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Der Fall von Katara

Der Fall von Katara

Titel: Der Fall von Katara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo L. Wuldt
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Was willst du von mir?“, schrie Frau Alonis wütend.
    „Ich will dich hier festhalten bis ans Ende deiner Tage“, sagte MUTTER mit einer anderen Stimme als vorher. Diesmal klang es wie eine alte Frau, die ihr ganzes Leben hinter sich hatte.
    „Du machst mir keine Angst, MUTTER. Du bluffst doch nur. Du weißt ganz genau, wenn ich bis heute Abend nicht wieder in der Denkfabrik zurück bin, und das ist genau in, äh, wo ist meine Armbanduhr? Na gut. Mich imponieren deine Tricks nicht. Auf jeden Fall verhält es sich folgendermaßen: Wenn ich mich nicht bald in der Denkfabrik zurückgemeldet habe, dann wird Katara wahrscheinlich einen Grund für einen Kriegseintritt haben. Wollt ihr das?“, drohte Frau Alonis.
    „Es wird sowieso Krieg geben. Ihr werdet auf jeden Fall einen Grund dafür finden. Aber wir haben einen Joker mehr in der Hand.“
    „Wer soll das sein?“, fragte Frau Alonis.
    „Du! Du bist der Joker. Du warst schließlich verrückt genug zu kommen.“
    „Ich bin auf der Suche nach meinem Sohn, und das ist mein Recht als Mutter. Ihr haltet mich als Geisel gegen meinen Willen fest. Nur zu! Katara wird euch mit einem Schulterzucken vernichten. Unsere Waffen werden eure Städte dem Erdboden gleichmachen. Und wer ist schuld daran? Ein berechnendes Computersystem, das seine Befugnisse überschritten hat, findest du nicht?“, schrie sie mit hochrotem Kopf.
    „Auf der Suche nach dem verlorenen Sohn? Das kannst du deiner Großmutter erzählen. Aber gut, ich lasse dich gehen, wenn du mir das hier unterschreibst“, sagte MUTTER und zeigte ihr ein Formular.
    „Was ist das?“, lachte Frau Alonis entnervt.
    „Das ist ein Antragsformular für den freiwilligen Verzicht auf deine Lebensberechtigung.“
    „Ich unterschreibe doch nicht mein eigenes Todesurteil. Für wie blöd hältst du mich?“
    „Das ist kein Sterbehilfefreiantrag, sondern lediglich eine Weiterlebensberechtigungs-Verzichtserklärung. Damit trittst du nur deine nachhaltigen Rechte für die posthume Verwendung deines Ur-Genoms bei Zwangs-in-vitro-Fertilisationen ab“, sagte MUTTER.
    „Na, wenn es weiter nichts ist? O.K. Du hast gewonnen. Wo muss ich also unterschreiben?“, sagte sie und riss ihm das Formular aus der Hand. Sie wusste sowieso, dass das alberne Geschwätz nur ein Hirngespinst ihres Drogenrausches war. Folglich konnte sie den Antrag auch getrost unterschreiben. Sie war durchaus nicht mehr im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte und konnte somit auch keine freien Entscheidungen mehr treffen. Also war der Vertrag null und nichtig. Sie fühlte sich unmündig. Wut stieg in ihr auf. Dieser Gutzwerg wollte ein Spielchen mit ihr spielen? Gut. Bitte. Sie hatte nichts mehr dagegen, sein langweiliges Spielchen mitzuspielen.
    Als sie den Antrag lesen wollte, erkannte sie nur ein weißes Stück Papier, sonst nichts. Sie drehte es um und bemerkte, dass auch die andere Seite unbeschrieben war, bis auf eine kleine Stelle am unteren Rand des Formulars, wo Datum, Zeit und der Name des Antragsstellers beziehungsweise ihr Name eingetragen war. Das wunderte sie jetzt schon ein bisschen.
    „Du solltest dort unterschreiben“, sagte MUTTER mit ruhigen Worten und zeigte an die freie Stelle über ihrem Namen.
    „Und der Text wird wahrscheinlich nachträglich hinzugefügt, oder?“, fragte sie.
    „Genau, so ist es“, meinte MUTTER lächelnd.
    Sie lächelte schizophren mit, griff in ihre Tasche und suchte ihren Kugelschreiber. Das konnte sie blindlings unterschreiben. Jeder Diplom-Grafologe konnte feststellen, ob der Text vor oder nach der Unterschrift entstanden war. Sie nahm ein kleines Rohr heraus, das aus einem adrenalinhaltigen Sicherheitsglasfaser-Mischgewebe bestand, worin sie den Kugelschreiber aufbewahrte. Sie klickte die Mine hervor und wollte diese auf dem Formular ansetzen, als sie von einem Gedanken zurückgeschreckt wurde. Die Yakkis besaßen eine Technologie, die eine Holographie erzeugen konnte, die einen festen Körper hatte? Wer weiß, wozu sie noch fähig waren? Vielleicht konnten sie auch perfekte Plagiate erstellen oder Schriftstücke so fälschen, dass die Fälschungen besser als die Originale waren? Vielleicht konnten sie sogar einen Text zu einer Unterschrift nachträglich hinzufügen, sodass es den Anschein hatte, als hätte er sich schon vorher auf dem Papier befunden? Frau Alonis wurde etwas unsicher und nahm das obere Ende ihres Kugelschreibers in den Mund.
    Vor Aufregung nagte sie mit ihren Zähnen an der Kappe des

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