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Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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verletzt.«
    Entsetzt schaute der Abt ihn an.
    »Das Grab ist doch aber seit tausendfünfhundert Jahren nicht mehr geöffnet worden. Wie soll da jemand hineingeraten sein?«
    »Genau das hat ihm Garbh auch gesagt.«
    »Wer ist Garbh?«, fragte Fidelma.
    »Der Friedhofswärter. Irél hat ihn rufen lassen und von ihm verlangt, er solle die Gruft öffnen.«
    »Und hat Garbh das getan?«, forschte der Abt gereizt.
    »Nein. Er hat sich geweigert, er ist nur bereit, es auf höheres Geheiß zu tun. Deshalb hat mich mein Hauptmann hergeschickt,
     er braucht deine Erlaubnis.«
    »Da hat er recht. Das ist eine schwerwiegende Angelegenheit«, murmelte Colmán. »Gräber zu öffnen, das ist eine Entscheidung,
     die kein Soldat, auch nicht der Befehlshaber der königlichen Leibgarde, fällen kann.« Er erhob sich und schaute Fidelma an.
     »Wenn du mich bitte entschuldigst, Schwester …«
    Doch auch Fidelma stand auf.
    »Ich denke, ich sollte dich begleiten«, sagte sie ruhig. »Wenn aus einer versiegelten Gruft eine Stimme ertönt, dann muss
     auch jemand dort hineingekommen sein … oder aber, Gott behüte, es ist tatsächlich ein Geist, der nach uns ruft.«
     
    |413| Als sie an der Grabstätte ankamen, fanden sie dort den ernst dreinblickenden Befehlshaber der königlichen Leibgarde zusammen
     mit einem weiteren Krieger vor. Noch ein dritter Mann stand bei ihnen, stämmig, muskulös, in Lederjacke und Hosen, wie Arbeiter
     sie trugen. Er sah nicht nur kampfeslustig aus, sondern hatte sich offensichtlich auch mit dem Hauptmann angelegt. Als er
     sie bemerkte, war er sichtlich erleichtert und begrüßte zuerst den Abt.
    »Ich bin froh, ehrwürdiger Abt Colmán, dass du gekommen bist. Der Mann hier verlangt von mir, das Grab aufzubrechen. Das zu
     tun ist Frevel, und ich habe mich geweigert, es sei denn, ein Kirchenmann mit Rang und Namen gebietet es mir.«
    Irél trat einen Schritt vor, grüßte in aller Form und fragte ohne Umschweife: »Hat dir Tressach berichtet, was vorgefallen
     ist?«
    Spöttisch schaute ihn der Abt an, als nähme er die Sache nicht sehr ernst, und fragte mit sarkastischem Unterton: »Könnten
     wir die Stimme bitte mal hören?« Dabei hielt er die Hand ans Ohr wie zum Lauschen.
    »Seit ich Garbh habe holen lassen, haben wir nichts mehr gehört«, erklärte Irél und bemühte sich, seinen Ärger hinunterzuschlucken.
     »Ich habe die ganze Zeit Garbh dazu bewegen wollen, das Grab zu öffnen. Jede Minute zählt, vielleicht liegt dort jemand im
     Sterben.«
    Garbh gab einen Lacher von sich.
    »Man braucht sich doch nur die Türen anzugucken. Fünfzehnhundert Jahre sind die schon verschlossen. Wenn da einer gestorben
     ist, dann vor über einem Jahrtausend.«
    »Als Friedhofswärter hat Garbh völlig richtig gehandelt, wenn er sich deiner Aufforderung verweigerte«, bestätigte Colmán.
     »Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich dir eine solche Erlaubnis erteilen darf.«
    |414| Das war der Moment, in dem sich Fidelma zu Wort meldete.
    »Wenn das so ist, dann fälle ich die Entscheidung. Meiner Meinung nach sollten wir die Gruft unverzüglich öffnen.«
    Mit einer heftigen Bewegung drehte sich Colmán zu ihr um und fragte besorgt: »Meinst du das ernst?«
    »Wenn ein erfahrener Befehlshaber der Garde und ein Krieger die Sache ernst nehmen, sollte das Grund genug sein, ihnen zu
     glauben, dass sie etwas gehört haben. Sehen wir doch einfach nach, ob dem so ist.«
    Überrascht blickte Irél die junge Nonne an, während Garbh nur höhnisch grinste. Colmán fügte sich seufzend und bedeutete Garbh,
     mit der Graböffnung zu beginnen.
    »Schwester Fidelma ist eine
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, Anwältin bei Gericht, und das im Range eines
anruth
«, erklärte er den Umstehenden und rechtfertigte damit seine Entscheidung. »Sie hat Verfügungsgewalt.«
    Fast unmerklich zuckte es um Garbhs Augen. Es war die einzige Regung, die er zeigte, als er vernahm, dass die junge Nonne
     den zweithöchsten Grad erlangt hatte, den es im Rechtswesen des Landes überhaupt gab. Irél war sichtlich erleichtert, weil
     endlich eine Entscheidung getroffen worden war.
    Grabh brauchte einige Zeit, bis er die alten Verriegelungen aufgeschlagen hatte und die Tür aufschieben konnte.
    Sie drängten nach vorn, und einem wie dem anderen entfuhren Entsetzenslaute.
    Unmittelbar an der Tür lag die Leiche eines Mannes.
    Dass es kein Leichnam aus früheren Zeiten war, sahen sie sofort. Der Tod war erst vor kurzem eingetreten. In seinem Rücken
     steckte ein Stab

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