Der Fall
Das Gespräch geriet ins Stocken.
»Also, Jared, warum rufst du wirklich an?«
Jared schüttelte den Kopf. Seine Frau kannte ihn zu gut. »Ich wollte dir einen letzten Vorschlag machen.«
»Jared!«
»Hör mir doch erst mal zu. Ich will dir nicht wieder die Ohren damit vollquatschen, was gut für meinen und deinen Job ist. Hier geht es um etwas Wichtigeres als unsere Karrieren. Du hast selbst gesagt: Es geht um unsere Ehe und um unser Leben. Solange wir mit diesem Fall befasst sind, steht das alles auf dem Spiel. Du hast selbst gesehen, wie es in den letzten anderthalb Wochen war. Kein Tag, an dem wir keine Reibereien haben; keine Nacht, in der wir nicht aus den Augen verlieren, worauf es wirklich ankommt. Sara, wenn wir das Verfahren einstellen, hat das alles auf der Stelle ein Ende. Dann können wir wieder ein normales Leben und eine normale Ehe führen und uns um Pop kümmern und was sonst noch ansteht.«
»Und das ist dein letztes Angebot? Dein berühmter Vorschlag, das Verfahren einzustellen?«
»Richtig. Ab morgen werde ich anfangen, die Beweisanträge vorzubereiten. Und sobald das einmal losgeht, wird es wirklich ernst, auch wenn ich nach wie vor versuche, dich zu schonen. Deshalb, Liebling – was meinst du?«
»Ganz gleich, wie du es drehst und wendest, Jared – was du gerade machst, ist reine Manipulation. Glaubst du im Ernst, das würde ich nicht merken?« Sara lachte. »Außerdem werde ich auf keinen Fall etwas unternehmen, solange ich nichts vom Gerichtsmediziner gehört habe.«
»Was brauchst du für diesen Einbruch einen Gerichtsmediziner?«
»Tja, wenn wir ihn dazu bewegen können, Arnold Donigers Leiche noch mal auszugraben, wird er uns sagen, ob wir deinen Mandanten auch des Mordes anklagen müssen.«
Jared beugte sich vor. »Wer ist Arnold Doniger?« Statt einer Antwort bekam Jared nur ein Klicken zu hören. Seine Frau hatte aufgelegt.
»Was hat er gesagt?«, wollte Conrad Moore wissen.
»Ich glaube, er hat sich fast in die Hosen gemacht«, sagte Sara.
»Ehrlich gestanden, hätte ich Ihnen nicht zugetraut, dass Sie einfach auflegen würden.«
»Diesmal geschieht es ihm wirklich recht. Er ruft mich an, tut so, als wäre er die Unschuld in Person, und denkt, er könnte mich um den Finger wickeln, bloß weil er mir auf die gefühlsmäßige Tour kommt. Ich hasse es, wenn er Pop und meine Karriere dazu benutzt, mich rumzukriegen – er weiß, das bringt mich total auf die Palme.«
»Diese beiden Punkte sind nun mal Ihre Achillesferse. Jeder gute Gegner würde sie sich zunutze machen.«
»Bloß will ich keinen Gegner. Ich will einen Ehemann.«
»Wenn Sie ihn so sehr lieben, wie kommt es dann, dass Sie nicht bereit sind einzulenken, Sara?«
Sara sah zu Moore auf. Sie war versucht, ihm von dem Kerl mit den eingefallenen Wangen zu erzählen. Und dass sie nur deshalb so erbitterten Widerstand leistete, weil sie verhindern wollte, dass ihrem Mann etwas zustieß. Doch stattdessen log sie: »Weil er der Mann auf der anderen Seite ist. Ihm das Leben schwer zu machen ist mein Job.«
Moore betrachtete sie aufmerksam. »Und Sie glauben, dass ich Ihnen das abnehme?«
Sara spielte mit ein paar Papierklammern herum, gab aber keine Antwort.
»Na ja, das müssen Sie selbst wissen«, sagte er. »Ich stelle jedenfalls keine weiteren Fragen mehr.«
Zehn Minuten später kam Guff herein und gab Sara ein paar Papiere. »Hier ist die Kopie Ihrer Exhumierungsanweisung. Von Judge Cohen ausgestellt. Sie graben ihn heute Abend aus. Die Obduktion ist gleich für morgen früh angesetzt.«
»Wunderbar.« Sara verstaute die Dokumente in ihrer Aktentasche. »Und nochmals vielen Dank, dass Sie die Unterschrift beschafft haben!«
»Mir dürfen Sie da nicht danken. Conrad ist derjenige, der den Richter kannte.«
»Dann Ihnen vielen Dank«, sagte Sara und nickte Moore zu.
»Für Sie, meine Liebe, tue ich doch alles.«
Um zehn Uhr abends nahm Jared seine Anzugjacke vom Haken an der Tür und trat auf den Flur hinaus. In der Kanzlei waren zwar noch Dutzende junger Anwälte am Arbeiten, aber die Angestellten waren schon fast alle nach Hause gegangen. Daher waren die Flure verlassen. Auf dem Weg zum Aufzug war Jared immer noch dabei, Saras Mitteilung zu verdauen.
Nach dem Telefonat mit ihr hatte er die Lexis-Datenbanken nach Informationen über Arnold Doniger durchforstet. Alles, was er hatte finden können, war eine Anzeige in der New York Times gewesen, in der Doniger seine Verlobung mit Claire Binder bekannt gab,
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