Der Fall
Arnold Doniger‹. Anscheinend ist Claire Doniger verheiratet.«
»Warum haben wir dann nie etwas von Mr. Doniger gehört?«, warf Guff ein.
»Genau das frage ich mich auch«, sagte Sara. »Aber das herauszufinden dürfte nicht allzu schwer sein.«
Zurück in ihrem Büro, rief Sara Claire Doniger an. »Hallo, hier Claire«, meldete sich Ms. Doniger.
»Guten Tag, Mrs. Doniger. Hier spricht Sara Tate. Dürfte ich Sie vielleicht um einen Gefallen bitten?«
»Hören Sie, das hatten wir doch gestern schon«, sagte Ms. Doniger. »Ich –«
»Eigentlich hätte ich gern Ihren Mann gesprochen.«
Am anderen Ende der Leitung trat eine kurze Pause ein. Schließlich sagte Claire Doniger: »Mein Mann ist tot.«
Erschrocken sagte Sara: »Oh, das tut mir Leid. Wann ist er gestorben?«
Wieder eine kurze Pause. »Letzten Freitag.«
»Tatsächlich?« Sara gab sich Mühe, nicht argwöhnisch zu klingen, während sie im Kopf die Tage nachrechnete. »Hoffentlich hat sich Ihr Zeugentermin nicht mit dem Begräbnis überschnitten. Wann war es?«
»Am Samstag.« Bevor Sara eine weitere Frage stellen konnte, fügte Claire Doniger hinzu: »Um ehrlich zu sein, die letzte Woche war eine richtige Tortur für mich. Er war schon einige Zeit krank – und nun ist er endgültig an seinem Diabetes gestorben. Deshalb wollte ich auch nichts mehr mit dieser Einbruchsgeschichte zu tun haben. Sie erschien mir neben all dem anderen, was ich durchgemacht habe, plötzlich so belanglos.«
»Das kann ich gut verstehen. Tut mir Leid, dass ich Sie so bedrängt habe.«
»Schon gut. Und mir tut es Leid, dass ich Ihnen gegenüber so schroff war. Für mich war das alles nicht ganz leicht.«
»Natürlich. Darf ich Ihnen bei dieser Gelegenheit auch gleich mein aufrichtiges Beileid aussprechen! Es tut mir Leid, Sie belästigt zu haben.« Sobald Sara aufgelegt hatte, blickte sie zu Moore und Guff auf.
»Er ist tot?«, fragte Guff.
»Sie sagte, er starb letzten Freitag. Anscheinend hatte er Zucker. Sie sagt, er war schon länger krank.«
»Das glauben Sie doch nicht im Ernst, oder?«, sagte Moore.
»Natürlich nicht. Wir hatten die letzten zwei Wochen ständig mit dieser Frau zu tun, und da soll sie den Tod ihres Mannes mit keinem Wort erwähnt haben? Wir haben sie am Montag gesehen und sie hat nichts gesagt. Zu diesem Zeitpunkt wäre sie noch keine zweiundsiebzig Stunden Witwe gewesen.«
»Was werden Sie jetzt tun?«, fragte Guff.
»Das würde ich gern von Ihnen wissen«, entgegnete Sara. »Was ist nötig, um eine Leiche zu exhumieren?«
Um halb neun war Jared endlich allein in seinem Büro. Kozlow war vor fast zwei Stunden gegangen, und Kathleen war gerade zu ihrem Mann nach Hause gefahren. Froh über die Stille, aber nicht in der Lage, sich zu entspannen, saß Jared auf der Stuhlkante und ging im Kopf die bevorstehende Unterhaltung mit Sara durch. Zuerst würde er ihr erzählen, dass er in der Mittagspause mit Pop gesprochen hatte. Das würde sie etwas aus der Reserve locken. Dann würde er sie fragen, wie es im Büro lief. Obwohl sie sich daraufhin vermutlich wieder in ihren Panzer zurückziehen würde, war ihm klar, dass er die anstehenden Punkte rasch anschneiden musste. Im Lauf der letzten Abende hatte er beobachtet, wie Sara, egal, um welches Thema es sich handelte, immer schneller die Geduld verlor. Deshalb würde es nicht gerade einfach werden, über berufliche Dinge eine längeres Gespräch mit ihr zu führen.
Jared sah auf die Uhr. Er durfte nicht mehr länger warten. Er war schon seit dem Mittagessen versucht gewesen, sie anzurufen. Aber es war sicher klug gewesen, bis zum Abend zu warten. Inzwischen war Sara müde und frustriert, und der lange Arbeitstag hatte seinen Tribut gefordert. Wie sein Professor für Wirtschaftsrecht immer gesagt hatte: »Je müder die Beute, desto leichter geht sie ins Netz.« Es war der abgedroschenste Spruch des Professors gewesen, aber als Jared nun zum Telefon griff, hätte er ihm nicht mehr zustimmen können.
Er wählte Saras Nummer und wartete, dass sie abnahm.
»SBA Tate.«
»Sara, ich bin’s.«
»Was willst du?«
Jared verlieh seiner Stimme etwas Warmes und Aufrichtiges. »Ich wollte nur hören, wie es dir geht. Ist das genehmigt?«
»Sicher. Was gibt’s sonst Neues?«
»Ich habe mit Pop gesprochen. So, wie er sich anhört, geht es ihm schon wieder besser.«
»Ich weiß. Ich habe ihn in der Mittagspause besucht. Danke, dass du dich um ihn gekümmert hast.«
»Das ist doch selbstverständlich.«
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