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Der Fall von Thormain

Der Fall von Thormain

Titel: Der Fall von Thormain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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gute Nachricht. Deine Freunde sind frei. Du kannst wieder lachen und dich dankbar erweisen.«
    »Danke«, sagte Kalathee abwesend. »Danke, Herr, für deine Güte. Ich bin deine Sklavin.«
    Argur hielt inne und beobachtete forschend ihr überirdisch schönes, aber wie entseelt wirkendes Gesicht.
    »Dass es deinen Freuden gutgeht, scheint dich aber gar nicht froh zu machen«, sagte Argur missmutig. »Glaubst du mir nicht? Zweifelst du etwa am Wort eines Argur von Solth?«
    Kalathee schüttelte den Kopf. »Das nicht.«
    »Was dann?«
    »Mein Milchbruder«, murmelte Kalathee traurig. »Wenn ich von ihm getrennt bin, fühle ich mich wie tot. Ich muss ihn wenigstens einmal sehen, ihn berühren können, sehen, dass er wohlauf ist, damit ich mich am Leben wieder freuen kann.«
    »Das lässt sich gewiss einrichten«, sagte Argur. »Du kannst alles von mir haben, Herzchen, wenn du dich freundlicher zeigst. Ich erwarte nur ein wenig Entgegenkommen von dir.«
    »Ich weiß, aber zuerst muss der Bann von mir genommen werden«, sagte Kalathee traurig.
    »Was für ein Bann?« wollte Argur wissen.
    Und Kalathee erzählte: »In jungen Jahren, als wir noch nichts von der Liebe und vom Leben wussten, haben wir, mein Milchbruder Mythor und ich, uns innerhalb eines magischen Kreises ewige Treue geschworen. Keiner sollte ohne das Einverständnis des anderen Zärtlichkeiten eines Außenstehenden an sich zulassen. Dieser Zauber wirkt noch immer. Ich habe schon einmal erlebt, wie ein Mann durch meine Umarmung von magischem Feuer verzehrt wurde. Das darf ich dir nicht antun, Argur.«
    Argur von Solth ließ sofort ihre Hände los, als habe er sich daran verbrannt. Als er den ersten Schreck überwunden hatte, wurde er jedoch sofort wieder misstrauisch. »Wenn du mich täuschst, Herzchen, dann sollst du mich kennenlernen«, sagte er. »Ehe sich's dein Milchbruder versieht, wird er sich im Kerker wiederfinden und du bei ihm.«
    »O nein, bitte nicht!« rief Kalathee erschrocken aus. »So grausam darfst du nicht sein, wenn du mich wirklich begehrst. Es genügt, dass du mich mit meinem Milchbruder zusammenbringst, damit er den Bann von mir nimmt. Dann kann ich dein sein.«
    Das Verlangen erwachte in Argur sofort wieder. Er musste dieses Mädchen besitzen, koste es, was es wolle - nur vom magischen Feuer wollte er sich nicht verzehren lassen.
    »Gut, es soll sein«, beschloss er.
    »Es geht aber nur unter einer Bedingung.«
    »Was denn noch?«
    Kalathee vollführte eine Geste der Verzweiflung. »Mythor und ich haben herausgefunden, dass der Bann nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen gebrochen werden kann«, sagte sie. »Und es eignet sich nicht jeder Ort dafür. Aber in Thormain gibt es einen solchen Ort, und nur darum haben wir so viele Gefahren auf uns genommen und sind hierhergekommen.«
    »Was für einen Ort meinst du?« erkundigte sich Argur.
    »Den thormainischen Brunnen.«
    »Den. Brunnen?« Argur fröstelte unwillkürlich. Es gab keinen Piraten in Thormain, der freiwillig den sagenumwobenen Brunnen aufgesucht hätte. Argur war um nichts in der Welt bereit, sich an diesen unheimlichen Ort zu begeben, nicht einmal für diese begehrenswerte Frau. Aber schließlich wurde das von ihm nicht verlangt; er konnte jemanden bestimmen, der das seltsame Geschwisterpaar zum Brunnen führte. Dennoch war er in Sorge um Kalathee. »Weißt du denn überhaupt, welches Wagnis du auf dich nehmen willst?« fragte er eindringlich.
    »Wie anders könnte ich dir meine Dankbarkeit erweisen?« fragte sie traumverloren.
    Daran war etwas Wahres. Die geringe Aussicht, dass sie vom Brunnen wiederkehrte und frei für ihn war, war besser, als sie nur ansehen zu dürfen.
    Er wollte gerade seine Zustimmung geben, als die Tür aufflog und zwei Wachen hereinstürmten. Hinter ihnen tauchte eine schwarze Gestalt mit wehendem Umhang auf. Es war Welleynn. Er brauchte nur ein Wort zu sagen, um Argur von Solth in Aufruhr zu versetzen: »Caer!«
    Als der Scharfrichter den »König der Meere« erreicht hatte, vertraute er ihm noch flüsternd an: »Eigentlich wäre das noch kein Grund zur Besorgnis gewesen, denn es hat sich lediglich um eine kleine Reitergruppe gehandelt. Das schlimme ist nur, dass Kend und seine Bande über den Haufen hergefallen sind. Ich weiß selbst noch nichts Genaues, aber wir werden bald mehr erfahren. Es heißt, dass Kend zwei überlebende Caer gefangengenommen habe und nun im Triumphzug mit ihnen in Thormain einreite.«
    »Dieser Narr gehört geschultert!«

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