Der Fall
Könnte sich unter Umständen lohnen.«
Jared verschränkte die Arme. »Na schön. Was steht für heute an?«
»Das Übliche«, antwortete Kathleen. »Lubetsky möchte Sie sehen, Rose möchte Sie sprechen, und ein neuer Mandant möchte Sie als Verteidiger haben.«
»Jemand möchte von mir verteidigt werden?«
»Er kam vor etwa zehn Minuten her und wollte ausdrücklich Sie haben. Er wartet im Besprechungszimmer.«
»Augenblick mal – soll das ein Scherz sein, damit ich wieder bessere Laune bekomme?«
»Kein Scherz. Sie wollten doch ein paar neue Mandanten, jetzt haben Sie einen. Er sagte, Sie seien ihm von einem Freund empfohlen worden. Wenn Sie möchten, bringe ich ihn in Ihr Büro.«
»Das wäre nett.« Jareds Puls begann zu rasen. »Nein, das wäre geradezu fantastisch.«
Zwei Minuten später führte Kathleen einen großen, hageren, dunkelhaarigen Mann in Jareds Büro und sagte: »Jared, das ist Mr. Kozlow.«
»Nennen Sie mich ruhig Tony«, sagte der Mann und reichte Jared die Hand.
»Wie der Tiger aus dem Cartoon«, bemerkte Jared im Spaß.
»Genau.« Kozlow lächelte. »Genau wie der Tiger.«
»Und Sie finden es nicht etwas eigenartig, dass Kozlow so einen teuren Anwalt hat?«, fragte Sara, als sie am frühen Nachmittag kurz in Moores Büro vorbei sah.
»Ganz und gar nicht«, erwiderte Moore. »Das kommt immer wieder vor. Genau für solche Fälle haben diese Vögel in irgendeiner Schublade Socken voller Geld gehortet.«
»Und wie finden Sie es, dass sein Anwalt auch noch in meiner alten Kanzlei arbeitet? Ich meine, es gibt in New York Tausende von Kanzleien. Finden Sie nicht, es ist etwas mehr als Zufall, dass sie ausgerechnet auf meine gekommen sind?«
»Sara, jetzt atmen Sie erst mal tief durch und beruhigen sich wieder. Ich weiß, Sie sind in dieser Angelegenheit auch emotional sehr stark engagiert, nur läuft man, wenn das der Fall ist, Gefahr, den Blick für die Realität zu verlieren. Glauben Sie mir, ich weiß sehr genau, was in Ihnen vorgeht: Als ich hier anfing, wollte ich auch, dass jeder meiner Fälle Schlagzeilen macht. Aber manchmal muss man sich damit abfinden, dass es bestenfalls für eine Randnotiz reicht, die kaum in einer Schülerzeitung gedruckt würde.«
»Sie glauben also, ich bilde mir das alles nur ein?«
»Ich sage damit nur, Sie sollten aufhören, sich über Kozlows Brieftasche Gedanken zu machen, und lieber anfangen, über den Fall nachzudenken. Sie müssen am Montag damit vor eine Grand Jury.«
»Nicht zu reden von den vier anderen Fällen, die ich noch zu bearbeiten habe«, fügte Sara hinzu.
»Weil Sie gerade davon reden, wie ist es heute Morgen gelaufen?«
»Bei den Anklageerhebungen? Wie gestern Abend, nur schneller. Der unerlaubte Drogenbesitz und einer der Ladendiebstähle waren Ersttäter. Sie brauchten also keine Kaution zu stellen. Und für den Taschendieb und den anderen Ladendieb habe ich jeweils zweitausend beantragt.«
»Dem entnehme ich, sie waren vorbestraft.«
»Zusammen hatten sie fast fünfzig Festnahmen vorzuweisen. Und der Taschendieb? Ob Sie’s glauben oder nicht, er heißt Marion.«
»Machen Sie sich bloß nicht über den Namen ›Marion‹ lustig. Das war John Waynes richtiger Vorname.«
Mit leicht zur Seite geneigtem Kopf sah Sara Conrad Moore prüfend an. »Entschuldigung, sollte das gerade ein Witz sein?«
»Über John Wayne macht man keine Witze, Ma’am.«
Sara lachte. »Okay, ich will es Ihnen trotzdem noch mal durchgehen lassen. Jedenfalls, laut Vorstrafenregister wurde John Wayne, der Taschendieb, bereits dreiundzwanzigmal festgenommen, und er schwört, er war in allen dreiundzwanzig Fällen unschuldig – was seinen Aussagen zumindest eine gewisse Kontinuität verleiht. Der Ladendieb steht ihm nicht viel nach.«
»Okay, das hört sich an, als könnten sie die ersten zwei laufen lassen. Was die zwei anderen angeht, müssen Sie sehen, was ihre Anwälte sagen. Halten Sie sich aber nicht zu sehr mit ihnen auf. Ihre Zeit ist sicher nutzbringender mit der Vorbereitung von Kozlows Anklageschrift angewendet.«
»Dürfte ich Ihnen dann noch eine letzte Frage stellen? Was hat der Richter mit einem 180.80-Termin gemeint?«
Moore sah sie stirnrunzelnd an. »Hat man Ihnen denn in dieser Kanzlei gar nichts beigebracht?«
»Ich hatte nur Zivilsachen. Klären Sie mich schon endlich auf!«
»Also schön. Mit einem 180.80-Termin ist der Tag gemeint, bis zu dem Sie den Angeklagten belangt haben müssen, wenn er sich in Haft befindet.
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