Der Fall
stolz. »Wir haben die Restaurants und das Café gemietet. Sie können sich überall kostenlos bedienen.«
Sara verdrehte angesichts dieser übertriebenen Präsentation die Augen. Als sie auf dem Weg zur Garderobe ihre Jacke abnahm, kam darunter ein spektakuläres schwarzes Kleid zum Vorschein. Mit Tausenden schwarzer Perlen besetzt, passte es sich den Konturen ihres Körpers an. Auf der Tanzfläche im Innern des riesigen Zelts drängten sich zahllose junge Paare, die alle im Takt des hämmernden Beats wippten. Sie sahen so jung aus, fand sie. Wahrscheinlich frisch von der Universität. Sie musste daran denken, wie Jared sie auf seinen ersten Ball mitgenommen hatte. Damals hatte er noch im Carlyle stattgefunden. Jared hatte gerade in der Kanzlei angefangen, und er und Sara waren erst einen Monat verheiratet gewesen. Überwältigt von der Extravaganz der Veranstaltung, hatten sie die ganze erste Stunde damit zugebracht, der Reihe nach alle fünfzehn Hors d’æuvres durchzuprobieren, vom Sushi über die gegrillten Tomaten bis hin zu den Lammkoteletts. Und dann, nach ein paar Minuten Smalltalk mit Lubetsky und einigen anderen Teilhabern, hatten sie sich auf die Tanzfläche zurückgezogen. Seitdem hatten Jared und Sara, sei es bei Jareds Wayne & Portnoy-Ball oder bei Saras von Winick & Trudeau ausgerichteter Feier, von Jahr zu Jahr weniger getanzt und mehr geplaudert. Das war so viel einfacher, dachte Sara, als sie sich vom Zelt abwandte.
Beim Betreten der überdachten Ladenzeile, die die Eisbahn umgab, stellte Sara fest, dass das einzige, was sich gegenüber dem Carlyle geändert hatte, im Grunde der Standort war. Die Restaurants waren durch den üblichen Wayne & Portnoy-Partyservice ersetzt worden. Über alle Räume waren Hors d’ceuvre-Büfetts verteilt, an sechs verschiedenen Bars wurden Getränke ausgeschenkt, und die ewig gleichen Anwälte führten in den ewig gleichen Smokings die ewig gleichen Gespräche.
»Sara! Hier bin ich!«, rief jemand durch den Raum. Sie erkannte Jareds Stimme und reckte den Hals, um ihn zu finden. Als er ihr zuwinkte, sah sie ihn bei einem älteren Herrn mit ergrauenden Schläfen stehen. »Fred, darf ich Ihnen meine Frau vorstellen«, sagte Jared, als Sara auf sie zukam. »Sara, das ist Fred Joseph – wahrscheinlich der beste Strafverteidiger der ganzen Kanzlei.«
Sara setzte ihr bestes Partylächeln auf und schüttelte Fred Joseph die Hand. »Schön, Sie endlich mal kennenzulernen«, sagte sie.
»Das will ich auch hoffen«, erwiderte Joseph. Nur Jared lachte über den Witz. Unbeirrt fuhr Joseph fort: »Jared hat mir eben erzählt, Sie vertreten zurzeit in einem Prozess gegnerische Seiten. Muss ziemlich schwer sein, da noch miteinander zu sprechen.«
»Ja.« Sara konnte sich nicht einmal ein Lächeln abringen. »Würden Sie uns bitte einen Moment entschuldigen, Fred? Ich habe Jared den ganzen Tag nicht gesehen und –«
»Keine Erklärung erforderlich«, sagte Joseph. »Jared, wir unterhalten uns später weiter.«
»Das wäre nett«, sagte Jared mit einem breiten Lächeln. Doch sobald Joseph außer Sichtweite war, verflog sein Lächeln. »Was sollte das eben?«, fuhr er Sara an. »Er ist einer der Teilhaber.«
»Meinetwegen könnte er auch deine Mutter sein«, konterte Sara. »Mir ist einfach im Moment nicht danach.«
Ein paar Leute begannen sich nach ihnen umzudrehen. Um zu verhindern, dass Sara ihm eine Szene machte, nahm Jared sie bei der Hand und führte sie in eine Ecke des Restaurants. Da er sich jedoch auch dort noch zu stark beobachtet fühlte, steuerte er auf die Schwingtüren zur Küche zu. Dahinter flitzten Kellner mit silbernen Tabletts durch die Gegend. Aber Jared ging es vor allem darum, dass keine Anwälte in der Nähe waren.
Bevor er jedoch ein Wort sagen konnte, kam ein Kellner auf sie zu. »Bedaure, Sir, aber Sie können hier nicht bleiben! Wir haben heiße Teller –«
»Das ist ein Notfall«, sagte Jared. »Nur eine Minute?«
»Aber, Sir …«
Jared zog Sara ins hintere Ende der Küche, wo er sich neben einen ständig anwachsenden Stapel schmutzigen Geschirrs zwängte. »Hier sind wir nicht im Weg. Also lassen Sie uns hier kurz reden.« Der Kellner entfernte sich verärgert, und Jared wandte sich wieder seiner Frau zu. »Bring mich nie wieder so in Verlegenheit! Oder willst du mich unbedingt vor allen Leuten blamieren?«
»Du wusstest, dass ich heute Abend nicht kommen wollte.«
»Aber du hast zugesagt.«
»Egal, was ich gesagt habe – ich habe
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