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Der Fall Struensee

Der Fall Struensee

Titel: Der Fall Struensee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Hausen
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Eingriff in Gottes Weltordnung, die nach seiner Auffassung darin bestand, dass Strafe und Schande dem Fehltritt auf der Stelle folgten. Und da forderte dieser Freigeist auch noch die Straffreiheit lediger Mütter!
    Verzweifelt über die Schikanen der Zensurinstanzen, die Machenschaften der Obrigkeit und der Geistlichkeit erwog Struensee ernsthaft, nach Ostindien auszuwandern.
    Darüber dachte er nach, als er in Hamburg auf der Galerie des Baumhauses stand und auf den Binnenhafen hinunter schaute. Am liebsten wäre er gleich in eines der Schiffe gestiegen, die dort unten zu Hunderten lagen. Englische Dreimaster mit scharfem Kiel, runde schwere Holländer, Walfischfänger mit geflickten Segeln, Spanier, Portugiesen und Russen. Im Tauwerk, das aus der Entfernung einem Spinnengewebe ähnlich sah, kletterten Seeleute herum. Überall wurde repariert, gebaut, ein-und ausgeladen. Überall Gewimmel und Geschäftigkeit. Aus seiner Perspektive erinnerte das alles an die Emsigkeit von Ameisen. Das Baumhaus, auf dessen Terrasse er stand, war nicht nur Gasthaus, es diente außerdem als Zollhaus und Börse.
    Er wartete auf Reimarus, der bei dem Theaterdichter Lessing eine Augenuntersuchung vornehmen wollte. Den Dichter würde er gerne einmal kennenlernen. Vor Kurzem hatte er sein gesellschaftskritisches Theaterstück „Minna von Barnhelm“ gesehen, das etliche Seitenhiebe gegen die preußische Regierung enthielt. Er setzte sich an einen Tisch, bestellte Kaffee und genoss den Ausblick auf den Hafen und die Stadt. Nach einer Weile verdeckten zwei Männer seine Sicht. Es waren Reimarus und sein Patient, den er mitgebracht hatte.
    S truensee sprang auf und begrüßte Lessing erfreut. Der Dichter bestellte eine Kanne Wein und alsbald waren die drei ins Gespräch vertieft. Lessing hörte sich teils ernst, teils schmunzelnd Struensees Bericht über seine Auseinandersetzungen mit den Zensurbehörden an. Dann sagte er: „Wundert mich nicht, verehrter Doktor, wenn man bedenkt, mit wem Sie sich angelegt haben – und vor allem welche Themen Sie anschneiden.“ Er schnalzte mit der Zunge. „Sie setzen sich, wie ich höre, für ledige Mütter und Geschlechtskranke ein.“
    „Na, Sie müssen gerade reden! Sie können froh sein, dass der Arm des Preußenkönigs nicht bis hierher reicht“, konterte Struensee lächelnd.
    „Un d außerdem sind Sie mit Juden befreundet!“ Lessing schüttelte in gespielter Empörung den Kopf.
    „Er hat sogar eine Zeit lang im Judenviertel gewohnt“, antwortete Reimarus, erhob sein Glas und prostete Struensee und Lessing zu. „Und ich habe ein Theaterstück mit dem Titel ‚ Die Jude n′ geschrieben“, trumpfte Lessing auf.
    „Ach, lassen Sie hören!“, rief Struensee.
    „Ich möchte es hier in Hamburg aufführen und bin gerade dabei es zu überarbeiten. Es geht darin um einen edelmütigen Reisenden, der einem Baron bei einem Überfall das Leben rettet. Die beiden Räuber haben sich als Juden getarnt, einer der beiden entpuppt sich später als der Gutsverwalter des Barons. Und bei dem Reisenden handelt es sich um einen reichen Juden, der inkognito reist.“
    „ Sie wollen damit wohl mit Vorurteilen gegenüber den Juden aufräumen“, sagte Struensee. Lessing lachte ironisch. „Nach der Erstaufführung in Nürnberg äußerte sich ein Kritiker, dass ein rechtschaffener und edler Jude an und für sich ziemlich unwahrscheinlich sei.“
    „Nichts ist so fest im Gedächtnis der Leute verwurzelt wie Vorurteile. Das trifft besonders auf die Vorurteile zu, die sich auf Juden beziehen“, meinte Struensee bedauernd.
    "Man hasst sie nicht nur wegen ihres Glaubens und ihrer krummen Nase, sondern auch wegen gewisser Eigenschaften, für die sie eigentlich nichts können. Man knebelt ihre Hände und beschuldigt sie dann, sie nicht zu benutzen. Indem man sie von den ehrlichen Berufen ausgeschlossen hat, zwang man sie zu Lumpenhandel und Wucher “, ereiferte sich Lessing und zitierte aus seinem Stück: " Wenn ein Jude betrügt, so hat ihn unter neunmalen der Christ vielleicht siebenmal dazu genötigt. Ich zweifle, ob viele Christen sich rühmen können, mit einem Juden aufrichtig verfahren zu sein; und sie wundern sich, wenn er ihnen Gleiches mit Gleichem zu vergelten sucht? Sollen Treu und Redlichkeit unter zwei Völkerscharen herrschen, so müssen beide gleich viel dazu beitragen. Wie aber, wenn es bei der einen ein Religionspunkt und beinahe ein verdienstliches Werk wäre, die andere zu verfolgen?"
    „Das

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