Der Fall
Aber nachdem Kozlow gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt wurde, brauchen Sie sich nur wegen der Grand Jury Gedanken zu machen, wo –«
»Ich weiß, was in einer Verhandlung vor der Grand Jury passiert.«
»Sind Sie da sicher?«
»Sie geben wohl nie Ruhe, wie?« Sara grinste. »In einem Termin vor der Grand Jury muss ich zwölf normale Bürger davon überzeugen, dass es sich lohnt, gegen Kozlow Anklage wegen des Einbruchs zu erheben. Wenn sie sich für die Anklageerhebung entscheiden, kommt es zu einem Prozess. Wenn sie das nicht –«
»Wenn sie das nicht tun, können Sie den Fall vergessen.«
Auf dem Weg in ihr Büro ließ sich Sara Moores Rat noch einmal durch den Kopf gehen. Vielleicht hatte er recht. Vielleicht hoffte sie zu sehr auf einen Fall, der Schlagzeilen machte. Vielleicht hatte Kozlow tatsächlich etwas auf der hohen Kante. Und vielleicht war sie ein Opfer ihrer blühenden Fantasie. Doch egal, wie sehr sie die Bedeutung der einzelnen Fakten herunterzuspielen versuchte, stieß ihr ein Punkt immer wieder auf: Der Fall Kozlow war ursprünglich für Victor Stockwell vorgemerkt gewesen.
Als sie auf die Tür ihres Büros zu trat, merkte sie, dass Guff nicht an seinem Schreibtisch saß. Außerdem stand ihre Bürotür offen, obwohl sie wusste, dass sie sie beim Weggehen zugemacht hatte. Sie musste an Moores Rat bezüglich der Büros von SBAs denken:
Schließen Sie alles ab – Geheimhaltung ist oberstes Gebot, und man ist nie vor neugierigen Blicken sicher. Durch die Milchglasscheibe in ihrer Tür konnte sie die verschwommenen Umrisse einer Person sehen, die an ihrem Schreibtisch saß. Sie blickte sich rasch um, ob jemand in der Nähe war. Da die Mittagspause näher rückte, war der Flur relativ leer. Zögernd öffnete sie die Tür. Es war Victor Stockwell, der auf sie wartete.
»Kann ich etwas für Sie tun?«, fragte sie aufgebracht.
»Nein«, sagte Stockwell. »Ich wollte nur sehen, wie Sie mit Ihrem Fall vorankommen.«
»Wie sind Sie in mein Büro gekommen?«
»Es war offen. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen.«
»Und ob ich was dagegen habe.«
»Nächstes Mal werde ich mehr Rücksicht nehmen. Aber jetzt erzählen Sie: Wie läuft es?«
»Warum? Gibt es irgendwelche Probleme?«
»Es gibt keine Probleme, Sara.«
»Warum schleichen Sie dann hier rein und versuchen mich einzuschüchtern?« Sie hoffte, ihre Direktheit würde ihn überrumpeln. Tat sie aber nicht.
»Sie haben wirklich eine rege Fantasie. Sie sollten aufpassen, dass sie Ihnen nicht eines Tages zum Verhängnis wird.«
»Wie soll ich das verstehen?«
»Genauso, wie ich es gesagt habe: dass Sie aufpassen sollen. Unter den augenblicklichen Umständen können Sie sich keine Fehler mehr erlauben.«
»Und um mir das zu sagen, sind Sie hierher gekommen?«
»Sara, ich bin nur aus dem einen Grund hier, weil Sie sich einen Fall geschnappt haben, für den ich zuständig war. Es interessiert mich wirklich nicht, wie verzweifelt Sie waren oder wie Sie Conrad dazu gebracht haben, Ihnen zu helfen, aber wenn Sie das noch einmal machen, garantiere ich Ihnen jetzt schon: Dann kriegen Sie es mit mir zu tun.«
Sie wollte es nicht zugeben, aber er hatte natürlich recht. »Es tut mir Leid. Ich –«
»Sparen Sie sich die Tränen. Das macht keinen Eindruck auf mich.« Damit stand Stockwell auf und ging zur Tür. »Aber an Ihrer Stelle würde ich mich vorsehen. Man weiß nie, wann das Beil fällt.«
Als Stockwell ging, kam Guff in Saras Büro, »Was sollte das denn?«, fragte er.
»Ich bin mir nicht ganz sicher.«
»Jedenfalls machte er eben keinen sehr glücklichen Eindruck.«
»Er war begeistert. Ich konnte es daran hören, wie er mir gedroht hat. Und? Noch weitere schlechte Nachrichten, bevor ich essen gehe?«
»Leider ja.« Guff hielt ein zweiseitiges Fax hoch. »Das kam gerade rein. Eine anwaltliche Vollmacht. Anscheinend hat Kozlow sich einen neuen Anwalt genommen.«
»Und?«
»Sehen Sie sich mal den Namen des neuen Anwalts an, und dann sagen Sie mir, ob er Ihnen bekannt vorkommt.«
Sie überflog das Schreiben, doch am Ende der Seite zuckte sie zusammen. Als sie dort die Unterschrift ihres Mannes sah, sank sie in ihren Stuhl zurück. »Das ist ja unglaublich! Darf er das überhaupt?«
»Keine Ahnung«, sagte Guff. »Ich habe es jedenfalls noch nie erlebt.«
»Er muss den Fall abgeben.« Sara griff nach dem Telefon und wählte Jareds Nummer. Als Kathleen sich meldete, fragte Sara, ob sie ihren Mann sprechen könne.
»Sie haben
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