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Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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liegende Schädel starrte mit seinen Augenhöhlen gespenstisch auf den toten Fiacc. Sein
     boshaftes Grinsen hatte eine gewisse Schadenfreude. Fidelma ging mit sich ins Gericht, derart unfreundliche Bilder hätten
     sich ihr nicht aufdrängen dürfen.
    |420| An einer Seite der Grabstätte befanden sich die spärlichen Reste eines Streitwagens. Man hatte dem König sein über alles geliebtes
     Gefährt beigegeben, damit es ihm die Reise in die Anderswelt erleichterte. Daneben lagen und standen Krüge und Töpfe, die
     ursprünglich des Königs Lieblingsspeisen und Getränke enthalten hatten, sowie große Gefäße aus Bronze und Kupfer, Zeugen uralten
     Kunsthandwerks.
    Fidelma tastete sich weiter vor und stieß mit dem Fuß an etwas. Sie bückte sich und hob ein kleines, wenngleich schweres Metallstück
     auf. Im Schein von Iréls Laterne unterzog sie es einer gewissenhaften Prüfung und stellte fest, dass sie Silber in der Hand
     hielt. Sorgfältig legte sie es auf die Erde zurück und entdeckte dabei etliche herumliegende Broschen, Halbedelsteine in Gold
     gefasst. Auch das war erklärlich, denn es war Sitte gewesen, einem großen Stammesfürsten einen Teil seiner Kostbarkeiten mit
     ins Grab zu geben, damit er auf seiner Reise in die Anderswelt nicht mittellos dastand. Nachdenklich überprüfte sie die verbleibenden
     Flächen der Grabstätte.
    Das Laternenlicht zeigte ihr eine kleine Blutspur, die an dem Eisenkasten mit dem Skelett anfing und bis zu Fiaccs Leichnam
     an den Eingangstoren führte. Auf dem Fußboden waren Kratzspuren zu erkennen.
    Irél, der neben ihr stand, sprach aus, was sie dachte.
    »Man hat ihn offensichtlich erstochen, als er an dem Eisengestell stand, und dann hat er es noch geschafft, sich bis zu den
     Türen zu schleppen.«
    »Das sehe ich auch so«, sagte sie nur.
    Draußen am Eingang wartete Garbh, der Friedhofswärter, zusammen mit Tressach und dem anderen Krieger. Alle drei verfolgten
     gespannt ihr Tun.
    »Da wir von dem Offensichtlichen sprechen, wundert es dich nicht auch, dass auf der Erde hier kaum Staub und Schmutz |421| sind?«, fragte sie Irél. »Fast könnte man glauben, jemand hätte hier gerade gefegt.«
    Verblüfft starrte er sie an. Scherzte sie oder war es ihr ernst? Doch sie war schon weitergegangen, den Blick aufmerksam auf
     den Boden gerichtet und auf eine der Steinplatten. Sie zeigte auf Schleifspuren.
    »Komm mal mit deiner Laterne etwas näher. Wie deutest du das hier?«
    Er zuckte mit den Achseln. »Könnte von den Seilen herrühren, mit denen die Steine eingelassen wurden.«
    »Das ist gut möglich. Ist dir sonst noch etwas Merkwürdiges an der Grabstätte aufgefallen?«
    Flüchtig schaute sich Irél noch einmal um und schüttelte dann den Kopf.
    »Tigernmas, der später im Ruf eines Bösewichts stand, gilt aber auch als der König, der als Erster dafür gesorgt hat, dass
     Gold und Silber geschürft und geschmolzen wurde und dass in unserem Land große Kunstwerke geschaffen wurden«, sagte sie.
    »Ich habe davon gehört, ja«, erwiderte Irél.
    »Und es war guter Brauch bei uns, Grabbeigaben beizufügen, unter anderem auch Symbole von Reichtum und Macht.«
    »Das ist nichts Neues«, meinte Irél und ärgerte sich ein wenig, dass Fidelma nicht auf dringlichere Dinge zu sprechen kam.
    »Ich habe nur ein paar goldene Broschen und einen Silberbarren gesehen, und die liegen hier so, als ob man sie in aller Eile
     hingeworfen hätte. Wo sind die Reichtümer und Wertsachen, die man in einem Grab wie diesem erwartet? Was das angeht, ist es
     gähnend leer.«
    Irél sah beim besten Willen keinen Zusammenhang zwischen Fidelmas Feststellung und dem Mord an Fiacc, und für die Sitten und
     Bräuche der Vorfahren hatte er herzlich wenig übrig.
    |422| »Ist das so wichtig?«
    »Vielleicht doch.«
    Fidelma ging noch einmal zu dem Leichnam und warf einen letzten prüfenden Blick auf ihn. Draußen entstand Bewegung, Colmán
     war zurück.
    »Es steht fest, dass Fiacc morgen am Konvent teilnehmen sollte«, berichtete er. »Nach Auskunft des Vorsitzenden sind Fiacc
     und seine Frau schon vor ein paar Tagen in Tara eingetroffen. Aber da gab es noch ein Problem, der Vorsitzende sagt nämlich,
     Fiacc war zum Obersten Richter zu einer Anhörung geladen, um sich wegen Anschuldigungen zu erklären. Sollten sich die Anschuldigungen
     als berechtigt erweisen, würde er nicht länger das Amt eines Richters ausüben dürfen.«
    »Eine außergewöhnliche Anhörung?« Fidelma war bislang

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