Der Fall
damals mit seinen schnieken Yale-Manschettenknöpfen, und er hat es heute leicht. Ich mag ihn wie einen Sohn, aber er hat keine Ahnung, was es heißt, kämpfen zu müssen. Er weiß die Dinge nicht richtig zu schätzen.« An Guff gewandt, fügte Pop hinzu: »Als wir uns zum ersten Mal begegnet sind, kamen wir hierher, in meinen Lieblingsdeli. Er will natürlich prompt die Rechnung zahlen. Dann isst er sein Sandwich nur zur Hälfte, und ich sage ihm, er soll es sich einpacken lassen, damit er es mit nach Hause nehmen kann. Worauf er sagt: ›Nehmen Sie’s doch mit! Wenn ich es mitnehme, wandert es doch nur in den Abfall.‹ Das schlägt doch dem Fass den Boden aus.«
»Es wundert mich, dass Sie Sara überhaupt erlaubt haben, ihn zu heiraten«, sagte Guff.
»Schütten Sie nicht noch Wasser auf seine Mühlen, Guff«, flehte Sara. »Und Pop, bitte, lassen wir dieses Thema.«
»Na gut, dann lassen wir es eben. Aber glaub mir, die Geschworenen kaufen ihm nicht ab, was er ihnen andrehen will. Von dir werden sie wesentlich mehr beeindruckt sein – du bist ein Mensch, der mitten im Leben steht. Eine tüchtige, bodenständige amerikanische Frau, der nichts geschenkt wurde.«
»Wirklich toll, Pop. Aber könntest du das vielleicht auch meinem Boss erzählen?«
Um halb elf kam Sara endlich nach Hause. Sie hängte ihren Mantel in den Schrank und ging in die Küche. Ohne nach etwas Bestimmtem zu suchen, öffnete sie den Kühlschrank und sah hinein. Plötzlich hörte sie hinter sich Schritte. Gleichzeitig spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter. Sie packte eine Weinflasche am Hals und wirbelte herum, ließ die Flasche aber sofort wieder sinken. Es war Jared.
»Was soll dieser Blödsinn?«, stieß sie hervor. »Hast du mich vielleicht erschreckt!«
»Entschuldige, das wollte ich nicht«, sagte Jared und umarmte seine Frau.
»Was? Auf einmal bist du wieder nett zu mir?«
»Du hast mir gefehlt. Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.«
»Warum warst du dann am Telefon so eklig?«
»Ich stand gerade enorm unter Druck. Du weißt doch, wie ich werden kann, wenn ich arbeite.« Er hielt seine Frau immer noch in den Armen, als er hinzufügte: »Weißt du eigentlich, wie sehr ich dich liebe?«
»Natürlich.«
»Nein, wirklich!« Jared sah Sara tief in die Augen. »Weißt du, wie viel mir an dir liegt? Und welche Sorgen ich mir um dich mache? Weißt du, dass ich alles für dich täte?«
»Sicher«, antwortete Sara und fragte sich gleichzeitig, was diesen Gefühlsausbruch ausgelöst hatte. »Jared, ist in der Kanzlei auch wirklich alles in Ordnung?«
»Sicher. Alles bestens.«
»Gut. Genau das wollte ich hören.« Sie gab ihm einen Kuss. »Ich möchte nicht, dass uns dieser Fall entzweit.«
»Das wird er auf keinen Fall.« Jared drückte seine Frau fest an sich. Dabei fiel sein Blick auf die sechs Porträts, die Sara von ihm gemacht hatte. Das zerbrochene Glas war längst weggefegt, aber die Zeichnungen waren jetzt ungeschützt. Jared blickte auf seine verletzlichen Konterfeis und drückte Sara noch fester an sich. »Es wird nichts passieren«, flüsterte er. »Das verspreche ich dir.«
»Können Sie mich mit Barrow verbinden?«, fragte Jared Kathleen, als er am nächsten Morgen sein Büro betrat. »Es ist wichtig.«
»Er hat Ihnen wirklich Angst gemacht, nicht?«, sagte Kathleen.
»Wer?«
»Kozlow. Das ist doch, was Sie von Barrow wollen? Sie möchten, dass er Kozlow unter die Lupe nimmt?«
Wie immer traf Kathleen den Nagel auf den Kopf. Aber das hieß nicht, dass er ihr alles andere erzählen würde. Das hätte sie nur in Gefahr gebracht. »Warum sollte ich über meinen eigenen Mandanten Nachforschungen anstellen?«, fragte er.
»Ich bitte Sie, Jared, für wie blöd halten Sie mich eigentlich? Die Ringe unter Ihren Augen sind nicht zu übersehen – Sie haben seit Tagen nicht mehr richtig geschlafen. Seit dem Tag, an dem Sie ihn kennengelernt haben, sind Sie wie ausgewechselt. Und Sie kommen inzwischen fast vor mir ins Büro. Außerdem muss man kein Genie sein, um zu merken, dass es mit diesem Kerl nur Ärger geben kann.«
Jared sah sich im Büro um. Niemand würde etwas hören. »Wie kommen Sie darauf?«
»Haben Sie seine alte Akte noch nicht gelesen?«
»Ich weiß, er ist zweimal verhaftet worden, aber ich bin noch nicht dazu gekommen, mir den Rest anzusehen. Ich war mit anderen Dingen beschäftigt.«
»Oder Sie haben es bewusst aufgeschoben, weil Ihnen das, was Sie dort finden werden, Angst macht.«
Sein
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