überführen. Daburon glaubte nicht, daß Albert Wesentliches zu seiner Verteidigung vorzubringen hätte. Und dennoch: Wieder schwankte der Untersuchungsrichter in seinem Entschluß, wieder war er von einer seltsamen Schwäche gelähmt. Er ließ sich, da er seit dem Morgen nichts mehr gegessen hatte, eine Flasche Wein und belegte Brote bringen, und während er aß, dachte er, daß er nicht so sehr der Speisen bedürfe als des Muts.
    Dann aber nahm er alle so:ne Entschlußkraft zusammen, sagte laut zu sich: »Es muß sein« und gab den Befehl, Albert de Commarin vorzuführen.
    * * *
    A lbert hatte nach seiner Verhaftung lange gebraucht, um wieder ins Lot zu kommen. Alles, was mit der Verhaftung zusammenhing, war vor seinem geistigen Auge wie in dichten Nebel gehüllt. Er hatte auf Fragen geantwortet, ohne seine eigene Stimme zu hören. Die beiden Polizisten, die ihn an den Armen die Treppe hinuntergeführt hatten, waren ihm zugleich Stütze gewesen; denn die Beine versagten ihm den Dienst. Was er wie aus der Ferne vom Schlaganfall des Grafen gehört zu haben glaubte, war seinem Gedächtnis wieder entfallen.
    Noch während der Fahrt zum Gefängnis, als er zwischen zwei Polizisten gesessen hatte, war er sich über den Ernst seiner Lage nicht klargeworden. Er konnte sein Denken nicht auf einen Punkt konzentrieren, konnte sich nicht genau die Umstände ins Gedächtnis rufen, die mit seinem Besuch bei Madame Lerouge zusammenhingen. Er wußte nur noch: Sein Vater war dabeigewesen, und es mußte Frühling gewesen sein, da er an den Wegrändern Maiblumen hatte leuchten sehen. Auch davon hatte er noch eine ungefähre Vorstellung: daß die alte Frau am Gartentor gestanden und mit unterwürfiger Stimme gesprochen hatte, während der Graf ihr mürrisch zuhörte und ihr schließlich Geld in die Hand drückte.
    Die Fragen, die man ihm bei der Aufnahme im Gefängnis stellte, beantwortete er mechanisch; die Visitation ließ er gleichmütig über sich ergehen. Er dachte während der ganzen Zeit nur an Claire. Daß man ihn durch lange, dunkle Gänge in eine kleine Zelle führte und die Tür verriegelte, nachdem man ihn hineingestoßen hatte, erlebte er wie im Traum. Die Stille rings um ihn, die Dunkelheit und die Feuchtigkeit der Wände nahm er kaum wahr. Entmutigt warf er sich auf die Pritsche unter dem kleinen vergitterten Fenster, das einen Abglanz des Tageslichts in die Zelle ließ, und erst nach geraumer Weile fröstelte ihn, so daß er die ihm zugeteilte Wolldecke über sich zog.
    Bald darauf war er in den tiefen Schlaf der Erschöpfung gesunken.
    Erfrischt erwachte er vier Stunden später. Sein Kopf schien ihm klarer zu sein als jemals seit dem Tag, an dem Noël ins Palais gekommen war. Das bedeutete aber auch, daß er die ganze Trostlosigkeit seiner Lage begriff, und er erschrak. Er spürte das drängende Bedürfnis, sich mit jemandem auszusprechen und alle Mißverständnisse aufzuklären.
    Seine Uhr, das stellte er fest, als er wissen

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