Der Fall
verwaschenen Jeans hing eine kleine Kette.
»Und was machen wir heute? Wieder lauter solchen Paragraphenkram?«
»Ja, noch mehr Paragraphenkram.« Während Kathleen sich bei der Empfangsdame bedankte, folgte Jared Kozlow in sein Büro. »Kommen Sie rein, damit wir gleich anfangen können. Heute befassen wir uns mit Ihrer Aussage.«
»Muss ich denn aussagen? Vor der Grand Jury?«
»Auf jeden Fall.« Jared nahm hinter seinem Schreibtisch Platz. »Wenn wir Ihre Geschichte in eine glaubhaftere Form bringen können, gelingt es uns vielleicht, die Geschworenen zu überzeugen, dass Sie unschuldig sind. Und wenn sie Sie aus irgendeinem Grund mögen sollten, besteht tatsächlich die Aussicht, dass sie nicht gegen Sie stimmen.«
»Jeder mag mich«, erklärte Kozlow, als er vor Jareds Schreibtisch Platz nahm. »Und was soll ich jetzt machen?«
»Zuerst möchte ich, dass Sie sich einen guten Anzug zulegen.«
»Ich habe einen guten Anzug.«
»Sicher, aber ich möchte, dass Sie sich einen richtigen Anzug kaufen. Einen wie meinen.«
Kozlow nahm Jareds dunkelblauen Nadelstreifenanzug in Augenschein. »Warum soll ich mich wie Sie anziehen?«
»Das hat seine Gründe.« Jared drückte auf die Sprechtaste seines Telefons. »Kathleen, könnten Sie kurz reinkommen?« Und als Kathleen den Raum betrat, fuhr Jared fort: »Ich möchte Sie bitten, gegen zehn Uhr mit Mr. Kozlow einkaufen zu gehen. Er braucht einen seriösen Anzug, eine schöne, zurückhaltende Krawatte, Schnürschuhe und eine Brille mit Metallgestell. Er muss glaubwürdig wirken.«
»Ich bin beeindruckt – so schnieke war ich seit dem Militär nicht mehr«, sagte Kozlow.
»Sie waren beim Militär?«
»Ein bisschen. In der Army. Aber sagen Sie mal, wer zahlt das eigentlich alles?«
»Es wird auf Mr. Raffertys Rechnung gesetzt«, sagte Jared. »Nichts, was wir hier tun, ist umsonst. Aber wenn Sie die Leute überzeugen wollen, dass Sie unschuldig sind, müssen Sie zuallererst auch entsprechend aussehen.«
Als Kathleen gegangen war, zog Jared einen Block aus seinem Aktenkoffer. Er versuchte nach Kräften, sich so zu verhalten, als wäre es x-beliebiger anderer Fall, aber er spürte, wie er zunehmend ungeduldiger wurde. »Gehen wir das Ganze mal durch. Schildern Sie mir den Hergang in Ihren eigenen Worten.«
»Also, ich gehe, nichts Böses ahnend, die Straße runter, als mich plötzlich dieser Cop festhält und sagt, ich bin verhaftet.« Kozlow begleitete seine Ausführungen mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Dann schleppt er mich zum Haus dieser Frau und sagt zu ihr: ›Dieser Kerl ist doch gerade in Ihr Haus eingebrochen, oder nicht?‹«
»Hat er die Frage so gestellt?«, fragte Jared und machte sich dabei Notizen. »War sie tatsächlich so suggestiv?«
»Was heißt das?«
»Hat er ihr die Antwort mehr oder weniger in den Mund gelegt?«
»Aber klar. Sie konnte praktisch gar nichts anderes sagen als ja.«
Das dürfte funktionieren, dachte Jared. »So, und woher hatten Sie die Ebel-Uhr?«
»Die habe ich auf der Straße gefunden.«
»Und den silbernen Golfball?«
»Den habe ich im Müll gefunden. Ich dachte schon, das wäre mein Glückstag.«
Jared sah Kozlow wütend an. »Sie werden sich auf jeden Fall eine bessere Erklärung einfallen lassen müssen. So blöd sind die Geschworenen nicht.«
»Wie wär’s damit: Er hat mir beides heimlich in die Taschen gesteckt.«
»Wenn der Cop eine dubiose Vergangenheit hat, könnten Sie damit unter Umständen durchkommen. Aber was ist mit den vierhundertsiebzehn Dollar?«
»Das war mein Geld. Es steckte sogar in meiner Geldklammer, als es mir der Cop aus der Tasche zog. Fragen Sie ihn – er wird es Ihnen bestätigen.«
»Schön, ich werde ihn fragen«, erwiderte Jared unwirsch. »Nun zu folgendem Punkt: Wenn Sie in Brooklyn wohnen – was hatten Sie dann um drei Uhr früh in der Upper East Side zu suchen?«
Kozlow stutzte. »Gute Frage. Darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht.«
Jared warf seinen Block auf den Schreibtisch. »Also, dann machen Sie sich jetzt darüber Gedanken! Wir brauchen eine gute Antwort. Andernfalls zerreißen die uns in der Luft.«
»Warum? Rafferty hat gesagt, vor der Grand Jury gibt es kein Kreuzverhör. Wenn das wirklich so ist, brauchen Sie mir doch nur lauter Pipifaxfragen zu stellen.«
»Es gibt deshalb kein Kreuzverhör, weil vor der Grand Jury nur ein Anwalt das Wort ergreifen darf. Und das ist der stellvertretende Bezirksstaatsanwalt. Meine Frau kann Sie fragen,
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