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Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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Vernehmung geladen. Er sollte Rede und Antwort stehen, weil er sich wegen der Abzahlung
     verschuldet hatte, und sollte erklären, wie er seine Arbeit als Richter sah.«
    »Heißt das, er hatte sich Geld geliehen, um zahlungsfähig zu sein?«
    »Eben deshalb wollte ich mich von ihm scheiden lassen.«
    Einen Richter, der so in Not geraten war, dass er zu Geldverleihern ging, würde man mit Fug und Recht seines Amtes verweisen
     müssen, es sei denn, er konnte triftige Gründe für sein Verhalten vorbringen. Schwerlich nachzuvollziehen, wie sich Fiacc
     da hatte herausretten wollen. In Fidelma arbeitete es.
    »Ich kann mir vorstellen, wie sehr deinen Mann die Lage, in die er sich gebracht hatte, bedrückte.«
    »Bedrückte? Dass ich nicht lache! Bedrückt war er weiß Gott nicht. Zumindest zuletzt nicht.«
    »Nicht bedrückt?« Fidelma ließ nicht locker.
    »Er wollte mich von der Scheidung abhalten, behauptete, es wäre nur ein zeitweiliges Problem, bettelarm wäre er nicht. Er
     gaukelte mir vor, er hätte Geld in Aussicht, und dann wäre er reich genug, um auch ohne Arbeit leben zu können, falls man
     ihn nicht mehr als Richter haben wolle.«
    »Hat er gesagt, woher das Geld kommen würde? Wie dachte er denn, die Schulden abzuzahlen, woher das Geld zu nehmen, um den
     Rest seines Lebens gut und bequem verbringen zu können?«
    »Er hat nichts weiter dazu gesagt. Es war mir auch egal. Entweder er hat gelogen oder er war einfach närrisch. Wie er mit
     der Geschichte klarkam, war seine Sache. Er wusste, ich würde |426| ihn verlassen, wenn er mich belog, er sein Richteramt hergeben musste und ohne jeden Pfennig dastand. So einfach war das.
     Ich war nicht gewillt, unter solchen Bedingungen bei ihm zu bleiben.«
    Fidelma war darauf bedacht, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr ihr die kalte, berechnende Art der jungen Frau missfiel.
    »Es machte dich kein bisschen neugierig, wie dein Mann plötzlich zu Geld kommen wollte?«
    »Für mich stand fest, dass das sowieso nicht klappen würde. Er war ein Lügner.«
    »Ab wann zeigte er sich so zuversichtlich, bald genug Geld zu haben, um seine Schulden zu bezahlen?«
    Die junge Frau überlegte.
    »Das mit der Prahlerei, er würde die Sache in den Griff kriegen, ging vor ein, zwei Tagen los. Doch, erst gestern Morgen war’s.«
    »Du meinst, bis gestern Morgen war er sich da nicht so sicher?«
    »Ich würde sagen, ja.«
    »Wann seid ihr beide hier in Tara angekommen?«
    »Vor vier Tagen.«
    »Und die ganze Zeit war Fiacc mit sich und seinen Gedanken beschäftigt? Erst gestern Morgen schlug plötzlich seine Stimmung
     um?«
    »Jedenfalls kam es mir so vor.«
    »Hat er sich hier mit anderen getroffen?«
    Étromma zuckte mit den Achseln. »Er war bei vielen bekannt. Aber mit wem er Umgang hatte, kann ich nicht sagen.«
    »Mir geht es einfach darum, ob es irgendeinen Menschen hier in Tara gab, mit dem er die Zeit verbrachte. Jemand, den man als
     einen engen Freund oder Vertrauten bezeichnen könnte.«
    |427| »Nicht, dass ich wüsste. Er war ein Einzelgänger. Ich glaube nicht, dass er sich mit irgendjemand hier getroffen hat. Er ist
     mehr für sich geblieben. Ich weiß nur, dass es ihn immer wieder zu den Grabmalen der Hochkönige zog und er dort spazieren
     ging. Ich dachte schon, er würde altersschwach und rührselig. Aber, wie gesagt, als er gestern zurückkam, grinste er wie ein
     Kater, der einen Napf Sahne geschleckt hat, und beteuerte, alles würde gut werden. Mir war klar, dass er log, umstimmen konnte
     er mich nicht.«
    Unversehens stand Fidelma auf.
    »Mein Mitgefühl brauche ich dir nicht auszusprechen, Étromma«, erklärte sie mit Nachdruck. »Du erwartest es ohnehin nicht.
     Es geht dir vorrangig ums Geld. Als Fiacc starb, war er noch dein Ehemann. Er wurde ermordet. Ich glaube, ich weiß, wer der
     Mörder ist, und sollte er der Tat überführt werden, dann steht dir wahrscheinlich eine Entschädigung in Höhe von drei
séds
in Silber zu. Ein Vermögen ist das nicht, aber es dürfte reichen, um dich nicht in Armut fallen zu lassen, und zweifelsohne
     wirst du bald jemand finden, der dich ernährt und unterhält.«
     
    Bekümmert trottete Abt Colmán hinter Fidelma durch die Gänge des Palastes zu seinem Gemach. »Du bist sehr hart mit ihr umgegangen,
     Schwester. Sie ist eben erst Witwe geworden und achtzehn Jahre jung.«
    Sie nahm seine Bemerkung ungerührt hin.
    »Ich habe mich absichtlich so verhalten. Sie hat nichts für Fiacc empfunden, hat ihn nur

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