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Der Fall Struensee

Der Fall Struensee

Titel: Der Fall Struensee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Hausen
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Tür. Er hörte undeutliches Gemurmel, dann Weinen. „Gehen Sie, Graf Holck”, sagte Struensee, „es ist besser, wenn ich mit ihm allein bin.”
    Holck zuckte beleidigt die Achseln und entfernte sich schweigend. Struensee klopfte leise an die Tür. Niemand antwortete. Er klopfte abermals. „Wer ist da?”, fragte eine dünne Stimme von drinnen.
    „Ihr Arzt, Sire, Doktor Struensee.”
    „Was wollen Sie?”
    „Ich habe gehört, dass es Ihnen nicht gut geht.”
    „Da haben Sie richtig gehört.“
    „ Vielleicht kann ich Ihnen helfen.“
    Es dauerte eine Weile, da öffnete sich die Tür einen Spalt breit und der Arzt schlüpfte hinein. Christian schloss rasch die Tür und verriegelte sie. Er hatte seinen Galanteriedegen in der Hand, stand da in Hemdsärmeln, ohne Weste, ohne Rock. Seine Frisur hatte sich gelöst, und die blonden Haare hingen ihm ins Gesicht. Seine Augen waren weit aufgerissen und voller Angst. Struensee nahm ihm behutsam den Degen aus der Hand. Christian ließ sich auf dem Bett nieder, schlug sich die Hände vors Gesicht und weinte haltlos. Der Arzt setzte sich schweigend zu ihm. Nach einer Weile richtete Christian sich auf und fragte leise: „Glauben Sie, dass ich wahnsinnig bin?"
    „Aber nein“, antwortete Struensee.
    „ Und wenn ich Ihnen sage, dass ich den Teufel gesehen habe?“
    „Den Teufel?“, rief Struensee.
    Christian wurde sehr aufgeregt. Er sprang vom Bett und schrie: „Hier in diesem Zimmer. Ich habe ihn gesehen.“
    „Wie sah er denn aus?“, fragte Struensee ruhig.
    „Wie ein Lakai.“
    „ Woher wissen Sie, dass es der Teufel war?“
    „Ich sah es an seinen Augen“, stöhnte Christian. „Man kann sie nicht beschreiben, sie sind furchtbar und lauernd. Sie sind wie Eis. Sie warten auf meinen Tod.“ Struensee schwieg eine Weile und meinte dann: „Vielleicht erinnern diese Augen Sie an die Augen einer Ihnen bekannten Person.“ Christian stieß einen Schrei aus: „Das ist wahr, Sie haben das genau erkannt.“
    „Wer ist es.“
    „ Ich kann darüber nicht sprechen. Es ist entsetzlich.“ Namenlose Angst sprach aus Christians Augen.
    „ Sie müssen darüber sprechen, Sire“, sagte Struensee, „sonst kann ich das Gespenst nicht bannen. Vertrauen Sie mir.“
    „ Ich habe Vertrauen zu Ihnen. Sie haben mir auf dem Schiff geholfen. Seit Sie da sind, ist mir leichter ums Herz.“
    Der König sah ihn treuherzig an.
    „Sie haben eben zu Graf Holck gesagt, er sei der Teufel. Hat er solche Augen?“ Christian nickte langsam und starrte auf den Boden. „Alle schauen sie mich so an. Sie wissen es alle. Dass ich nicht der König bin. Ich wurde als Kind vertauscht. In Wirklichkeit bin ich nämlich der Sohn eines Bauern.“
    Ein vertauschter Kopf, dachte Struensee, wieder ein Beispiel, bei dem die Gemütsart zu seinem Stand nicht passte. Ein König, der nicht König sein wollte. Und auch nicht dazu taugte. Aber das konnte noch nicht alles sein, es gab wohl noch mehr, was ihn peinigte. Jetzt sagte er nur: „Der Teufel ist nur eine Ausgeburt Ihrer Angst.“
    „Mir kam er aber sehr wirklich vor“, versicherte ihm der König. „Das liegt daran, dass das Gefühl, das ihn erschaffen hat, durchaus wirklich ist. Sire, Sie müssen vor allem dahin kommen zu akzeptieren, dass Sie der König sind. Es ist Ihre Bestimmung und Ihre Aufgabe.“ Christian nickte und sagte: „Sie müssen bei mir bleiben. Mir helfen. Werden Sie das tun?“
    „Ja“, sagte Struensee schlicht, „aber nun müssen Sie sich schlafen legen.“ Christian entkleidete sich folgsam und legte sich ins Bett. Die Augen fielen ihm zu und die ruhigen Atemzüge verrieten Struensee, dass er eingeschlafen war. Er löschte die Kerzen und ging hinaus. Draußen auf dem Gang stieß er auf Holck, der ihn verängstigt ansah. „Hat er sich beruhigt?“, fragte er.
    „Er schläft“, erwiderte Struensee.
    „Wa s war das? War es ein Anfall?“
    „Es war eine Krise.“
    Der König sagte ihm an folgenden Tag, dass er die Reise abbrechen und nach Dänemark zurückkehren wolle. Struensee unterstütze ihn in diesem Wunsch. Er erklärte Holck und Bernstorff, dass es aus ärztlicher Sicht angeraten sei, die Reise nicht fortzusetzen und zurückzureisen. Schatzmeister Schimmelmann atmete hörbar auf, als er das hörte. Der König hatte sowohl in England als auch in Frankreich das Geld mit vollen Händen hinausgeworfen. Die Gesamtsumme der Reisekosten betrug über anderthalb Millionen Taler, die das ohnehin verschuldete Land aufbringen

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