Der Fall von Thormain
Kalathee.«
»Wäre ich nicht sicher, dass sie im Nest gut aufgehoben ist, würde ich sie keinen Augenblick länger dort lassen«, versicherte Mythor.
»Und wie wollen wir zu diesem Brunnen gelangen?« fragte Nottr.
»Unser Freund Yargh Mainer wird uns hinführen«, antwortete Mythor.
»Das ist gut«, sagte Nottr und schlug in Vorfreude auf diese Begegnung mit der Faust in die hohle Hand.
Sadagar übernahm es, sich nach dem Weg zu Yargh Mainers Haus zu erkundigen. Es stellte sich heraus, dass er in Thormain bekannt wie falsches Geld war und es kaum einen gab, der nicht wusste, wo sich sein Haus befand. Es dämmerte bereits, als sie ihr Ziel erreichten. Die ersten Laternen wurden in den Straßen angezündet, der Lärm, der aus den Schenken kam, wurde lauter: Thormain erwachte mit Einbruch der Nacht zum Leben.
»Da vorne ist Yarghs Haus«, sagte Sadagar. »Wir haben es gleich geschafft.«
Als sie sich dem Eingang näherten, wurde die Tür geöffnet, und eine dickbäuchige Gestalt in Frauenkleidern kam heraus. Ein schwarzer Schleier verhüllte das Gesicht.
»Das ist doch,!« rief Nottr aus und wollte nach vorne stürmen.
Aber Mythor hielt ihn lachend zurück. »Nicht so hastig, Nottr«, sagte er. »Wir wollen den Schleier erst lüften, wenn wir an einen ruhigeren Ort kommen.«
*
Yargh Mainer hatte seinen siebten Fluchtversuch noch sorgfältiger vorbereitet. Beim letzten Mal, als er sich als Beinloser ausgab und auf einem Wägelchen aus der Stadt zu rollen versuchte, hatte er das Mitgefühl und die Menschenfreundlichkeit der Piraten überschätzt. Sie hatten vor nichts und niemandem Achtung, außer vielleicht vor schwangeren Frauen. Dies wollte er sich nun zunutze machen, indem er in Frauenkleider schlüpfte, seinen Bauch mit einem Strohballen ausstopfte und sich einen watschelnden Gang zulegte.
Tatsächlich blieb Yargh unbehelligt, ja, die Piraten machten ihm Platz, und einer beförderte sogar einen Betrunkenen mit einem Tritt zur Seite, um der werdenden Mutter mit dem schleierverhüllten Gesicht freie Bahn zu verschaffen. Beim Verlassen des Hauses hatte er noch ein mulmiges Gefühl gehabt, aber jetzt stieg seine Zuversicht. Zu seiner wirklich vollendeten Tarnung kam noch der günstige Umstand, dass er seine drei Peiniger Kend, Rigon und Vaughen außerhalb der Stadt wusste. Diesmal konnte wirklich nichts schiefgehen.
Es war auch hoch an der Zeit, dass er Thormain verließ. Er hatte nämlich gehört, dass die als Spielleute verkleideten Abenteurer, die er an Welleynn ausgeliefert hatte, wieder auf freien Fuß gesetzt werden sollten. Damit nicht genug, ging das Gerücht um, dass die Caer einen Überfall auf Thormain planten. Es war wirklich an der Zeit, von hier zu verschwinden.
Er hatte schon eine beachtliche Strecke zurückgelegt und kam in eine enge, verlassene Gasse. Als er sich unbeobachtet fühlte, rückte er seinen Strohbauch zurecht und verschränkte dann die Hände davor, um ihn zu halten.
Da traten ihm plötzlich zwei Gestalten in den Weg, die er an der Statur sofort erkannte. Die eine war gedrungen und muskulös, die andere dünn und mickrig. Sadagar und Nottr, der wilde Barbar!
Yargh riss vor Schreck die Arme hoch, und da spürte er, wie der Strohballen unter seinem Kittel zu Boden plumpste.
»Was für ein Unglück, eine Frühgeburt!« sagte eine vertraute Stimme hinter ihm. Und da stand Mythor. Seine starke Hand erschien vor Yarghs Gesicht und entfernte den Schleier. Dabei stellte er hohntriefend fest: »Der Schmerz über den Verlust des Kindes steht der armen Frau ins Gesicht geschrieben. Wie herb ihre Züge sind, wie leichenblass die Haut!«
Yargh brachte keinen Ton über die Lippen. Nottr kam heran und gab dem Strohballen einen Tritt. Sadagar sagte: »Was für ein seltsames Kindlein aus Stroh. Ich dachte, solches habe unser Freund nur im Kopf.«
»Was... was wollt ihr?« stammelte Yargh. »Ich habe euch nichts getan. Ihr könnt alles haben, nur.«
»Ich nehme dich beim Wort, Yargh«, unterbrach ihn Mythor und packte ihn mit Daumen und Zeigefinger an der Nase. »Du wirst uns den Gefallen tun und uns zum thormainischen Brunnen führen.« »Nein!« rief Yargh entsetzt aus. »Das könnt ihr nicht von mir verlangen. Nur das nicht!«
»Auch gut«, sagte Nottr gleichgültig. »Dann mache ich das Hebammenspiel mit dir.«
»Was ist das?«
»Ich werde dir den Bauch aufschlitzen und nachsehen, ob du nicht noch einen Zwilling in dir trägst«, sagte Nottr und bleckte sein Gebiss .
»Ich gebe
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